„Aufatmen“ oder Gefahr? Internationale Reaktionen auf den Sturz von Assad
Nach dem Sturz des Assad-Regimes ist Syriens Zukunft ungewiss. Während viele die Chance feiern, sind internationale Reaktionen gemischt.
Damaskus – Die Rebellen in Syrien haben in der Nacht zum 8. Dezember die Kontrolle über die Hauptstadt Damaskus übernommen und die Flucht des Machthabers Baschar al-Assad verkündet. Menschenmassen feierten in den Straßen Syriens und benachbarter Länder wie dem Libanon. Politiker äußerten ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft und einen geordneten Übergang, doch nicht alle teilen diesen Optimismus.
Geir Pedersen, der UN-Sondergesandte für Syrien, erklärte: „Heute ist ein Wendepunkt in der Geschichte Syriens – einer Nation, die fast 14 Jahre unerbittliches Leid und unbeschreibliche Verluste ertragen musste“. Er fügte hinzu: „Dieses dunkle Kapitel hat tiefe Narben hinterlassen, aber heute blicken wir mit vorsichtiger Hoffnung auf den Beginn eines neuen Kapitels – eines Kapitels des Friedens, der Versöhnung, der Würde und der Integration aller Syrer.“ Pedersen rief die syrische Bevölkerung dazu auf, den Dialog und die Einheit zu fördern und internationale Rechte zu respektieren.

„Großes Aufatmen“: Scholz und Baerbock sehen Sturz von Assad als Chance – UN warnt vor Notlage
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich positiv über das Ende von Assads Herrschaft in Syrien. Er betonte: „Das syrische Volk hat entsetzliches Leid erfahren.“ Nun sei es von entscheidender Bedeutung, dass in Syrien schnell Recht und Ordnung wiederhergestellt würden und alle Minderheiten Schutz genießen.
Die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betonte die Rolle der internationalen Gemeinschaft, damit „Syrien aus dem Kreislauf von Krieg und Gewalt endlich herauskommt“. Sie bezeichnete den Sturz von Assad als ein „erstes großes Aufatmen“.
Der UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher äußerte sich besorgt über die Situation in Syrien: „Die Ereignisse in Syrien entwickeln sich mit bemerkenswerter Geschwindigkeit. Mehr als ein Jahrzehnt des Konflikts hat Millionen von Menschen vertrieben. Jetzt sind noch viel mehr in Gefahr.“ Er versprach humanitäre Hilfe und Aufnahmezentren für „Menschen in Not“.
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Nach Sturz von Assad: Frankreich und Großbritannien fordern Lösung für das Volk Syriens
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte seine Wünsche für das syrische Volk auf der Onlineplattform X: „In diesem Moment der Unsicherheit wünsche ich ihm Frieden, Freiheit und Einheit“. Er betonte, dass die Barbarei nun vorbei sei und Frankreich sich weiterhin für die Sicherheit aller im Nahen Osten einsetzen werde.
Die stellvertretende britische Premierministerin Angela Rayner forderte: „Diktatur und Terrorismus schaffen Probleme für die Menschen in Syrien, die schon so viel durchgemacht haben, und destabilisieren auch die Region. Deshalb brauchen wir eine politische Lösung, bei der die Regierung im Interesse des syrischen Volkes handelt“.
VAE, Türkei und USA: Internationale Reaktionen auf Assads Sturz in Syrien
Anwar Gargasch, der Berater des Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), nannte Extremismus und Terrorismus als größte Gefahr für Syrien. Auf die Frage, ob Assad sich in den VAE aufhalte, sagte Gargasch: „Ich weiß es nicht“.
Der türkische Außenminister Hakan Fidan rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, einen geordneten Übergang in Syrien zu unterstützen. „Heute gibt es Hoffnung. Syrien kann das nicht alleine schaffen“, sagte er. Gleichzeitig nehme sich die Türkei heraus, weiterhin mithilfe von türkisch finanzierten Milizen gegen kurdische Organisationen in Nordsyrien vorzugehen.
Die USA gaben an, an ihrer Präsenz mit etwa 900 US-Soldaten in Ostsyrien festhalten zu wollen. Daniel Shapiro, der Beauftragte des US-Verteidigungsministeriums für den Nahen Osten, appellierte an alle Gruppierungen in Syrien, Zivilisten und insbesondere Minderheiten zu schützen.
Chance für Frieden im Ukraine-Krieg? Sturz von Assad zeigt womöglich Russlands Schwächen
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Europapolitikerin, äußerte Zweifel an der Befreiung der Bevölkerung durch den Sturz von Assad. Sie vermutete, dass Russlands Nicht-Eingreifen in den Konflikt darauf hindeute, „dass Russland militärisch alles in der Ukraine einsetzt und nicht in der Lage ist, eine zweite Front aufzumachen.“
Der künftige US-Präsident Donald Trump konzentrierte sich in seiner Reaktion auf Russland: „Assad ist weg. Er ist aus seinem Land geflohen. Sein Beschützer Russland, Russland, Russland, angeführt von Wladimir Putin, war nicht länger daran interessiert, ihn zu beschützen“, schrieb er. „Ich kenne Wladimir gut. Jetzt ist seine Zeit zum Handeln gekommen. China kann helfen. Die Welt wartet!“, fügte er hinzu.
Migrationspolitik nach Assads Sturz: Deutschland und Türkei im Fokus
Eine Sprecherin des Bundesministeriums gab an, dass noch unklar sei, wie sich die sich schnell verändernde Lage in Syrien auf die Bedingungen für syrische Geflüchtete auswirkt. Abschiebungen nach Syrien seien nur möglich, „wenn die Sicherheitslage vor Ort dies zulässt, alle rechtlichen Voraussetzungen vorliegen und tatsächliche Möglichkeiten für die Durchführung von Abschiebemaßnahmen gegeben sind“.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte, dass die Türkei ein immenses Interesse daran habe, „dass Syrien nicht zerfällt, um eine Rückführung der drei Millionen Syrer aus der Türkei zu erreichen.“ Er betonte, dass es ein „Momentum für Stabilität“ gebe und daraus resultiere: „Europa muss jetzt auf die Türkei zugehen und eine Kooperation ausloten“. (lismah mit Agenturen)