Fünf wichtige Änderungen: So viel mehr Rente steckt für Sie im Koalitionsvertrag

Das Generationenkapital kommt nicht, die Rente für besonders langjährig Versicherte bleibt, das Renteneintrittsalter wird nicht angehoben, Beamte und Selbstständige müssen weiterhin nicht in die Rentenkasse einzahlen und die Beitragsbemessungsgrenze bleibt auch bestehen. An die großen Renten-Änderungen haben sich CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag nicht herangetraut, doch Kleinvieh macht auch Mist. Das bedeuten die vorgeschlagenen Änderungen konkret für Sie, wenn sie umgesetzt werden.

1. Die Haltelinie von 48 Prozent wird verlängert

Was ist genau geplant? Die Haltelinie beim Rentenniveau von 48 Prozent wird bis 2031 garantiert. Sie würde sonst in diesem Jahr auslaufen. Die Mehrkosten, die dadurch entstehen, sollen über den Bundeshaushalt ausgeglichen werden.

Welche Auswirkungen hat das? Ein Rentenniveau von 48 Prozent bedeutet, dass die Standardrente 48 Prozent des durchschnittlichen Bruttoeinkommens in einem Jahr entspricht. Die Standardrente wiederum ist die Summe, die Sie mit 45 Beitragsjahren bekommen, in denen Sie jeweils den durchschnittlichen Beitragssatz geleistet haben. Normalerweise werden die jährlichen Rentenerhöhungen über eine Formel berechnet, die neben der Lohnentwicklung auch das Verhältnis von Einzahlern zu Rentnern berücksichtigt. 

Durch die Garantie des Rentenniveaus steigen die Renten also stärker, wenn das Rentenniveau über die normale Anpassungsformel unter 48 Prozent sinken würde. Das ist etwa dieses Jahr bereits der Fall. Laut Formel müssten die Renten um 3,69 Prozent steigen, um das Rentenniveau auf 48 Prozent zu halten, werden es im Juli aber 3,75 Prozent sein. Das ist in diesem Jahr nur ein marginaler Unterschied, der kann aber je nach Lohnentwicklung in den kommenden Jahren höher ausfallen.

Diese Haltelinie verursacht deswegen Kosten, die nicht mehr über die Beiträge gedeckt sind. Normalerweise müssten diese dafür also ansteigen. Die Koalition hat sich aber darauf geeinigt, diese Mehrkosten über den Bundeshaushalt, also aus Steuermitteln, zu bezahlen. Das wird diesen mit einigen Milliarden Euro pro Jahr belasten. Eine genaue Summe ist schwer zu ermitteln, weil das stark von der Lohnentwicklung in der Zukunft abhängt.

2. Die Mütterrente III kommt 

Was ist genau geplant? Mütter und Väter bekommen künftig unabhängig vom Geburtsjahr ihrer Kinder drei Rentenpunkte als Erziehungszeiten gutgeschrieben. Damit werden dann Eltern von Kindern, die vor 1992 geboren wurden mit jenen gleichgestellt, deren Kinder später zur Welt kamen. Der Name „Mütterrente“ ist etwas irreführend. Zwar werden in der Regel Frauen davon profitieren, theoretisch gehen die Rentenpunkt aber an den Elternteil, der die Hauptlast der Erziehung im ersten Lebensjahr getragen hat. Die Mehrkosten der Mütterrente III von geschätzten 4,5 Milliarden Euro pro Jahr sollen ebenfalls aus dem Bundeshaushalt bezahlt werden.

Welche Auswirkungen hat das? Bisher bekam Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, nur zwei Rentenpunkte gutgeschrieben. Mit der neuen Regelung wäre es also einer mehr. Ein Rentenpunkt entspricht in diesem Jahr 39,32 Euro mehr Rente pro Monat. Dieser Wert wird in den kommenden Jahren mit Rentenerhöhungen aber ansteigen. Rentenpunkte sind aber auch wichtig, um überhaupt Leistungen zu bekommen. So gibt es eine Altersrente erst ab fünf Rentenpunkten, auch für die Berechnung der Grundrente sind sie wichtig.

3. Die Aktivrente wird eingeführt 

Was ist genau geplant? Die Koalition möchte ältere Arbeitnehmer motivieren, auch über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Deswegen bekommen Menschen, die dies tun, künftig bis zu 2000 Euro ihres Gehalts im Monat steuerfrei.

Welche Auswirkungen hat das? Die Formulierung „bis zu“ lässt zwar erahnen, dass es nicht für jeden Arbeitnehmer 2000 Euro steuerfrei gibt, ohne Details zur Staffelung rechnen wir aber mit diesem Wert. Die Steuerersparnis dürfte technisch eine Verringerung Ihres zu versteuernden Einkommens um eben 2000 Euro pro Monat bedeuten. Allein dadurch würde ein Angestellter mit dem Durchschnittseinkommen von 50.000 Euro brutto pro Jahr 6578 Euro Steuern sparen. Hinzu kommt, dass Sie als Angestellter im Rentenalter keine Arbeitslosenversicherung mehr zahlen, was Ihr Nettoeinkommen um weitere 520 Euro pro Jahr erhöht. Zudem erhöht sich Ihre spätere Rente mit jedem Arbeitsjahr nach dem Rentenalter um 6 Prozent. Für einen Standardrentner wären das 1274 Euro extra pro Jahr.

