Mister Sunak sucht ein Wunder
2024 wählen die Menschen in Großbritannien ein neues Parlament. Umfragen sagen den Konservativen von Premier Sunak eine Niederlage voraus. Die Partei steht vor einem Haufen von Problemen.
Kurz vor dem Jahresende verkündete die britische Regierung einen Sieg des Brexits. Sekt und Wein kann, wie vor dem EU-Beitritt, wieder in Flaschen von der Größe eines Pints verkauft werden, das sind 0,568 Liter. Das Ende der EU-Vorschriften macht es möglich. Für manche traditionsbewusste Briten ist das ein Erfolg. Doch ob diese Änderung auch der konservativen Führung von Premierminister Rishi Sunak neuen Schwung bereitet, darf bezweifelt werden. Im Wahljahr 2024 – gerechnet wird mit einer Abstimmung im Mai oder Herbst – droht den Tories ein Debakel.
"Sunak und die Konservativen benötigen ein Wunder", sagt der Politologe Mark Garnett von der Universität Lancaster. Schon seit langem sagen Umfragen der Regierung eine erdrutschartige Niederlage voraus. Zwischen 15 und 25 Prozent liegt die oppositionelle Labour-Partei in Führung. Was den Tories zudem wenig Anlass zur Hoffnung gibt: Der Rückstand auf die Sozialdemokraten schrumpft kaum. 2023 schafften es die Tories zudem nie über 29 Prozent – würden sie diesen Wert bei der Wahl erzielen, wäre es ihr historisch schlechtestes Ergebnis, berichtete die Onlinezeitung "i".
Fünf Premierminister in 14 Jahren
Mit dem Niedergang sind vor allem zwei Namen verbunden: Boris Johnson, der die Wähler mit Lügen, dem Sumpf der "Partygate"-Affäre und dem Anschein von Vetternwirtschaft vor den Kopf stieß. Und seine Nachfolgerin Liz Truss, mit nur 49 Tagen die Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit der Geschichte, die mit abenteuerlichen Ankündigungen die Wirtschaft ins Chaos stürzte. Darunter leiden viele Briten noch heute. Nach bald 14 Jahren konservativer Regierungen mit insgesamt fünf Premierministern haben viele Briten genug.
Amtsinhaber Sunak, der sich als Kandidat eines Neuanfangs inszeniert, obwohl er bereits Regierungsverantwortung trug, kann die Abwärtsspirale nicht stoppen. Auch in der EU setzen die wenigsten auf Sunak: Die Bundesregierung rechnet dem Vernehmen nach nicht damit, dass der Premier noch zu einem Antrittsbesuch anreist. Vielmehr ist man dabei, festere Bande zu Labour zu knüpfen.
Sunak hat noch kein Thema gefunden, mit dem er eine breite Masse wieder auf seine Seite ziehen könnte. Im Frühling werde er vermutlich Steuersenkungen ankündigen, die Erbschaftsteuer dürfte gestrichen werden, berichteten britische Medien am Mittwoch. Fünf Versprechen hat der 43-Jährige vor einem Jahr abgegeben, an denen er gemessen werden wollte. Erfüllt ist höchstens eines: Die Inflation hat sich mehr als halbiert. Doch Ökonomen betonen, dafür sei weniger Sunak und vielmehr die verbesserte globale Wirtschaftslage verantwortlich.
Auch für kurze Strecken nimmt Sunak den Hubschrauber
Um die restlichen Versprechen steht es schlecht: Die Konjunktur stagniert, die Staatsschulden sinken nicht und die Wartezeiten beim staatlichen Gesundheitsdienst NHS sind sogar weiter gestiegen. Die irreguläre Migration ist zwar leicht zurückgegangen, doch der Rückstau bei Asylanträgen ist längst nicht abgearbeitet.
Zudem fehlt Sunak Johnsons Redetalent, er reißt die Menschen bei seinen Auftritten nicht mit. Vielmehr wirkt der Sohn eines Arztes und einer Apothekerin wie der Investmentbanker, der er einst war. Sein großer Wohlstand und sein Hang, auch kurze Strecken mit dem Hubschrauber zurückzulegen, verstärken das Bild des abgehobenen Politikers.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
"Integrität, Professionalität und Rechenschaftspflicht auf allen Ebenen" hatte Sunak bei Amtsantritt vor gut 14 Monaten versprochen. Nach den Skandalen unter Johnson hoffte das Land auf Stabilität. Doch noch immer sorgen die Tories selbst für die größte Aufregung. Parteiinterne Probleme lenken von Regierungsplänen ab. Jüngst musste sich Innenminister James Cleverly für einen Witz über K.o.-Tropfen entschuldigen. Erst kurz zuvor hatte die Regierung neue Maßnahmen gegen den Missbrauch von K.o.-Tropfen angekündigt.