Sturzflug der F-47-Pläne: Trumps Kampfjet in der Lieferkette verheddert

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Schlechte Nachrichten aus den Werkstätten: Weder General Electrics noch Pratt & Whitney kommen voran mit dem Bau neuer Triebwerke für den US-Kampfjet der sechsten Generation: Die hochfliegenden Pläne Trumps mit der Boeing F-47 gleichen eher einem Sturzflug. © Saul Loeb/AFP

Fehlende Teile und viele Schuldige: Trumps Flugzeugbauer liefern ihm die F-47 viel später. US-Rüstungs-Start-ups klagen über altbackene Megakonzerne.

Washington, D.C. – „Wäre ich ein Spieler, würde ich auf Trumps Einmischung in namhafte Luft- und Raumfahrtprojekte setzen – höchstwahrscheinlich wieder die F-35 […] aber möglicherweise auch in andere Kampfjets, darunter die Kampfjet-Programme der sechsten Generation der Marine und der Luftwaffe“, schrieb Valerie Insinna. Ende 2024 hat die Autorin von Breaking Defense diese Prognose gewagt. Zu Recht, wie sich jetzt herausstellt. Doch dem US-Präsidenten Donald Trump droht ein herber Rückschlag mit seinem Wundervogel F-47. Gegenüber Rüstungsgiganten wie Wladimir Putins Russland oder das China Xi Jinpings eine Peinlichkeit sondergleichen.

Wie der Defense Express berichtet, wird der Antrieb weit hinter den Erwartungen zurückbleiben: „Der Kampfjet der sechsten Generation der U.S. Air Force, die F-47 im Rahmen des Next Generation Air Dominance (NGAD)-Programms, könnte ohne sein vorgesehenes Triebwerk – das Next-Generation Adaptive Propulsion (NGAP)-System – aufsteigen müssen“, so das Magazin. Schuld daran seien offenbar Unterbrechungen in der Lieferkette – geschätzte Verzögerung: zwei Jahre. Demnach wäre der Prototyp nicht schon 2027 abflugbereit, sondern erst im zweiten Quartal 2030, wie Defense Express mutmaßt.

F-47: Trump wollte mit seinem Prestige-Kampfjet den Rüstungswettlauf gegen China gewinnen

Eigentlich wollte Trump mit seinem Prestige-Kampfjet den Rüstungswettlauf gegen China gewinnen: Wie The War Zone berichtet, sehe der vom Pentagon für das Haushaltsjahr 2026 vorgeschlagene Haushalt „voll und ganz die Finanzierung des Tarnkappenjägers F-47 der sechsten Generation der U.S. Air Force vor, während die Pläne der U.S. Navy für einen trägergestützten Kampfjet der nächsten Generation, F/A-XX, de facto auf Eis gelegt werden“, so Autor Joseph Trevithick. Der US-Haushalt wäre mit der Realisierung beider Kampfjets schlicht und ergreifend überfordert. Sollte die Maschine viel später aufsteigen, würde über dem Himmel der USA oder dem Indopazifik eine deutliche Fähigkeitslücke aufreißen. China scheint mit seinen neuen Kampfjets schon bis zur Serienreife vorgedrungen zu sein, wie verschiedene Medien berichten.

„Der Großteil der Investitionsmittel des Pentagons fließt nach wie vor in große Plattformen wie Flugzeugträger, Bomber, Kampfflugzeuge und Panzerfahrzeuge, und die Kongressabgeordneten der Bundesstaaten und Bezirke, in denen diese Systeme gebaut werden, wollen dies auch weiterhin tun.“

Laut Gregory C. Allen und Doug Berenson ein hausgemachtes Problem der US-Regierungen: „Die übermäßige Konsolidierung der Rüstungsindustrie und der mangelnde Wettbewerb stellen für das US-Verteidigungsministerium eine echte Herausforderung dar“, schrieben die Analysten Ende 2024 für den US-Thinktank Center for Strategic and International Studies (CSIS). Im Klartext: Wenige Rüstungsunternehmen teilen die Budgets unter sich auf. Der Nachteil: „die Isolation der Rüstungsindustrie von der breiteren kommerziellen Wirtschaft. Dies begrenzt Investitionen in rüstungsrelevante Technologien, behindert den Zugang des Verteidigungsministeriums zur Dynamik aufstrebender kommerzieller Technologiesektoren und verschafft traditionellen Rüstungsunternehmen einen enormen Einfluss gegenüber ihren staatlichen Kunden“, so die Wissenschaftler.

Und jetzt erlebt Donald Trump sein blaues Wunder damit: Wie Brian Everstine aktuell veröffentlicht, sollten ursprünglich zwei Kampfjets der sechsten Generation parallel produziert werden: die F/A-XX für die Marine sowie die F-47 für landgestützte Operationen. Die Wettbewerber waren ausschließlich Northrop Grumman und Boeing. Boeing wollte sich als Sieger der F-47-Ausschreibung auch den anderen Auftrag sichern, wie das Magazin Aviation Week aktuell berichtet. „Ja, absolut, wir können es schaffen“, habe Steve Parker gesagt. „Das können auch die Industrie und die Motorenhersteller. Ich sehe das also nicht als Problem“, zitiert Aviation Week-Autor Everstine den Geschäftsführer von Boeing Defense and Space.

