Sie sprechen von "falschem Spiel" - Russen-Kapitän rammt Tanker mit Frachtschiff - USA heizen Sabotage-Verdacht an
Am Montag raste ein Frachter in einen Tanker, der Flugzeugtreibstoff für das US-Militär geladen hatte. Beide Schiffe gerieten in Brand. Es gibt Befürchtungen, dass es zu einer massiven Umweltkatastrophe kommen könnte. Am Dienstag äußerten US-Offizielle, dass Sabotage nicht ausgeschlossen werden könne. Am Mittwoch wurde bekannt, dass der Kapitän des Crash-Frachters Russe ist. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen zu der Schiffskatastrophe.
Wo passierte der Crash?
Die Schiffe kollidierten in der Nordsee ungefähr 20 Kilometer vor der englischen Küste in der Nähe der Hafenstadt Grimsby. Die "Stena Immaculaate" lag dort seit Sonntagabend vor Anker. Die "Solong" kam aus nördlicher Richtung und auf dem Weg Richtung Süden. Das Schiff war in Grangemouth in Schottland gestartet. Ziel waren die Niederlande.
Wie kam es zu dem Crash?
Der unter portugiesischer Flagge fahrende Frachter „Solong“ hatte am Montag gegen 10 Uhr den unter US-Flagge fahrenden Tanker "Stena Immaculate" gerammt, als der vor Anker lag. Der Tanker hatte Flugzeugbenzin für das US-Militär geladen.
Die Gründe für das Unglück waren auch drei Tage danach noch unklar. Der unter US-Flagge fahrende Tanker war nach Angaben der Reederei von der unter portugiesischer Flagge fahrenden "Solong" gerammt worden, als er vor Anker lag.
Laut einem Matrosen sei das riesige Schiff plötzlich und unerwartet wie aus dem Nichts gekommen und sei in den Tanker gerast, wie die "BBC" berichtet. Es habe sofort gebrannt. Es entstand ein riesiger Feuerball. Laut Angaben der Seemänner sei die Solong mit 16 Knoten (rund 30 Stundenkilometern) in das Schiff gefahren. Rettungskräfte berichteten von dem Einsatz, dass der Nebel an dem Tag sehr dicht gewesen sei.
Was ist über den Crash-Frachter bekannt?
Die "Solong" war bei Kontrollen von Hafenbehörden zuvor bereits aufgefallen. Bei einer Hafeninspektion im Juli 2024 in Dublin wurde festgestellt, dass die „Notsteuerstandskommunikation/Kompassanzeige“ des Schiffes unlesbar war.
Die Inspektoren fanden insgesamt 10 Mängel, darunter „unzureichende“ Alarme, „nicht ordnungsgemäß gewartete“ Überlebensfahrzeuge und „nicht den Anforderungen entsprechende“ Brandschutztüren.
Bei einer späteren Inspektion in Schottland im Oktober wurden zwei weitere Mängel festgestellt, doch wurde das Schiff nach beiden Inspektionen nicht festgehalten.
Was ist über Kapitäne und Crews der Schiffe bekannt?
Gesteuert wurde das Schiff von einem 59-jährigen Mann, wie die deutsche Reederei Ernst Russ der "BBC" bestätigte. Der Kapitän der "Solong" wurde wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung festgenommen. Er kooperiere mit den Ermittlungsbehörden. Der Mann ist russischer Staatsbürger. Die Crew des Schiffes besteht ebenfalls zum Teil aus Russen, zum anderen Teil aus Filipinos.
Die 23 Crewmitglieder des Tankers seien alle US-Amerikaner und würden sobald möglich nach Hause geflogen. Die Crew habe noch versucht, das Feuer zu löschen, habe das Vorhaben aber aufgeben müssen. Bei der Evakuierung hätten die Flammen laut Berichten einigen Seeleuten schon die Haare angesengt.
Was hatten die Schiffe geladen?
