Ampel-Chaos: Grünen-Chef in spe zieht niederschmetternden Vergleich – Union sieht „Erlösung“
Wie lange hält die Ampel noch? Nach Lindners Wirtschaftspapier sinkt die Stimmung bei den drei Koalitionspartnern. Eine Entscheidung liegt in der Luft.
Berlin – Steht die deutsche Regierung kurz vor dem Ende? Laut SPD-Chef Lars Klingbeil befindet sich Ampel-Koalition in einer „Woche der Entscheidungen“. An deren Ende könnte das Ende der Koalition aus SPD, Grünen und FDP stehen.
Scholz und seine Minister sind jedenfalls im Krisenmodus. In den vergangenen Wochen kämpfte jede der drei Parteien nur noch für sich allein: SPD-Kanzler Scholz lud zu Wirtschaftsgipfeln ohne seinen Wirtschaftsminister Habeck und seinen Finanzminister Lindner. FDP-Chef Lindner veranstaltete einen Gegengipfel – wiederum ohne den Kanzler.
Reaktionen auf Lindner-Papier: Ampel-Koalition kurz vor dem Bruch?
Zunder gab zusätzlich ein 18-seitiges Grundsatzpapier Lindners, das in die Öffentlichkeit drang, offenbar durch Indiskretion. Darin stehen FDP-Forderungen zur Wirtschaft, die teils mit seinen derzeitigen Koalitionspartnern nicht zu machen sind. Viel näher liegen Lindners Forderungen bei den Positionen der Union, die sich längst für Neuwahlen in Deutschland in Stellung bringt.
Die Reaktionen bei SPD und Grünen auf Lindners Geheimpapier fallen so auch harsch aus. SPD-Chef Lars Klingbeil ärgerte sich am Sonntagabend (3. November) in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ über „diese ständigen öffentlichen Äußerungen, die Angriffe auf Koalitionspartner, die Provokation“.
Schuld daran sei nicht seine Partei, sondern Lindners FDP, stellte Klingbeil klar. Im Koalitionsausschuss am Mittwoch müssten die drei Parteien klären, ob sie noch „genug Puste“ hätten für ein weiteres gemeinsames Regieren. „Das ist jetzt eine Woche der Entscheidungen“, so Klingbeil.

Scholz, Lindner und Habeck ringen um die Ampel-Koalition – Vertrauliche Treffen der Regierung
Inmitten der Turbulenzen, die der Ausgang der US-Wahl bringen könne, stehen diese Woche etliche Krisengespräche in Berlin an. Scholz soll schon am Sonntagabend (3. November) mit Lindner zu einem Zweiertreffen im Kanzleramt zusammengekommen sein. Am Montag (4. November) ging es wohl mit einer Dreierrunde inklusive Robert Habeck weiter. Laut der Nachrichtenagentur dpa sollen im Laufe des Tages zwei bis drei weitere Gespräche zwischen Scholz, Lindner und Habeck folgen.
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Am Mittwoch steht mit dem Koalitionsausschuss der spannendste Termin der Woche an. Entweder die Spitzen der Ampel raufen sich dann nochmal zusammen – oder es kommt zum Showdown samt Regierungsbruch. Der wohl baldige neue Grünen-Chef Felix Banaszak äußerte sich im Vorfeld pessimistisch. Im „Bericht aus Berlin“ stellte er fest, Lindners durchgestochenes Wirtschaftspapier atme „den Geist von: Ich will eigentlich nicht mehr.“
Grünen-Chef in spe wirft Lindner „plumpe Spielchen vor“ – Ampel sei „Ehe im Trennungsjahr“
Lindner treibe „plumpe Spielchen“, sagte Banaszak zudem in einem Interview mit der taz – und auf die Frage, ob die Koalition noch bis zu den nächsten Bundestagswahlen halte, fiel ihm nur die Antwort ein: „Wenn ich das mal wüsste.“ Die Regierung sei derzeit zu vergleichen mit einer „Ehe im Trennungsjahr“: „Die Liebe kommt nicht wieder, aber man hat noch Verantwortung für die Kinder“, sagte der Grünen-Politiker im ZDF.
Auf einen sofort startenden Wahlkampf nach einem möglichen Koalitionsbruch seien die Grünen jedenfalls vorbereitet. „Aber wer seine Entscheidung über den Fortbestand einer Regierung daran bemisst, wann er sich den größten Vorteil für seine Kampagne verspricht, sollte die Politik anderen überlassen“, so der Anwärter auf den Grünen-Vorsitz.
Selbst innerhalb der FDP sind die Reaktionen gespalten. Uwe Henn, Mitinitiator der FDP-Basisinitiative Weckruf-Freiheit, bezeichnete Lindners Papier im Tagesspiegel als „Frontalangriff auf den Koalitionsvertrag“. Der Chef der Gruppierung, die sich schon länger für ein Ende der Ampel-Koalition ausspricht, sagte: „Wir wünschen uns, dass die Ampel jetzt so schnell wie möglich zerbricht.“
CDU/CSU stehen für Neuwahlen nach Bruch der Ampel parat – „Stellen uns auf dieses Szenario ein“
Für Neuwahlen parat steht die Union. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärte im ZDF, dass die FDP mit Lindners Wirtschaftspapier „de facto den Ausstieg aus der Ampel“ vorbereitet habe. CSU-Chef Markus Söder forderte in der Bild: „Das Einzige, was jetzt zählt, sind Neuwahlen – sofort!“ Und Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, erklärte bei RTL/ntv, dass sich die CDU/CSU vorbereitet sehe auf ein Ende der Ampel.: „Wir stellen uns genau auf dieses Szenario ein.“
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sieht in einem Ampel-Bruch „eine echte Erlösung für Deutschland“, wie er am Montag vor Sitzungen der CDU-Spitzengremien sagte. Nach der US-Wahl brauche Deutschland eine stabile Regierung. „Diese Bundesregierung ist alles andere als stabil. Jeder Tag weniger Ampel ist ein guter Tag für Deutschland.“(smu)