Länger arbeiten? Nein danke! CDU-Aufstand gegen Merz‘ Wirtschaftsministerin Reiche

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Die Deutschen sollen später in Rente, verlangt die Wirtschaftsministerin. Die Reaktion ist derb – und für den Kanzler ein Warnsignal. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Da hat Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche mit ihrer Forderung nach längeren Lebensarbeitszeiten wohl mitten ins Hornissennest gestochen. „Fehlbesetzung“ schallt es ihr sogar aus dem Arbeitnehmerflügel der eigenen CDU entgegen. Das ist selbst für die aufgeheizte deutsche Rentendebatte, bei der nicht jeder Ton gut sitzt, eine derbe Wortwahl, noch dazu aus den eigenen Reihen.

Katharina Reiche (CDU) zu Arbeitszeit und Rente: Ludwig Erhard gäbe ihr Recht

Dabei hat Reiche nur gesagt, was sie ihrem vom Wirtschaftswunderminister Ludwig Erhard geprägten Amt schuldet: dass Wohlstand Anstrengung erfordert. Lange konnte sich Deutschland auf die Aufbauleistung vorheriger Generationen und die nach dem Krieg hochgezogenen modernsten Fabriken der Welt verlassen. Doch andere Länder haben aufgeholt, während das hochmütig und grün-moralisierend gewordene Deutschland aus Technologien ausgestiegen ist, ohne in neue einzusteigen. Wenn es aber keinen technologischen Vorsprung mehr gibt, muss sich unser Land stärker dem Wettbewerb bei den Arbeitskosten und -zeiten stellen.

Wirtschaftsministerin Reiche ist von Erhard geprägt, merkt „Münchner Merkur“-Chefredakteur Anastasiadis in der Renten-Debatte an. © TT/Imago/Klaus Haag/Montage

Ende des Acht-Stunden-Tags: Gespenstische Debatte zeigt Wohlstandsillusion

Schon die gespenstische Debatte darüber, ob es erlaubt werden soll, dass Arbeitnehmer wieder mehr als acht Stunden an einem Tag arbeiten dürfen (bei wohlgemerkt gleicher Wochenarbeitszeit!), damit Betriebe flexibler und damit billiger produzieren können, offenbart die Wohlstandsillusion, in der das Land gefangen ist. Derweil haben in ärmeren Ländern wie Griechenland viele Menschen drei Jobs, um über die Runden zu kommen.

Der CDU-Sozialflügel misstraut nicht nur der Wirtschaftsministerin, sondern auch dem eigenen Kanzler

Merz sollte besorgt sein: Die Union täuscht sich bei Rente mit 65 und Mütterrente

Uns geht es zum Glück besser, aber nur mit Work-Life-Balance und Rente mit 63 (künftig 65) wird es auch nicht gehen. Darauf weist Reiche völlig zu Recht hin. Und was kriegt sie als Antwort zu hören? Dass, wenn die Rentenkasse leer ist, dann halt der Staat den Steuerzuschuss erhöhen solle, etwa für die Mütterrente. Doch leider sind auch die Staatskassen leer.

Dass dies nicht mal in allen Teilen der Union erkannt wird, muss den Kanzler bestürzen. Der CDU-Sozialflügel misstraut dem als wirtschaftsnah und reformorientiert geltenden Friedrich Merz. Doch tut das die SPD erst recht. Mit Zähnen und Klauen verteidigt sie das ungerechte Bürgergeld, in das die Fleißigen einzahlen, um zu oft nicht die Schwachen, sondern die Bequemen zu stützen. Wie Merz es da schaffen soll, die Sozialsysteme zu stabilisieren und Deutschland fit für die Zukunft zu machen, bleibt ein Geheimnis. (Georg Anastasiadis)

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