Reaktionen auf Israels Angriff auf den Iran: Scholz warnt – Merz verteilt Verantwortung
Nach dem mutmaßlichen Angriff auf den Iran unterstützt CDU-Chef Friedrich Merz die Selbstverteidigung Israels im Nahen Osten. Der Bundeskanzler warnt vor einer Eskalation.
Berlin – Der mutmaßliche Angriff Israels auf die Großstadt Isfahan im Herzen des Iran beunruhigt die Weltgemeinschaft und schürt Sorgen vor einem endgültig eskalierenden Konflikt in Nahost. Das Echo von internationalen Top-Diplomaten und -Politikern kam schnell und deutlich: Alle Parteien im Nahen Osten werden zur Besonnenheit und Deeskalation aufgerufen. Den gleichen Ton schlug am Freitagmittag (19. April) auch Bundeskanzler Olaf Scholz an. Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz positioniert sich etwas deutlicher – und auch der Aktienmarkt reagiert.
Israels mutmaßlicher Angriff auf den Iran: Friedrich Merz pocht auf Selbstverteidigungsrecht
„Das Selbstverteidigungsrecht Israels endet nicht an seinen Staatsgrenzen. Wenn die Bedrohung von außerhalb kommt, hat Israel das Recht, sich gegen diese Bedrohung zur Wehr zu setzen“, sagte CDU-Vorsitzender Friedrich Merz im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Niemand habe ein Interesse daran, dass der Konflikt im Mittleren Osten eskaliere.
Ich gehe davon aus, dass sich die israelische Regierung klug und auch sehr bedächtig in den nächsten Tagen und Wochen verhalten wird.
Die endgültige Verantwortung für den Verlauf des Konfliktes sieht der CDU-Chef jedoch beim iranischen Regime in Teheran: „Der Iran hat es ausschließlich und allein in der Hand, ob sich dieser Konflikt ausweitet oder nicht“, betonte Merz. Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung, und dieses Recht werde der Staat auch in Zukunft nutzen müssen, um sich zu schützen. „Das Existenzrecht des Staates Israel ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Frieden im Nahen Osten entsteht. Die Eskalationsdominanz liegt allein beim Mullah-Regime in Iran.“
Konflikt in Nahost: Bundeskanzler Scholz warnt vor „weiterer Eskalation des Krieges“
Derlei deutliche Rollenverteilungen ließ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) derweil nicht verlauten. „Alle müssen jetzt und in der nächsten Zeit dafür sorgen, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation des Krieges kommt“, sagte er am Freitag auf einer SPD-Konferenz auf der Nordsee-Insel Norderney. Diese Position vertrete Deutschland gemeinsam mit seinen Verbündeten. Zu den Berichten über den mutmaßlichen Angriff äußerte Scholz sich nicht weiter. Er sagte lediglich, dass es in der Nacht zu Freitag „erneut eine militärische Aktivität“ gegeben habe.
Auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beteiligt sich an der internationalen Rhetorik der Besonnenheit und fordert Iran, Israel und ihre Verbündeten auf, die Situation nicht weiter zu eskalieren. „Es ist absolut notwendig, dass die Region stabil bleibt und dass alle Seiten von weiteren Aktionen absehen“, unterstrich von der Leyen laut Sky News am Freitagmorgen bei einem Pressetermin in Finnland.
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Außenministerin Baerbock bei G7-Treffen auf Capri: „Volle Solidarität und Unterstützung“ für Israel
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) weilt derzeit beim Treffen der G7-Außenminister auf Capri in Italien. Beim Abschluss des dreitägigen Treffens sollte es eigentlich um die Beziehungen zu China und um die Themen Cybersicherheit und Energieversorgung gehen. Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, wurde die Tagesordnung jedoch an die neuen Entwicklungen angepasst. Es wird erwartet, dass sich sowohl der US-amerikanische Außenminister Tony Blinken als auch die Grünen-Politikerin Baerbock bei ihren Abschluss-Pressekonferenzen zur Nahost-Situation äußern.
Dabei wird sich Baerbock voraussichtlich an das beim G7-Treffen ausgearbeitete Statement der Länder halten, das ebenfalls am Freitagmittag veröffentlicht wurde. Dort wird unterstrichen, dass Israel und sein Volk „die volle Solidarität und Unterstützung“ der Nationen hätten. In Bezug auf den mutmaßlichen Angriff Israels auf Isfahan drängen die G7-Nationen laut Erklärung alle beteiligten Parteien, an der Vorbeugung einer Eskalation zu arbeiten. Inwieweit Deutschland diplomatisch Einfluss auf Israel nehmen kann, ist aktuell unklar: Vor wenigen Tagen soll es zwischen Außenministerin Baerbock und Premierminister Netanjahu zum Streit gekommen sein.
„Maßvolle Reaktion mit starker Warnung“: Deutsch-Israelische Gesellschaft sieht Signal
Auch abseits der politischen Elite sorgen die wachsenden Spannungen im Nahen Osten für Diskussionen. Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, sprach nach dem mutmaßlichen Angriff Israels von einer „maßvollen Reaktion mit starker Warnung“. Er schätzt den Schlag im Zentraliran als israelisches Signal an das Mullah-Regime ein: „Wir können Sie treffen, wir können Sie hart treffen, und wir können Sie überall treffen. Testet uns nicht noch einmal.“
Der mutmaßliche Angriff Israels auf den Iran hat auch den deutschen Aktienmarkt am Freitag spürbar belastet. Der Leitindex Dax fiel um 0,94 Prozent auf 17.670,34 Punkte und steuerte damit auf seinen dritten Wochenverlust in Folge zu. Der MDax der mittelgroßen Werte verlor am Freitag ein Prozent auf 25.927,67 Zähler. Der EuroStoxx 50, der Leitindex der Euroregion, büßte 0,7 Prozent ein.
„Die Investoren zeigen derzeit doch etwas Nervosität in Anbetracht der Lage im Nahen Osten und dessen Auswirkungen auf die Energieträgermärkte“, urteilte Finanzmarktexperte Andreas Lipkow gegenüber der dpa. Nervosität zeigte auch die Fluggesellschaft Lufthansa: Sie und ihre Tochterfirmen Swiss und AUA strichen am Freitag aufgrund der aktuellen Lage alle Flüge nach Israel. (stma/dpa)