Migrationsexperte warnt vor Sieg Putins: „Dann erleben wir weltweit größte Fluchtwelle seit den 40ern“

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Millionen Ukrainer suchen Schutz vor dem Krieg. Viele davon in Deutschland. Experten warnen vor „Massenflucht“, sollte Russland den Krieg gewinnen.

Kiew – Seit Russland vor etwas über zwei Jahren die Ukraine überfallen hat, mussten laut Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe bereits rund 6,5 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer das Land verlassen. In der EU haben Eurostat zufolge 4,3 Millionen Kriegsflüchtlinge Schutz erhalten. Über 40 Millionen Menschen leben noch in der Ukraine.

Ein Sieg Russlands hätte fatale Folgen für die Menschen im Land. Der Migrationsforscher Gerald Knaus von der European Stability Initiative warnte nun auch vor den Folgen für Europa.

Ukraine-Krieg könnte „größte Fluchtbewegung seit den 1940er-Jahren“ auslösen

Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Knaus, ein Sieg Russlands im Ukraine-Krieg hätte „die weltweit größte Fluchtbewegung seit den 1940er-Jahren“ zur Folge. Es sei der Glaube an den Erfolg, der die Menschen in der Ukraine noch in ihrer Heimat hält, erklärte der Migrationsexperte. „Schwindet dieser Glaube, könnte die Zahl sehr schnell sehr stark wachsen – so wie in den Wochen nach Kriegsbeginn am 24. Februar 2022“, sagte er. Drei Millionen Menschen seien nach Kriegsbeginn innerhalb von drei Wochen geflüchtet.

28.02.2022, Polen, Medyka: Menschen warten am Grenzübergang hinter einem Tor auf die Einreise nach Polen. Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) etwa 368 000 Menschen auf der Flucht. Foto: Alejandro Martínez Vélez/EUROPA PRESS/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Polen, Medyka 2022: Ukrainerinnen und Ukrainer warteten am Grenzübergang hinter einem Tor auf die Einreise nach Polen. (Archivbild) © Alejandro Martínez Vélez/EUROPA PRESS/dpa

Dieses Szenario sei bei den Verhandlungen von europäischen Staaten um die Unterstützung für die Ukraine zu bedenken. „Diejenigen, die in Europa zögern, die Ukraine stärker zu unterstützen, haben immer noch nicht wirklich erfasst, was auf dem Spiel steht“, sagte Knaus.

Ähnlich äußerte sich am Wochenende der ukrainische Investigativ-Journalist Aleksei Bobrovnikov bei der Leipziger Buchmesse. In Notsituationen Kosten aufzurechnen sei zwar zynisch, sagte er. Dennoch rate er dem Westen, genau das zu tun: Sollte Putin gewinnen, würden “dutzende Millionen” Menschen die Ukraine verlassen, warnte er. Angesichts dessen sei jede Lieferung von militärischem Gerät gut angelegtes Geld.

„Extremszenario Massenflucht“: Experte rechnet mit Flucht von 10 bis 20 Millionen Ukrainern

Vor einer Massenflucht hat auch der Migrationsforscher Franck Düvell von der Uni Osnabrück gegenüber dem MDR gewarnt. Sollte die Ukraine unter russische Besatzung kommen, rechne Düvell damit, dass zwischen 1,5 und 3 Millionen Ukrainer nach Deutschland kommen könnte, sagte er. Sollte Russland den Krieg gewinnen, sprach der Migrationsforscher von einem „Extremszenario“. In diesem Fall sei mit 10 bis 20 Millionen Flüchtlingen zu rechnen. Die Anzahl der Menschen, die aus der Ukraine flüchten müssten, hänge jedoch davon ab, welche Gebiete unter russische Besatzung fallen würden, erklärte er.

CDU-Innenexperte fordert gleichmäßigere Verteilung von ukrainischen Geflüchteten in EU

Düvell kritisierte diesbezüglich auch die mangelnde Weitsicht deutscher Politiker. Man sei nicht auf ein solches Szenario vorbereitet, sagte er dem MDR. Einem Bericht des Spiegel zufolge seien Migrationsbehörden in Deutschland schon jetzt besorgt über die steigende Zahl der ukrainischen Kriegsflüchtlinge, die nach Deutschland kommen. CDU-Innenexperten Alexander Throm habe bestätigt, dass zum 12. März 2024 rund 1,65 Millionen Ukrainer beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge registriert waren. Rund 250.000 Menschen mehr, als noch im Vorjahr.

Deutschland meldet Zahlen der UNO-Flüchtlingshilfe zufolge die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine. Diese Verteilung in der EU kritisierte der CDU-Innenexperte Throm gegenüber Spiegel: „Die Bundesregierung muss sich dringend für eine gleichmäßigere Verteilung der neu ankommenden ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Europa einsetzen, Deutschland stößt an seine Grenzen.“ (pav)

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