Rentner zahlen doppelte Krankenkassenbeiträge – und die Politik schaut zu
Wer als Rentner mehrere Einkünfte hat, zahlt häufig auch doppelte Beiträge für die Krankenkasse. Für viele löst das Unverständnis aus. Die Ampel wollte das Thema eigentlich angehen. Und jetzt?
Berlin – Immer wieder liest man in Foren oder Leserbriefen darüber, denn so richtig kann es keiner begreifen: Warum müssen Rentner, die mehr als eine Einkunftsquelle haben, doppelt Krankenkassenbeiträge zahlen? Es ist ein leidiges Thema und eines, das die Ampel-Koalition mal versprochen hatte, anzugreifen. Schon in mehreren Reden hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprochen, die „Doppelverbeitragung zu beenden“. Passiert ist seitdem: nichts.
Krankenkasse erhebt Beiträge auf alle Einkünfte - auch auf die Rente
Wie und wofür Krankenkassenbeiträge erhoben werden, ist im Sozialgesetzbuch (SGB) V festgeschrieben. Darin heißt es, dass auf sämtliche Einkünfte einer Person Krankenkassenbeiträge zu zahlen sind, bis zu einer bestimmten Obergrenze, die Beitragsbemessungsgrenze. Dabei werden die Einkünfte addiert - und wenn alles zusammengerechnet unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt, dann muss auch auf alles Beiträge gezahlt werden. Renten jeder Form sind von dieser Regel nicht ausgenommen. 2024 liegt die Beitragsbemessungsgrenze bei 62.100 Euro.
Aus Sicht der Rentner - und eigentlich auch aus Sicht vieler Politiker - ist diese Doppelverbeitragung äußerst ungerecht. Schließlich haben sie während des Arbeitslebens auf die Betriebsrente schon mal Krankenkassenbeiträge gezahlt. Zwar wurde 2020 nachgebessert mit der Einführung des Freibetrags auf Betriebsrenten (davor wurde auf 100 Prozent der Betriebsrente der KV-Beitrag erhoben). Doch im Kern besteht die Doppelverbeitragung weiter.
Beispiel 1
Thomas L. ist Rentner. Aus der gesetzlichen Rentenversicherung bekommt er eine monatliche Rente von 1500 Euro. Dazu hat er noch eine betriebliche Rente in Höhe von 600 Euro im Monat. Seine jährlichen Einkünfte belaufen sich also auf 25.200 Euro (brutto). Das liegt deutlich unter der Beitragsbemessungsgrenze von aktuell 62.100 Euro im Jahr, deshalb muss Thomas auf beide Einkünfte Beiträge zahlen.
Auf die Betriebsrente gilt ein Freibetrag von 176,75 Euro. Thomas muss also nur auf 423,25 Euro KV-Beiträge zahlen. Seine Krankenkasse fordert einen Beitrag in Höhe von 14,6 Prozent, auf die Betriebsrente zahlt er also 61,79 Euro für die Krankenkasse im Monat.
Bei der gesetzlichen Rente gilt ein einheitlicher Satz von 14,6 Prozent, den Rentner nur zur Hälfte zahlen müssen. Die Rentenversicherung überweist diesen zusammen mit ihrem Anteil direkt an die Krankenkasse. Thmoas L. zahlt auf die gesetzliche Rente monatlich 109,50 Euro als KV-Beitrag.
Insgesamt zahlt Thomas jeden Monat also 178,07 Euro an seine Krankenkasse.
Wie absurd es werden kann, sieht man, wenn man als Rentner einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgeht. Dann zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (in dem Fall der Rentner) zur Hälfte die KV-Beiträge und die Krankenkasse erhält zusätzlich auf die Rente jeweils hälftig einen Beitrag von Rentner und Rentenkasse. Wer einen guten Lohn bezieht, kann dabei auch recht schnell die Beitragsbemessungsgrenze reißen – zahlt also einen Höchstbetrag aus dem Lohn an die Krankenkassen und noch dazu seinen Teil aus der Rente.
Doppelverbeitragung soll ein Ende finden - aber die Krankenkassen brauchen Geld
Das wollte die Ampel-Koalition eigentlich ändern. Vor allem im Hinblick darauf, dass die Koalition das Weiterarbeiten nach Erreichen des Rentenalters attraktiver machen will, wäre dies eine wichtige Änderung. Doch trotz mehrfacher Ankündigungen durch den Bundeskanzler hat sich bisher wenig getan. Auch eine Anfrage an das Bundesgesundheitsministerum zu diesem Thema blieb zunächst unbeantwortet.
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Für die Bundesregierung dürfte das Problem auch nicht ganz einfach zu lösen sein. Auf der einen Seite haben sie die Rentner und Rentnerinnen, die sie als Wählerblock zufriedenstellen wollen. Auf der anderen Seiten stehen da die Krankenversicherungen, die nicht einfach auf Millionen an Beitragszahlungen verzichten können. Im Gegenteil: 2024 erwarten die gesetzlichen Kassen ein Defizit von 3,5 Milliarden Euro. Es ist also eine politisch kniffelige Angelegenheit – die aber nicht weniger kniffelig dadurch wird, dass sie überhaupt nicht angegangen wird.