Experte Tim Wolf - Die große Klima-Chance in unseren Häusern, die Deutschland bislang ignoriert

Eines der wirkungsvollsten Mittel zur deutlichen Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden ist eine gut durchdachte Dämmung, denn diese kann Heizkosten um bis zu 50 Prozent reduzieren. Das liegt an der durch Dämmung erreichten Reduktion von Wärmeverlusten in den kälteren Monaten. Zusätzlich hilft Dämmung, im Sommer ein Aufheizen der Wohnräume zu verlangsamen.

Viele sind nicht ausreichend informiert

Die Umsetzung von Dämm-Maßnahmen scheitert aktuell jedoch häufig daran, dass viele Menschen nicht ausreichend über die Dämmung informiert sind. Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass Dämmung zu teuer sei und wenig Nutzen bringe. Hier ist Aufklärung, auch von staatlicher Seite entscheidend, um den schlechten Ruf der Dämmung zu widerlegen und die Vorteile, sowohl finanziell als auch ökologisch, stärker zu kommunizieren. Auch regulatorische Hürden tragen teilweise dazu bei, dass die Dämmung für viele Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer noch nicht attraktiv ist.

Der gesetzliche Rahmen durch die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) schreibt klare Ziele für die energetische Sanierung vor. Es liegt nun an der Politik, diese Vorgaben in nationales Recht zu übersetzen, um diese Ziele auch zu erreichen. Hier bietet die Dämmung eine besonders effektive und kostengünstige Möglichkeit, einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Energieeffizienz zu leisten. Diese Chance sollte unbedingt genutzt werden. Teil dessen sollten Regularien sein, welche die Dämmung, im Rahmen der energetischen Sanierung mehr in den Fokus rücken und eine klare Anreizstruktur für Hauseigentümerinnen und -eigentümer schaffen.

Der zweite Schritt vor dem Ersten

Ein weiterer Punkt, der viele Fragen aufgeworfen hat, ist das Heizungsgesetz. Es versteht sich eigentlich von selbst, dass erst gedämmt und dann die Heizung ausgetauscht werden sollte. Bisher wurde die Dämmung jedoch kaum ins Auge gefasst, weder durch politische Rahmenbedingungen, noch in der öffentlichen Diskussion.

Gerade kostengünstige Verfahren wie die Einblasdämmung können hier jedoch einen wichtigen Beitrag leisten. Sie reduzieren den Energieverbrauch unabhängig vom Heizsystem und sorgen für sofortige Einsparungen. Gleichzeitig bereiten Sie einen Umstieg auf die Wärmepumpe optimal vor. Diese Vorteile gilt es in den Vordergrund zu rücken und die Menschen auf die Chancen hinzuweisen.

Bisher ist leider das Gegenteil der Fall. Die Dämmung bleibt unerwähnt und durch die Unklarheiten bei der kommunalen Wärmeplanung wird ein Grund geschaffen, mit Sanierungsmaßnahmen lieber abzuwarten.

Unnötige Hürden

Ein weiteres Hindernis sind die unklaren und oft komplizierten Förderinstrumente, die eher zur Untätigkeit beitragen, als dass sie zur Maßnahmenergreifung motivieren. Die Förderlandschaft ist unübersichtlich, was Eigentümerinnen und Eigentümern die Entscheidung erschwert. Und durch die häufigen Änderungen warten viele darauf, dass neue, möglicherweise attraktivere Förderungen von Bund oder Ländern bereitgestellt werden, bevor sie Maßnahmen ergreifen.

Um die Rahmenbedingungen für energetische Sanierungen zu verbessern, ist eine konstante, leicht verständliche und langfristige Förderpolitik notwendig, die klare Anreize schafft sowie Stabilität und Verlässlichkeit signalisiert.

