Trotz Veto aus Finnland: USA suchen nach Wegen für Nato-Ausbilder in der Ukraine

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Mehr und mehr Nato-Länder weichen ihre Position zu Truppen in der Ukraine auf. Auch die USA schlägt sich zu Macron. Nur Finnland bleibt standhaft.

Helsinki – Die Ausbildung ukrainischer Soldaten ist aktuell mühsam und kaum angepasst an die Kriegsbedingungen in der Ukraine. Über die Monate bekam der zuerst schockierende Vorschlag von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, Nato-Truppen in die Ukraine zu entsenden, daher mehr und mehr Zuspruch innerhalb der Militärallianz. Auch in den USA kritisierten mittlerweile einige Stimmen das aktuelle Vorgehen. Ein neuer Nato-Mitgliedsstaat hält jedoch hart dagegen: Finnland.

„Wir werden irgendwann dorthin kommen, mit der Zeit“, sagte General Charles Brown Jr., Vorsitzender der Generalstabschefs der USA laut der New York Times. Vorerst verneinten die USA die Bitte nach einer Ausbildung, die näher an der Frontlinie stattfindet. Die Ukraine wollte mit der zugänglicheren Ausbildung die Zeit bis zur Ankunft der US-amerikanischen Waffen-Lieferungen überbrücken. Bisher, so Brown Jr., würde man so „eine Menge Nato-Ausbilder gefährden“, doch Beamten würden laut Medienberichten nach Möglichkeiten suchen.

Janne Kuusela, Direktor für Verteidigungspolitik vom Verteidigungsministerium von Finnland
Janne Kuusela ist seit Januar 2022 als Generaldirektor vom Department für Verteidigungspolitik vom Verteidigungsministerium im Amt. © IMAGO/El Mundo/ALBERTO DI LOLLI

Kritik an Truppen-Ausbildung der Ukraine auch aus den USA – Kehrtwende zu Macrons Vorschlag

In der Vergangenheit fand die amerikanische Ausbildung für ukrainische Truppen in Polen, Deutschland oder den USA statt. Laut der New York Times befanden US-amerikanischen Beamten die Logistik dafür jedoch als zeitaufwendig und das Training als nicht ausreichend. Ein Training in der Ukraine, so Beamte, könnte auch eine schnellere Anpassung an die Geschehnisse an der Frontlinie ermöglichen. Vor einigen Monaten verärgerte Macrons Vorstoß zu Nato-Truppen in der Ukraine noch die USA.

„Erinnern Sie: Als Russland 2014 auf der Krim einmarschierte, schickten wir mehr Truppen in die Ukraine, um die ukrainischen Streitkräfte in der Westukraine auszubilden, und wir ließen sie bis 2022 dort, als wir Angst bekamen und sie abzogen“, erklärte die frühere Pentagon-Beamtin für die Ukraine, Evelyn Farkas. Es sei keine Überraschung, dass nun darüber nachgedacht werde, „wie sie wieder von hinten helfen können.“

Mehr Nato-Länder weichen Position zu Truppen in der Ukraine auf – Finnlands Bevölkerung hält dagegen

Auch Litauen zeigten sich offen gegenüber einer Ausbildung in der Ukraine. Estland soll die Entsendung von Truppen diskutiert haben, doch die Diskussion starb laut der Online-Nachrichtenseite Breaking Defense auch schnell wieder. Einer der Vorschläge der USA für eine Ausbildung in der Ukraine war laut Medienberichten die Stadt Lwiw nahe der polnischen Grenze, doch dort wurde bereits kritische Infrastruktur bombardiert.

Anders positionierte sich der finnische Generaldirektor für Verteidigungspolitik, Janne Kuusela, der nicht viel „Appetit“ auf einen solchen Zug gesehen hätte. Die Idee „hat hier keine große Begeisterung ausgelöst“, so Kuusela laut Breaking Defense. Er merkte an, dass die Entscheidung möglicherweise nicht so „schwarz-weiß“ sei.

Finnland bleibt vorsichtig bei Krieg mit Russland – Position nicht in Stein gemeißelt

Auch der Generaldirektor schloss jedoch nicht aus, dass sich die Situation ändern könne: „Vieles hängt davon ab, wie sich dieser Konflikt weiterentwickeln wird, ob er innerhalb der Ukraine bleibt oder ob er überschwappt.“ Auch Schweden und Kanada hätten laut Aussagen von Regierungsvertretern vorerst keine Pläne für eigene Truppen in der Ukraine.

„Wir haben mehr Kriege mit Russland geführt, als ich zählen kann. Die meisten davon haben wir verloren. Aber wir haben es irgendwie geschafft, eine unabhängige, demokratische Marktwirtschaft zu bleiben, und wir haben die Absicht, das auch weiterhin zu bleiben“, sagte Kuusela. „Wir waren im 19. Jahrhundert etwa 100 Jahre lang Teil des russischen Reichs. Eine nicht allzu glückliche Erfahrung, die ich niemandem empfehlen kann.“

Nato und EU suchen Alternativen zum Training in der Ukraine – EU-Unternehmen starten Repairshops in der Ukraine

Momentan befindet sich die Nato auf einer Suche nach Alternativen zum Training in der Ukraine. Die Nato fragte den obersten alliierten Befehlshaber für Europa, Christopher G. Cavioli, laut der New York Times nach Wegen mit minimalem Risiko, um der Ukraine mehr zu helfen. Truppen, die direkt in der Ukraine stationiert wären, könnten Spannungen verstärken. „Jede verirrte Rakete aus Russland könnte eine direkte amerikanisch-russische Eskalation auslösen“, schrieb Liana Fix vom Rat für Auswärtige Beziehungen bei „Carnegie Europe“.

Laut einer Einschätzung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags wäre bei einem Angriff auf in der Ukraine stationierte Truppen durch Russland kein Bündnisfall aktiviert, lediglich der jeweilige Staat, zu dem die Truppen gehören, wäre Konfliktpartei. Anders ist die Situation, wenn es sich um eine Nato-Kooperation handelt oder wenn Russland zu einem Gegenschlag außerhalb der Ukraine ansetzen würde. Frankreich erreichten beispielsweise bereits Drohungen für den Fall, dass sie Bodentruppen stationieren würden.

Daher suchen andere Nato-Mitgliedsstaaten, darunter Großbritannien, Frankreich und Deutschland, laut Medienberichten nach Möglichkeiten, Waffen näher an der Frontlinie zu bauen und zu reparieren. Einer der deutschen Reparaturshops soll laut der Kyiv Post von Rheinmetall kommen, sodass Deutschland nicht direkt involviert wäre. (lismah)

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