Der Tanker "Stena Immaculate" hatte Flugbenzin geladen, das für das US-Militär bestimmt war. Das Schiff hatte mehrere Tankcontainer damit geladen, von denen mindestens einer gebrannt haben soll. Zunächst hieß es, dass der Tanker Natriumcyanid geladen hätte, doch das wurde von der Reederei dementiert.
Könnte der Crash Sabotage gewesen sein?
Die Ermittlungen der zuständigen Behörden beschäftigen sich mit der Frage, wie zwei Schiffe mit modernstem Radar und Kommunikationstechnologie mitten in ruhigem Wasser kollidieren konnten.
US-Regierungsmitarbeiter hatten Spekulationen angeheizt, dass es Sabotage gegen den Tanker mit Sprit für die US-Armee gewesen sein könnte. Die Amerikaner sprachen laut US-Medienberichten von einem "falschem Spiel". Auch war im Februar ein russischer Tanker in der Ostsee in Not geraten. Auch damals gab es Spekulationen um russische Sabotage.
Britische Behörden spielten diese Theorie jedoch am Dienstag herunter, da es dafür keine Hinweise gebe. Der britische Transportminister Mike Kane sagte, dass „etwas furchtbar schief gelaufen“ sei. Doch: „Ob es ein falsches Spiel war, ist meiner Meinung nach reine Spekulation. Dafür gibt es derzeit keine Anhaltspunkte“.
Kreml-Propagandisten haben jedoch schon Theorien gestreut, dass die Briten das Unglück selbst verursacht hätten. Das gezielte Streuen von Falschinformationen passierte auch bei hybriden Angriffen, wie dem Giftanschlag auf den früheren russischen Agenten Sergej Skripal in Großbritannien.
Brennen die Schiffe noch?
Am späten Mittwochnachmittag war das Feuer an Bord des Crash-Frachters "Solong" zwar weitestgehend erloschen, dennoch stieg immer wieder Rauch auf.
Das Feuer auf der "Stena Immaculate" sei bereits erloschen, so die Reederei Stena Bulk zur "BBC". Das Schiff liege weiter vor Anker und drohe wohl nicht, zu sinken. Auch die "Solong" werde wohl nicht sinken.
Gibt es Tote bei dem Schiffsunglück?
Insgesamt 36 Besatzungsmitglieder beider Schiffe waren sicher an Land gebracht worden, ein Mensch wurde medizinisch behandelt. Ein Seemann des Frachters "Solong" wurde vermisst, die Suche wurde am Montagabend eingestellt. Die Behörden gehen davon aus, dass er bei dem Unglück ums Leben kam.
Können die Schiffe sinken?
Das Verkehrsministerium teilte mit, dass beide Schiffe nach vorläufigen Einschätzungen voraussichtlich nicht sinken werden. Der Frachter „Solong“ könne vertäut und von der Küste weggeschleppt werden, sagte Ministerin Heidi Alexander. Bergungsarbeiten könnten aufgenommen werden. Obwohl der Frachter weiterhin brenne, sei ein Schlepptau angebracht worden.
Gibt es Umweltschäden durch die Tankerkollision in der Nordsee?
Ein Austritt von darauf geladenem Flugzeugtreibstoff aufgrund des Zusammenstoßes habe „begrenzte“ Auswirkungen, teilte das US-Schifffahrtsunternehmen Crowley der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge mit. Es sei noch unklar, wie viel Treibstoff bei der Kollision ins Meer gelangt sein könnte, aber eine erste Überprüfung habe ergeben, dass es aufgrund der Brände auf beiden Schiffen verdampft sei, so das Unternehmen laut PA.
Die Umweltschäden nach der Schiffskollision vor der englischen Nordseeküste dürften nach ersten Erkenntnissen begrenzt sein. Bei drei Überwachungsflügen seien keine Hinweise auf Verschmutzungen auf der Wasseroberfläche entdeckt worden, die mit den verunglückten Schiffen in Verbindung gebracht werden könnten, teilte die britische Küstenwache mit.