Klare Ansagen in Deutschland: Macron prescht beim Ukraine-Krieg erneut vor
Der Staatsbesuch Macrons stand bisher ganz im Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft. Am letzten Tag rückt der Ukraine-Kriege in den Vordergrund. Und Macron macht klare Ansagen.
Berlin – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will der Ukraine erlauben, militärische Stellungen auf russischem Territorium mit westlichen Waffen anzugreifen. „Wir denken, dass wir ihnen erlauben sollten, die Militärstandorte, von denen aus die Raketen abgefeuert werden, und im Grunde genommen die militärischen Standorte, von denen aus die Ukraine angegriffen wird, zu neutralisieren“, sagte Macron am Dienstag nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf Schloss Meseberg bei Berlin. Er stellte jedoch klar: „Wir sollten nicht erlauben, andere Ziele in Russland zu treffen, zivile Kapazitäten natürlich oder andere militärische Ziele.“
Damit hat erstmals ein Staatschef eines führenden Nato-Staats den Einsatz westlicher Waffen gegen Stellungen in Russland so deutlich befürwortet.
Westliche Waffen gegen Ziele in Russland? Macron will Beschränkung aufheben
Scholz äußerte sich weniger klar als Macron zu der Frage, ließ aber durchblicken, dass er keine rechtlichen Einwände gegen ein solches Vorgehen hätte. Die Ukraine habe völkerrechtlich alle Möglichkeiten für das, was sie gegen die russischen Angreifer tue. „Das muss man ausdrücklich sagen: Sie ist angegriffen und darf sich verteidigen.“ Für die Nutzung der von den USA, Frankreich und Deutschland gelieferten Waffen gelte, dass das Völkerrecht einzuhalten sei. „Das hat bisher praktisch gut funktioniert und wird es auch sicher“, betonte Scholz.
Das Völkerrecht erlaubt es angegriffenen Staaten nach Ansicht von Experten, Aggressoren auch auf ihrem eigenen Territorium zu attackieren, um sich zu verteidigen. Woher die Waffen stammen, ist dabei rein rechtlich gesehen nicht relevant. Scholz hat allerdings immer betont, dass Deutschland sich nicht direkt an dem Krieg gegen Russland beteiligen wird. Die Frage, ob der Einsatz westlicher Waffen gegen russisches Territorium für ihn generell eine Kriegsbeteiligung bedeuten würde, beantwortete Scholz am Dienstag nicht.
Russland droht mit Vergeltung bei Angriffen auf russisches Territorium
Macron argumentierte mit der neuen Kriegssituation und zeigte dafür in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz vor dem Schloss eine Karte von den Frontverläufen in der Ostukraine. „Ukrainischer Boden wird de facto von Stützpunkten aus angegriffen, die sich in Russland befinden. Wie erklärt man den Ukrainern, dass sie ihre Städte schützen müssen?“, sagte Macron „Wenn man ihnen sagt: „Ihr dürft den Punkt, von dem aus die Raketen abgefeuert werden, nicht erreichen“, dann sagt man ihnen im Grunde: „Wir liefern euch Waffen, aber ihr dürft euch nicht verteidigen“.“ Macron betonte dabei, dass Frankreich keine weitere Eskalation wolle.
Der britische Außenminister David Cameron hatte vor wenigen Wochen bei einem Besuch in Kiew gesagt, es sei der Ukraine überlassen, ob sie die Waffen gegen Stellungen in Russland richte. Moskau hatte daraufhin den britischen Botschafter einbestellt und für den Fall eines Angriffs mit britischen Waffen mit Vergeltung gedroht. Gestern drohte Putin erneut Gegenschläge an – auch militärische. Besonders kleinere Länder sollten nicht vergessen, dass ihre Gebiete nicht groß und zudem dicht besiedelt seien, sagte der Kreml-Chef.
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Macron wurde derweil auch noch in einem anderen Punkt recht deutlich, was die Unterstützung der Ukraine angeht. Zur Frage einer möglichen Entsendung französischer Militärausbilder in die Ukraine will er in der kommenden Wochen einen Plan vorlegen.
Macron und Scholz veröffentlichen gemeinsamen Gastbeitrag: Innovation, Investitionen, Souveränität
Scholz und Macron kamen in Meseberg mit mehreren ihrer Ministerinnen und Minister zu Beratungen über europäische Wettbewerbsfähigkeit und Rüstungskooperation zusammen. Schon vor dem Treffen schlugen die beiden in einem Gastbeitrag in der Financial Times dazu eine Agenda für mehr Innovation, Investitionen und europäische Souveränität für die nächsten fünf Jahre nach der Europawahl vor.
In seiner Rede vor der Dresdner Frauenkirche war Macron am Montag deutlicher geworden und hatte einen „massiven Investitionsschock“ in Europa gefordert. „Verdoppeln wir unseren europäischen Haushalt, entweder über die Größe des Haushalts, oder durch Strategien der gemeinsamen Anleihen, oder durch bereits existierende Instrumente“, sagte er. Davon findet sich in dem gemeinsamen Artikel mit Scholz nichts. Die Finanzierung eines solchen Schritts über gemeinsame Schulden kommt für die Bundesregierung nicht in Frage. (Michael Fischer, Ulrich Steinkohl, Michael Evers)
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