Elektroautos vs. gebrauchte Verbrenner - Studie räumt mit Mythos auf

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Die E-Auto-Produktion ist sehr klimaschädlich. Lohnt es sich deshalb, den alten Verbrenner weiterzufahren? Eine Studie kommt zu einem eindeutigen Ergebnis - mit einer Ausnahme.

Hamburg - Im Sinne der Nachhaltigkeit kann es sinnvoll sein, ein Produkt möglichst lange zu nutzen. Das schont nicht nur Rohstoffe, sondern in vielen Fällen auch den eigenen Geldbeutel. Das gilt für Kleidung ebenso wie für Elektrogeräte oder Fahrräder.

Viele glauben, dass diese Philosophie auch für alte Autos mit Verbrennungsmotor gilt. Zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu), die Zeit Online vorliegt. Demnach ist der Kauf eines Elektroautos über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs fast immer die klimafreundlichere Option als das Weiterfahren mit dem alten Verbrenner.

Elektroautos vs. gebrauchte Verbrenner: Nach rund fünf Jahren wendet sich das Blatt

Der Grund: Bei Verbrennungsmotoren entfallen nur 15 Prozent der klimarelevanten Emissionen auf die Herstellung. Mit 85 Prozent entfällt der Großteil auf den Betrieb, also die Herstellung und Verbrennung fossiler Kraftstoffe. Das bedeutet, dass die lange zurückliegende Produktion des Fahrzeugs für die CO₂-Bilanz über den gesamten Lebenszyklus kaum von Bedeutung ist. „Es ist wie bei einem alten Braunkohlekraftwerk. Das wird ja auch nicht dadurch nachhaltig, dass es möglichst lange am Netz bleibt“, so Ifeu-Wissenschaftler Hinrich Helms.

Alter VW Golf I mit Aufkleber
Sein altes Auto weiterzufahren ist ökologisch betrachtet nicht unbedingt die bessere Lösung. © Jürgen Hanel/imago

Im Vergleich zu älteren Verbrennern müssen Elektroautos einfach mehr Kilometer fahren, bis sich ihre Herstellungsemissionen amortisiert haben. Bei einer durchschnittlichen Jahresfahrleistung von 13.750 Kilometern ist dies laut Ifeu nach 5,2 Jahren der Fall.

Hintergrund ist, dass die Herstellung von Elektroautos zwar klimaschädlicher ist als die von Verbrennungsmotoren. Durch den saubereren Betrieb fallen aber über den gesamten Lebenszyklus 50 Prozent weniger Emissionen an.

Elektroautos vs. gebrauchte Verbrenner: Ausnahme sind Garagenwagen

Bei der Untersuchung gingen die Forscher von einem relativ sparsamen Verbrauch von sieben Litern auf 100 Kilometern für einen Benziner und von einem relativ hohen Verbrauch von 21 Kilowattstunden für ein Elektroauto aus. Hinzu kommt der Ausstoß von CO₂ und anderen gesundheitsschädlichen Luftschadstoffen wie Stickoxiden, Kohlenmonoxid oder Feinstaub, der bei älteren Autos höher ist als bei jüngeren. Aus Klima- und Umweltschutzgründen wäre es daher sinnvoller, solche Fahrzeuge stillzulegen und ein neues Elektroauto zu kaufen, so die Schlussfolgerung der neuen Studie.

Eine Ausnahme macht die Studie allerdings: Garagenautos mit einer jährlichen Fahrleistung von weniger als 3.000 Kilometern. Wer mit seinem Benziner oder Diesel selten unterwegs ist, kann den alten Verbrenner ohne schlechtes Gewissen weiterfahren. Das dürfte aber nur auf wenige Fahrzeughalter zutreffen, denn die durchschnittliche Fahrleistung eines Pkw ist etwa viermal so hoch.

Elektroautos vs. Verbrenner: Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen

Es ist nicht die erste Studie, die zeigt, dass sich der Umstieg auf ein Elektroauto lohnen kann. Laut einer Studie des ADAC amortisiert sich in der Kompaktklasse ein Elektroauto gegenüber einem neuen Diesel oder Benziner klimatechnisch bereits nach 45.000 bis 60.000 Kilometern. Bei Ökostrom liegt der Wert zwischen 25.000 und 30.000 Kilometern. Letzteres ist nicht mehr so abwegig, da der Strom in Deutschland zunehmend aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Im ersten Halbjahr 2023 hat ihr Anteil mehr als 50 Prozent betragen.

Eine Analyse des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) kommt allerdings zu einem anderen Ergebnis. Demnach ist das Elektroauto bei einer Fahrleistung von 90.000 Kilometern mit dem deutschen Strommix klimafreundlicher als ein Benziner. Wird Ökostrom getankt, ist dies ab 65.000 Kilometern der Fall. Allerdings wurden in diesen Studien vor allem Neuwagen miteinander verglichen.

Die Klimabilanz alter Verbrenner könnte auch besser ausfallen, wenn man alternative Kraftstoffe wie E-Fuels berücksichtigt. Allerdings ist deren Zukunft noch ungewiss.

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