US-Kampfjet-Pleite: Offenbar hat aber Boeing-Geschäftsführer Parker den Mund zu voll genommen

Donald Trump aber justierte seine Rüstungs- und Ausgabenpolitik neu, strich den Marine-Kampfjet, ordnete Kürzungen an im F-35-Programm und ging „all-in“ mit Drohnen und der F-47. Offenbar hat aber Boeing-Geschäftsführer Parker den Mund zu voll genommen. Wie das Magazin The National Interest (NI) berichtet, wetteiferten gerade die Hersteller General Electric und Pratt & Whitney um den zukunftsweisenden Antrieb: ein adaptives Triebwerk, also eine Maschine, die sich an verschiedene Flugbedingungen anpassen könne. „Das adaptive Triebwerk soll grundlegende Verbesserungen bei Schub, Treibstoffeffizienz und Wärmemanagement bieten – allesamt entscheidend für Hochgeschwindigkeitsoperationen und den potenziellen Antrieb zukünftiger Hochenergiesysteme, wie beispielsweise Energiewaffen“, so NI-Autor Harrison Kass.

Die Maschinen laufen wohl unter den Bezeichnungen XA102 beziehungsweise XA103 – offensichtlich ist noch keine Entscheidung gefallen oder anders ausgedrückt: kein Triebwerk serienreif. Wie die Flugrevue 2022 berichtet hat, sei das XA100 von General Electric im Dezember 2020 das weltweit erste flugtaugliche Triebwerk mit adaptivem Zyklus gewesen – also eines mit variabler Luftführung. Die Tests mit dem zweiten Triebwerk seien im August 2021 begonnen worden, schrieb das Magazin. Die Maschinen sollen gedacht gewesen für den Vortrieb der F-35-Kampfjets. Die neuen Triebwerke können als Weiterentwicklung des XA100 angesehen werden; und dennoch scheint der Teufel immer noch im Detail zu stecken.

Peinlichkeit gegenüber China: Die Schwierigkeiten mit den Lieferketten sind auch schon länger bekannt.

„So etwas hat noch niemand zuvor gesehen“, sagte Donald Trump zur Vorstellung seines Wundervogels. „In Bezug auf alle Eigenschaften eines Kampfjets gab es noch nie etwas, das ihm auch nur annähernd ebenbürtig wäre – von der Geschwindigkeit über die Manövrierfähigkeit bis hin zur Nutzlast. Die F-47 wird das fortschrittlichste, leistungsfähigste und tödlichste Flugzeug sein, das je gebaut wurde.“ Wenn denn alle Teile zusammengekommen sind.

Die Schwierigkeiten mit den Lieferketten sind auch schon länger bekannt. Im Oktober 2024 machte Larry Culp gegenüber dem Wirtschaftsnachrichtensender Bloomberg TV mehr als ein Dutzend Zulieferer verantwortlich für die Störungen des Produktionsablaufs ziviler wie militärischer Triebwerke. Der Vorstandsvorsitzende des Herstellers GE Aerospace „wollte sich nicht dazu äußern, wie viel Zeit nötig sei, um Probleme in der Lieferkette zu beheben“, wie Danny Lee und Haslinda Amin wiedergaben. Für Beobachter der US-Rüstungsindustrie steckt der Fehler im System, aber nicht vorrangig in der Lieferkette.

Trumps Start-ups mucken auf: Militärische Megakonzerne ungeeignet, die Waffen der Zukunft zu entwickeln

Neue Technologien seien in den USA schlecht gelitten, behauptet William Hartung. Im Magazin Forbes klagte Hartung noch Ende 2024, dass die USA in ihrer Rüstungsbeschaffung weiterhin zu eingefahren seien und letztlich vor allem Pfründe sichern müssten – entgegen der Rhetorik des Pentagon, dass sich „enthusiastisch“, so Hartung, über neue Technologien äußere: „Der Großteil der Investitionsmittel des Pentagons fließt nach wie vor in große Plattformen wie Flugzeugträger, Bomber, Kampfflugzeuge und Panzerfahrzeuge, und die Kongressabgeordneten der Bundesstaaten und Bezirke, in denen diese Systeme gebaut werden, wollen dies auch weiterhin tun.“

Mit seinem Programm zur Priorisierung von Drohnenwaffen hat Donald Trump sicher einen Schritt nach vorn gemacht – den, den Hartung bereits vor der jüngsten US-Wahl eingefordert hatte. Noch aber ist das Rennen offen zwischen den Rüstungs-Platzhirschen Lockheed, Northrop Grumman beziehungsweise Boing und ihren Herausforderern Palantir und Anduril, die mit Software samt Innovationen punkten; und daher möglicherweise weniger abhängig sind von Lieferketten. Anduril beispielsweise hat eine Drohne entwickelt, die zurückkehrt zu ihrem Piloten, sollte sie ihr Ziel verfehlt haben. Sie ist einfach zu starten aus einem von einem Menschen zu tragenden Container.

Wie so viele innovative Konzepte bietet diese Drohne möglicherweise viel Zerstörung für wenig Aufwand. Anduril-Geschäftsführer Palmer Luckey habe der Großindustrie den Kampf angesagt mit einem auf der Firmen-Homepage veröffentlichen Manifest namens „Neustart des Arsenals der Demokratie“, worauf Forbes-Autor William Hartung hinweist – Luckey argumentiere, wie Hartung frei formuliert, „dass die aktuelle Generation militärischer Megakonzerne ungeeignet sei, die Waffen der Zukunft zu entwickeln und daher zurücktreten und Platz für eine neue Generation innovativer, technisch versierter Unternehmen machen sollte, die diese Aufgabe bewältigen können“.

Auch interessant

Kommentare