Sorge vor Putin-Angriff auf Nato wächst: „Könnten ein paar Wochen durchhalten“ – Estland schützt Grenze
Immer wieder hatte Putin dem Westen mit einer Eskalation des Ukraine-Kriegs gedroht. Vor allem in Estland ist man seit der russischen Invasion besorgt.
Võru – In Estland brodelt es. Seit der russischen Invasion und Angriff auf die Ukraine ist die Lage in dem baltischen Staat angespannt. In der kleinen Stadt Võru nahe der russischen Grenze ist man einer drohenden Eskalation nahe. Nur wenige Kilometer weiter beginnt das russische Territorium. Überall sind Nato-Soldaten in der Stadt zu sehen und Militärgerät donnert über die gepflasterten Straßen.
Russland ist nur einen Katzensprung entfernt. 29 Kilometer weiter sind die Soldaten Russlands an der Grenze stationiert. Einen möglichen Angriff Russlands will man in Estland keineswegs ausschließen. Immer wieder warnte die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas vor einem angriffslustigen Wladimir Putin. Die ständigen Drohungen des Kremls kommen auch in den baltischen Staaten an. Diese Angst ist auch in Võru zu spüren. Die Bewohner der Stadt haben stets einen gepackten Koffer griffbereit und einen vollen Autotank, wie die spanische Zeitung El País in einer Reportage berichtet.

Estland besorgt vor Invasion Putins: Nato verstärkt Präsenz an der Ostflanke zu Russland
Die Armee Estlands ist klein. Gerade einmal 4500 professionelle Soldaten sind kampfbereit. Weitere 40.000 Reservisten könnten schnell eingezogen werden – Panzer oder Kampfjets hat das Land nicht. Russland ist dagegen eine Übermacht. In den kommenden Jahren will Putin mehr als 40.000 Soldaten an der Grenze zu den baltischen Staaten und Estland stationieren.
Oberst Mati Tikerpuu, Befehlshaber der Militärbasis in Võru, auf der Nato-Truppen aus den USA, Frankreich und Großbritannien stationiert sind, zeigte sich angesichts der Bedrohung aus dem Osten zuversichtlich. „Wir wären in der Lage, uns gegen eine Invasion für einige Wochen zur Wehr zu setzten.“ Einige Wochen wären genug Zeit, dass weitere Nato-Truppen nach Estland gesendet werden können, um Putins Truppen gänzlich abzuwehren, befindet der Oberst.
Aufrüstung zur Abschreckung: Seit dem Ukraine-Krieg ist die Nato in Alarmbereitschaft
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs habe die Nato das lateinische Motto „Si vis pacem, para bellum“ für sich vereinnahmt, wie es in einem Bericht des „Center for Strategic & International Studies“ (CSIS) heißt. Sprich: „Wenn man Frieden will, bereite dich auf den Krieg vor“. Die Nato besinne sich zurück auf die Taktik, die schon im Kalten Krieg angewandt wurde: Abschreckung durch Aufrüstung. Sollte Putin die Nato angreifen, wäre das wahrscheinlichste Ziel für den russischen Autokraten die baltischen Staaten an der Nato-Ostflanke, befindet auch das CSIS. Gerade weil deren Armee so klein ist und das Territorium überschaubar.
Meine news
Doch bereits jetzt ist die Nato in einem anderen Krieg mit Russland verwickelt: einem sogenannten hybriden Krieg. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte die Nato-Mitgliedsländer: „Wir werden von etwas bedroht, das kein vollwertiger militärischer Angriff ist, nämlich von diesen hybriden Bedrohungen … von der Einmischung in unsere politischen Prozesse, der Untergrabung des Vertrauens in unsere politischen Institutionen, Desinformation, Cyberangriffen und Sabotageakten gegen kritische Infrastrukturen.“
Russlands hybride Angriffe auf Nato-Länder: Desinformationskampagnen und Terrorakte
Neben der militärischen Gefahr durch Russlands Armee bereitet sich die Nato also auch auf hybride Angriffe vor, wie CNN berichtet. Kleinere Angriffe, wie ein fehlgeschlagener Brandstiftungsversuch in Prag Anfang Juni, sollen die Bevölkerung gegen die Ukraine aufwiegeln. Sicherheitskräfte vor Ort vermuten russische Akteure hinter dem Anschlag. Währenddessen versuchen Desinformationskampagnen der Russen, die tschechische Regierung zu diskreditieren und zu untergraben.
Olga Lautman, eine Sicherheitsforscherin spezialisiert auf Russland, befindet: „Europa und die gesamte internationale Gemeinschaft, die an globaler Stabilität interessiert ist, müssen verstehen, dass Russland sich mit uns im Krieg befindet und die Eskalation fortsetzen wird, wenn wir nicht anfangen zu handeln.“(sischr)