Dem Steuerzahler zwei Millionen Euro gespart? Wildsteiger Bürgermeister verteidigt Verstöße gegen Vergaberecht

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In Wildsteig droht Ärger, weil man gegen Vergaberecht verstoßen hat. (Archiv) © -

Mit Liebe zum Detail ist in Wildsteig das alte Gemeindehaus in eine Pilgerherberge verwandelt worden. Die Sanierung könnte für die Gemeinde ein juristisches Nachspiel haben.

Das alte Gemeindehaus in Wildsteig blickt auf eine lange Geschichte zurück. Über ein Jahrhundert bot das 1908 erbaute Gebäude mitten im Ort vor allem Obdachlosen ein Dach über dem Kopf. Nach längerem Leerstand entschloss sich der Gemeinderat 2022 der Geschichte ein neues Kapitel hinzuzufügen. Damals begann der Umbau zu einer Pilgerherberge. Heuer konnte das mit viel Liebe zum Detail sanierte Gebäude eröffnet werden.

Beauftragt worden mit der Sanierung war der Restaurator Stefan Herterich, der zuvor schon der Lourdes-Grotte neues Leben einhauchte und sein Können bewies. Doch die gelungene Zusammenarbeit mit der Gemeinde könnte jetzt ein unerfreuliches Nachspiel haben. Im Bericht zur Rechnungsprüfung der gemeindlichen Finanzen bemängelt das Landratsamt, dass Aufträge zur Sanierung direkt vergeben worden seien.

„Wir haben quasi alle Vergabevorgaben missachtet.“

Tatsächlich räumt Bürgermeister Josef Taffertshofer auf Nachfrage ein: „Wir haben quasi alle Vergabevorgaben missachtet.“ Und nennt dafür aus seiner Sicht einen guten Grund: Wäre man den normalen Weg gegangen, wäre das Projekt über drei Millionen Euro teuer geworden und für die Gemeinde finanziell nicht zu stemmen gewesen. Allein für Architekten und Fachplaner hätte man mehr ausgeben müssen, als die komplette Sanierung gekostet habe, rechnet der Rathauschef vor. 650 000 Euro hat die Gemeinde für den Umbau laut Taffertshofer bezahlt – zwar rund 150 000 Euro mehr, als Herterich ursprünglich geschätzt habe, so der Bürgermeister. Aber immer noch deutlich weniger, als man bei Einhaltung des normalen Vergabeverfahrens hätte aufwenden müssen.

Mit Herterich, mit dem man bereits gute Erfahrungen gemacht hatte, habe man die Gunst der Stunde genutzt. „Entweder er macht es mit seinen polnischen Arbeitern oder wir machen es gar nicht.“ Denn ein weiteres Millionenprojekt zu stemmen neben dem Bau des Multifunktionshauses, das die Gemeinde bekanntlich im nächsten Jahr angehen will, das wäre nicht möglich gewesen, betont Taffertshofer. Schließlich handle es sich dabei um eine freiwillige Leistung. So habe man die Sanierung aus den laufenden Einnahmen bezahlen können und keine Finanzierung gebraucht. Außerdem ließe sich die Summe durch die Mieteinnahmen wieder refinanzieren.

Landratsamt sieht Vorgehen kritisch

Im Landratsamt sieht man das Vorgehen dagegen kritisch. „Öffentliche Stellen sind verpflichtet, geltendes Recht und somit auch geltendes Vergaberecht einzuhalten“, teilt die Behörde auf Anfrage zum Wildsteiger Fall mit. „Bei einer Höhe von 650 000 Euro wäre das Einholen weiterer Angebote zwingend erforderlich gewesen.“ Ob die Einhaltung des korrekten Wegs zu höheren Kosten geführt hätte, wie Taffertshofer behauptet, lasse sich pauschal nicht beantworten. „Die Erfahrung zeigt aber, dass die Einholung mehrere Angebote zu einem realistischen Marktpreis und damit einer wirtschaftlichen Vergabe führt.“

So schlecht scheint es nicht geworden zu sein.

Bleibt noch die Frage, ob dem Wildsteiger Rathauschef und seiner Gemeinde nun Konsequenzen drohen. Auch dazu äußert sich das Landratsamt auf Nachfrage: „Wird von einer öffentlichen Stelle bzw. von deren Amtswaltern gegen Recht und Gesetz verstoßen, könnte dies strafrechtliche, haftungsrechtliche und disziplinarrechtliche Folgen haben“, teilt die Behörde mit. Man habe den Ablauf zur Kenntnis genommen und prüfe jetzt das weitere Vorgehen.

Taffertshofer sieht dieser Prüfung allerdings gelassen entgegen. Er habe schließlich keine öffentlichen Mittel veruntreut, sondern dem Steuerzahler im Gegenteil zwei Millionen Euro gespart, sagt der Bürgermeister. Rund 40 000 Euro habe man an Fördermitteln vom Landesamt für Denkmalpflege bekommen, das das Sanierungsprojekt außerdem für den bayerischen Denkmalschutzpreis vorgeschlagen habe. „So schlecht scheint es nicht geworden sein.“

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