Die genauen Werte schwanken mit ihrem Einkommen und bisherigen Rentenpunkten, doch grob können Sie dadurch mit 10 bis 15 Prozent mehr Nettoeinkommen rechnen.

4. Die Frühstart-Rente kommt 2026 

Was ist genau geplant? Zum 1. Januar 2026 soll die Frühstart-Rente eingeführt werden. Der Staat zahlt dann für jedes Schulkind zwischen 6 und 18 Jahren monatlich 10 Euro in ein Depot ein – also eine Art Mini-Staatsfonds. Die Beträge dort können nach dem 18. Geburtstag jederzeit freiwillig erhöht werden, wobei es einen jährlichen Höchstbetrag gibt. Die Erträge aus dem Depot sind bis zum Renteneintritt steuerfrei, werden danach aber wie Einkommen behandelt. Das Ersparte kann nicht vor der Rente ausgezahlt werden, ist aber auch vor staatlichen Eingriffen geschützt. Es wird also im Falle von Arbeitslosigkeit nicht bei der Berechnung von Sozialleistungen benutzt.

Welche Auswirkungen hat das? Die Frühstart-Rente ist der Einstieg in einen Staatsfonds, aber in kleinerem Maße, als die Ampel-Koalition ihn noch im vergangenen Jahr mit dem Generationenkapital plante. Für die Berechnung der Erträge gehen wir einmal von einem Kind aus, für ab dem 6. Geburtstag durchgehend Beiträge eingezahlt werden, sowie davon, dass der Fonds eine Netto-Rendite von 5,5 Prozent pro Jahr erwirtschaftet. Mit diesem Gewinn wurde vergangenes Jahr auch beim Generationenkapital kalkuliert.

Zum 18. Geburtstag hätte ein Kind damit ein Sparguthaben von rund 2315 Euro. Das ist nicht viel, aber der Clou der Frühstart-Rente besteht darin, dass darin bereits zwölf Jahre Zinseszins stecken. Selbst, wenn ein Kind als Erwachsener keinen Cent mehr einzahlt, werden daraus bis zu einem Renteneintritt mit 67 Jahren 32.000 Euro. Das ist kein Reichtum, würde aber immerhin für eine monatliche Zusatzrente von 107 Euro reichen. Mit monatlichen Einzahlungen von weiterhin 10 Euro pro Monat verdoppeln sich diese Werte bereits. Mit durchschnittlich 50 Euro pro Monat wären es bereits 179.000 Euro und 600 Euro Zusatzrente pro Monat.

5. Selbstständige müssen unter Umständen in die Rentenkasse einzahlen

Was ist genau geplant? Selbstständige, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem angehören, müssen sich künftig an der gesetzlichen Rentenversicherung beteiligen. Dies soll „gründerfreundlich“ geschehen, wobei unklar ist, was damit gemeint ist.

Welche Auswirkungen hat das? Arbeitnehmer sind verpflichtend in der gesetzlichen Rentenversicherung und zahlen dort einen Beitrag in Höhe von 18,6 Prozent ihres Bruttoeinkommens. Doch dieser Beitrag wird zur Hälfte vom Arbeitgeber übernommen. Weil Selbstständige keinen Arbeitgeber haben, müssten sie die vollen 18,6 Prozent zahlen, was vielen zu teuer ist.

In vielen Branchen gibt es aber Versorgungswerke, denen sich Selbstständige verpflichtend anschließen müssen. Das gilt zum Beispiel für Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Apotheker, Notare, Steuerberater, Architekten, Ingenieure, Tierärzte, Künstler, Designer und Journalisten. Teilweise übernehmen diese den Arbeitgeber-Anteil oder geben Mitgliedern Rabatte auf die vollen Beiträge. In jedem Fall sind Selbstständige in diesen Branchen aber fürs Alter abgesichert.

Daneben gibt es aber viele Branchen, in denen das nicht der Fall ist. Gerade in der IT- und Tech-Branche, im Handel, bei Beratern, Coaches und in manchen Handwerksberufen ist die Zahl der Selbstständigen hoch, die nicht rentenversichert sind. Wenn es diesen nicht gelingt, ausreichend privat vorzusorgen, ist Altersarmut garantiert. Das soll mit der Änderung verhindert werden. Für die Betroffenen bedeutet das allerdings enorme Kosten. Bei einem durchschnittlichen Einkommen von 50.000 Euro im Jahr liegen die Beiträge schließlich bei 9300 Euro pro Jahr. Angestellte müssten nur 4150 Euro zahlen.