Russlands Wirtschaft unter Sanktions-Druck – Putin greift offenbar in die Rentenkasse

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West-Sanktionen graben Russlands Wirtschaft die Gewinne ab. Putin soll darum auf die Rentenkasse zugreifen. Es geht um Milliarden.

Moskau – Russlands Wirtschaft steht an mehreren Fronten unter Druck. Auf der einen Seite verhindern westliche Sanktionen die Ein- und Ausfuhr wichtiger Produkte, auf der anderen sorgen Rekord-Zinsen für eine Erlahmung von Investitionen. Unternehmen, die nicht zum Verteidigungssektor gehören, haben das Nachsehen und müssen die Löhne anheben, um überhaupt an Arbeitskräfte zu gelangen. Jetzt stellt sich heraus, dass der Kreml offenbar direkt zur Rentenkasse greift, um Defizite auszugleichen.

Griff in Russlands Rentenkasse – gräbt Putin dem Wohlfahrtsfonds das Geld ab?

Offenbar bedient sich der russische Präsident Wladimir Putin an einem Fonds, der für russische Rentner überlebenswichtig ist. Schon seit einigen Jahren zapft er den sogenannten russischen Wohlfahrtsfonds an, der seit 2008 existiert und der eigentlich das russische Pensionssystem finanziell versorgt. Laut der Nachrichtenwebsite n-tv soll das die russische Kriegsmaschinerie am Leben erhalten.

Wladimir Putin in Moskau.
Wladimir Putin in Moskau (Symbolfoto). West-Sanktionen graben Russlands Wirtschaft die Gewinne ab. Putin soll darum auf die Rentenkasse zugreifen. Es geht um Milliarden. © IMAGO / ZUMA Press

Vor dem Krieg war das noch ein Tabu – im Jahr 2025 aber will der Kreml Medienberichten zufolge etwa 4,8 Milliarden Euro aus den Reserven entnehmen. Damit plant Putin, das aufklaffende Haushaltsdefizit auszugleichen. Im Laufe des Jahres soll sich dieses Defizit verdreifachen. Hierfür dient der Wohlfahrtsfonds als Puffer, allerdings galt er schon lange als angegriffen.

Darum sei diese Lösung nur ein kurzfristiges Hilfsmittel. „Es gibt noch Ressourcen in Form von Reserven, wie zum Beispiel den Wohlstandsfonds. Es gibt noch einen Spielraum bei den Budgets. Für kurzfristige Schocks ist die russische Wirtschaft deshalb solide und resilient“, zitierte n-tv Alexandra Prokopenko, die mehrere Jahre lang die russische Zentralbank beraten hat. Mittlerweile forscht sie beim Thinktank Carnegie Endowment for International Peace. Prokopenko zufolge ist Russlands Wirtschaft langfristig nicht ausgeglichen. Das sei unter anderem an der aufklaffenden Schere zwischen armer und reicher Bevölkerung erkennbar.

Sorge in der Bevölkerung wächst – greift der Kreml auf Ersparnisse zu?

Der Griff in den Wohlfahrtsfonds ist nicht die einzige Strategie, die Putin derzeit fährt, um an mehr Geld für den Kriegseinsatz zu gelangen. Verschiedene mögliche Kreml-Pläne sorgen seit Monaten für Bedenken in der Bevölkerung, die russische Regierung könnte sich am Geld der Russen bedienen. Ein Beispiel dafür ist die Idee, dem Kreml würden die Zinsen aus dem Sparguthaben von russischen Sparern ausreichen, um sämtliche Bauprojekte im Land zu kaufen.

Eine andere Idee betrifft die Rente. Erst vor wenigen Tagen schlug ein russischer Oligarch vor, die Rente einfach zu streichen, mit der Begründung, im Zarenreich habe es so etwas auch nicht gegeben. Die Russen müssten sich dann eben aufs Kinderkriegen verlegen, damit die Kinder ihre Eltern im Alter versorgen können.

Pikant daran: Die Akteure, die diese Ideen in die öffentliche Diskussion werfen, stehen allesamt dem Kreml nahe. Innerhalb der Bevölkerung besteht daher der Verdacht, dass sie erstens für den Kreml die Meinung auskundschaften und zweitens die Grenzen des Sagbaren verschieben.

Wohlfahrtsfonds in Gefahr – gravierende Schwäche in Russlands Wirtschaft

Schon im Frühjahr 2024 warnten Experten davor, dass der russische Staatsfonds seine liquiden Mittel schnell verlieren könnte, sollte der Ölpreis unter die Marke von 50 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) fallen. Für Russlands Wirtschaft ist das vor allem darum ein Problem, weil die Gewinne aus Ölexporten eines ihrer wichtigsten Standbeine ist. Die G7-Länder hatten das längst erkannt und darum verschiedene Sanktionen aufgesetzt, um diese Gewinne zu mindern. Die wichtigste davon ist der Ölpreisdeckel auf russische Exporte: Westliche Marktteilnehmer dürfen mit Tankschiffen, die russisches Öl für mehr als 60 US-Dollar pro Barrel verkaufen, weder Handel treiben noch ihnen Dienstleistungen anbieten.

Um den Ölpreis hochzuhalten, hatte Putin extra viele Milliarden in die sogenannte Schattenflotte gesteckt. Dabei handelt es sich um eine Flotte meist veralteter Schiffe, die teils unter falscher Flagge Öl verschiffen (aber auch schon beim Transport von aus der Ukraine gestohlener Kohle oder Getreide gesehen wurden).

Seitdem aber sowohl die Mitgliedstaaten des Ölkartells Opec+ als auch die USA mehr Öl fördern und gleichzeitig die Nachfrage sinkt, sinkt auch der Ölpreis. Teils war er auf 50 US-Dollar pro Barrel gefallen – was auch dafür sorgte, dass Putin im April und Mai zunehmend auf die reguläre Flotte anstatt der Schattentanker setzte. Damit wären wir wieder beim Wohlfahrtsfonds: Die einbrechenden Ölpreise erhöhen den Druck auf den Kreml, neue Finanzierungsquellen zu finden.

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