Konzernbosse erklären Milliarden-Plan für Merz: Aus 500 sollen 2500 Milliarden werden

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Kurz vor dem Gipfel: 61 Konzerne versprechen 631 Mrd. Euro für Deutschland. Ein „riesiger Hebel“ soll Investitionen auf 2500 Mrd. steigern. Doch es bleiben Zweifel.

Berlin – Was nach wirtschaftlichem Aufbruch klingt, liest sich auf dem Papier wie eine PR-Offensive mit gigantischem Zahlenwerk: „Aus 500 sollen 2500 Milliarden werden“, kündigte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing in einem Interview mit dem Handelsblatt an. Gemeint ist das durch staatliche Garantien gehebelte Investitionspotenzial des neuen Sondervermögens „Infrastruktur“. Die Realität ist jedoch deutlich komplizierter.

„Made for Germany“: Unternehmen planen Investitionen in Rekordhöhe

Im Rahmen der Initiative „Made for Germany“ haben sich bislang 61 Unternehmen verpflichtet, bis 2028 rund 631 Milliarden Euro in den Standort Deutschland zu investieren. Der Plan umfasst Neuinvestitionen, Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie Kapital internationaler Investoren. Siemens-CEO Roland Busch spricht von einem dringend notwendigen „Schwung“, der sich aus der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik ergeben müsse: „Wir brauchen in der Politik den Mut für strukturelle Veränderungen, und da müssen unbedingt große Schritte folgen.“

Kritiker monieren allerdings, dass viele der präsentierten Summen bereits zuvor geplante Investitionen seien, die nun unter einem neuen Namen wiederverpackt würden. Roland Busch entgegnete dem gegenüber dem Handelsblatt: „Es ist doch positiv zu werten, wenn Unternehmen zugesagtes Kapital bestätigen und sich zum Standort bekennen.“ Doch ist das schon der große Umschwung, den Bundeskanzler Friedrich Merz beschwört?

Die Realität im Bundeshaushalt: Finanzlücke trotz Sondervermögen – Bundesrechnungshof warnt vor strukturellem Defizit

Die Wirtschaftslage bleibt angespannt, die Steuereinnahmen sinken. Laut Bundesrechnungshof übersteigen die laufenden Ausgaben des Bundes seit Jahren die Einnahmen – und die Lücke wächst weiter. Mit der Grundgesetzänderung vom März 2025 wurde ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaneutralität beschlossen. Doch wie die Rechnungsprüfer kritisieren, sind die Finanzierungsspielräume trotz neuer Kreditermächtigungen begrenzt, wenn keine strukturelle Konsolidierung der Einnahmenbasis erfolgt.

Christian Sewing meint im Gespräch mit dem Handelsblatt dennoch: „Das Sondervermögen kann durch öffentlich-private Partnerschaften und staatliche Garantien auf bis zu 2500 Milliarden Euro gehebelt werden“. Die Frage ist, wer diesen Hebel bedient – und mit welchen Risiken für die Steuerzahler.

Einnahmenproblem bleibt ungelöst: Deutschlands Milliardenverluste durch Schwachstellen

Nach der aktuellen Steuerschätzung muss der Staat bis 2028 mit rund 58 Milliarden Euro weniger auskommen, als noch im Mai 2024 erwartet wurde. Besonders die Gemeinschaftsteuern wie Einkommens- und Umsatzsteuer schwächeln. Der Rechnungshof warnt vor einem reinen Hoffen auf wirtschaftliche Erholung: „Allein auf konjunkturell bedingte Steuermehreinnahmen zu setzen, hält der Bundesrechnungshof nicht für ausreichend“.

Trotz Milliardenlücke hält die Bundesregierung weiterhin an Steuervergünstigungen in Höhe von 36,2 Milliarden Euro jährlich fest. Der Bundesrechnungshof kritisiert insbesondere Subventionen wie die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen – 2,1 Milliarden Euro – oder die steuerliche Begünstigung von Dieselkraftstoff mit sieben Milliarden Euro. Insgesamt sieht der Rechnungshof ein jährliches Einsparpotenzial von über 30 Milliarden Euro, allein durch den Abbau ineffizienter Steuervergünstigungen. Doch entsprechende Reformen kommen seit Jahren nicht voran. Zusätzliche Milliardenverluste entstehen durch Steuerhinterziehung und veraltete IT-Systeme. Maßnahmen zur Digitalisierung der Finanzverwaltung und zur besseren Auswertung von Unternehmensdaten liegen laut Bericht auf Eis.

Zum Ersten... zum Zweiten... zum Dritten: Friedrich Merz. Der Investitions-Gipfel bringt hochrangige Wirtschaftsunternehmen zusammen. Der Mittelstand bleibt außen vor. © Bernd Elmenthaler/ imagebroker / IMAGO

Lobby mal anders: Merz Investitionsgipfel bringt BlackRock, Deutsche Bank und Co. an einen Tisch

Und die Konzernchefs? Sie bemühen sich um Optimismus. Siemens-CEO Roland Busch erklärte gegenüber der Wirtschaftswoche: „Wir benötigen alle Hände an Deck“ und Christian Sewing, Chef der Deutschen Bank, sieht eine „echte Trendwende“ – auch weil laut Merz eigener PR „das Interesse insbesondere von ausländischen Investoren am Standort Deutschland gestiegen“ sei. Doch der Bundesrechnungshof mahnt zur Realität: Ohne strukturelle Einnahmenreformen droht der Bundeshaushalt langfristig unter der Schuldenlast zu kollabieren. Wie viel Merz ambitioniertes Versprechen der Milliardeninvestitionen in die deutsche Wirtschaft halten wird, kann noch nicht gesagt werden. Unklar ist auch, seit wann der Investitionsgipfel unter Merz Leitung im Vornherein bereits geplant war.

Beim bevorstehenden Wirtschaftsgipfel im Kanzleramt werden hochrangige Vertreter von Konzernen wie Siemens, der Deutschen Bank, Volkswagen, Rheinmetall, Mercedes-Benz, Airbus, BMW, SAP, der Allianz und der Deutschen Börse. Auch internationale Investoren wie Blackrock – Merz ehemaliger Arbeitgeber – Temasek, Nvidia und Blackstone werden mit am Tisch sitzen. Einflussreiche Branchenverbände wie der BDI werden hingegen nicht eingeladen sein, genauso wenig wie kleine und mittelständische Unternehmen – dem sogenannten „Backbone der deutschen Wirtschaft“ – was bereits im Vorfeld Kritik an der Auswahl der Teilnehmer ausgelöst hat. (ls)

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