In Deutschland wird ein großer Teil der Sanierungsmaßnahmen von kleinen und Kleinstunternehmen umgesetzt. Diese rund 60.000 Betriebe, alleine in der Dämmung, sind das Rückgrat der Wirtschaft im Bauhandwerk und spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Klimaziele im Gebäudesektor. Gerade diese kleinen Unternehmen sind besonders von bürokratischen Hürden betroffen, die den Arbeitsprozess verlangsamen oder unnötig verkomplizieren.

Bürokratieabbau kann gerade diesen Betrieben helfen. Durch eine Entlastung bei administrativen Aufgaben erhöht sich so die Verfügbarkeit von Handwerksleistungen und es verringern sich die Preise.

Die öffentliche Hand ist kaum Vorbild

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Faktor ist die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand. Wenn öffentliche Gebäude, darunter Schulen, Verwaltungsgebäude oder Krankenhäuser, nicht ausreichend energetisch saniert werden, untergräbt dies das Vertrauen in die Sinnhaftigkeit solcher Maßnahmen. Der Staat liegt hier sehr weit zurück. Inzwischen müssten 120 Milliarden Euro investiert werden, allein um bis 2045 den Energieverbrauch in diesen staatlichen Gebäuden so stark zu senken, dass die Klimaneutralität noch erreichbar wäre. Die Regierung und öffentliche Einrichtungen sollten eine Schlüsselrolle dabei spielen, die Vorteile energetischer Sanierungen sichtbar zu machen.

Wichtig ist schlussendlich auch anzumerken, dass es neben den offensichtlichen Vorteilen für das Klima auch wirtschaftliche Anreize gibt, die für eine umfassende Dämmung sprechen. Diese wirtschaftlichen Aspekte sind bereits heute voll wirksam, allerdings in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Eine kostengünstige Einblasdämmung senkt die Energiekosten eines Haushalts um bis zu 50 Prozent.

Auch geopolitisch relevant

Diese Einsparungen sind nicht nur kurzfristig spürbar, sondern bleiben langfristig über den Lebenszyklus des Gebäudes erhalten. Sie tragen zusätzlich zur Wertsteigerung der Immobilie bei. Besonders in Zeiten steigender Energiepreise ist die Dämmung eine Investition, die sich sowohl für private Hausbesitzer als auch für Vermieter und Investoren lohnt. Die Kosten einer Einblasdämmung können in den meisten Fällen bereits nach fünf bis zehn Jahren durch geringere Heizkosten amortisiert werden.

Zudem fördert eine erhöhte Energieeffizienz auch die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, was in geopolitisch instabilen Zeiten ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist. Der Verzicht auf fossile Brennstoffe reduziert nicht nur den CO₂-Ausstoß, sondern macht den Gebäudesektor weniger anfällig für Preisschwankungen auf den Energiemärkten.

Unsere Energieverschwendung ist nicht mehr zeitgemäß

Um den Aufgaben der nächsten Jahre gerecht zu werden, brauchen wir eine klare und verlässliche Linie in der Regulierung sowie die Entschlossenheit aller Beteiligten, endlich den dringend benötigten Fortschritt zu erzielen. Denn: Energieeffizienz beginnt zu Hause – und zwar bei jeder und jedem einzelnen von uns. Eine Energieverschwendung im derzeitigen Umfang ist heutzutage nicht mehr zeitgemäß.

Um den Gebäudesektor klimafreundlicher und zukunftssicher zu gestalten, bedarf es einer Kombination aus Verpflichtung, Förderung und Vorbildfunktion. Hierfür ist eine enge Zusammenarbeit von Politik, Bauwirtschaft und Hauseigentümer:innen erforderlich. Dabei sollten wir die Chancen betonen, die sich aus der kostengünstigen Dämmung von Gebäuden ergeben: Signifikante Kosten- und Energieeinsparung, ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz und ein zukunftsfähiger Wohnraum für uns alle.

Es braucht klare und langfristige Anreize und Förderinstrumente. Jede eingesparte Kilowattstunde ist ein Schritt in die richtige Richtung für das Klima (und den Geldbeutel).

+++ Keine Klima-News mehr verpassen - abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal +++