Irans drohende Blockade im Golf: Für Europa und die Welt „der absolute Albtraum“

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Der Iran droht nach dem Angriff Israels mit der Schließung der Straße von Hormus. Die Folgen einer solchen Eskalation sind schwer abschätzbar – aber sicher dramatisch.

Teheran – Der Luftkrieg zwischen Israel und dem Iran ist voll entbrannt: Israel greift neben Atomanlagen nun auch Öl- und Gasfelder des Iran an, im Gegenzug hat Teheran verkündet, eine Sperrung der wichtigen Handelsroute Straße von Hormus zu prüfen. Es ist zwar fraglich, ob der Iran überhaupt militärisch in der Lage wäre, die Straße zu sperren. Doch allein indem sie dort Handelsschiffe stören und bedrohen würde, könnte das verheerende Auswirkungen haben und einer De-facto-Blockade gleichkommen.

Iran droht mit Sperrung der Straße von Hormus: Öl und LNG werden dort nach Asien gebracht

In der jüngeren Geschichte ist die Straße von Hormus noch nie vollständig gesperrt worden. Der Iran hat seine Muskeln dort aber schon spielen lassen und gezeigt, dass sie den Handel dort gefährlich und damit teuer machen kann. Wie die Financial Times berichtet, war es schon vor der neusten Eskalation schwer, eine Reederei zu finden, die dort ihre Schiffe hinschicken wollte. Die Unternehmen, die dort Frachter hinschicken, verlangen höhere Preise, um die Risiken abzudecken.

Die Handelsroute ist eine Meerenge, die den Persischen Golf mit dem Golf von Oman und dann dem Arabischen Meer verbindet. Es ist eine der wichtigsten Handelsrouten für Waren, die nach Asien gehen sollen. Besonders wichtig ist die Straße von Hormus für Öl und LNG: 21 Prozent des weltweiten Öls werden über diesen Seeweg transportiert. Katar, der größte LNG-Exporteur der Welt, verschickt nahezu sein komplettes LNG über diese Route.

Die Straße von Hormus ist eine strategisch wichtige Meerenge.
Die Straße von Hormus ist eine strategisch wichtige Meerenge. © IMAGO/NASA Earth

Die Folgen einer Blockade der Straße von Hormus durch den Iran

Eine Sperrung dieser Handelsroute hätte Analysten zufolge zunächst folgende Auswirkungen:

  1. Ölpreise steigen auf dem gesamten Ölmarkt, sie könnten die Marke von 100 Dollar pro Barrel überspringen
  2. Die Kosten für den Schiffsverkehr steigen insgesamt, was sich auf Waren niederschlägt
  3. Der Inflationsdruck steigt wieder, Konsum wird ausgebremst

Arne Lohmann Rasmussen, Chefanalyst der Kopenhagener Lieferkettenberatung Global Risk Management, sagt zum Handelsblatt: „Für den Ölmarkt wäre die Schließung der Straße von Hormus der absolute Albtraum“. Saudi-Arabien und die Vereinigte Arabische Emirate (VAE) haben die Meerenge zwar bereits als Schwachpunkt erkannt und Pipelines errichtet, um ihre Energie auch über andere Wege zu vertreiben. Laut US Energy Information Administration (EIA) könnten dort 2,6 Millionen Barrel pro Tag transportiert werden.

Nur kommt das Öl aus den Pipelines im Roten Meer raus – eine Region, die gerade ebenfalls als gefährlich gilt. Die mit dem Iran verbündeten Huthi-Rebellen befeuern aus dem Jemen Handelsschiffe, die das Rote Meer durchqueren. Der Iran könnte die Huthis nun dazu aufrufen, ihre Anstrengungen zu intensivieren.

Vor allem China wäre von einer Iran-Blockade betroffen: Das hilft Wladimir Putin

Einer der am schwersten betroffenen Länder wäre China. Das Land bezieht große Teile seines Öls aus der Golfregion. Laut EIA ist Saudi-Arabien der zweitwichtigste Lieferant, nach Russland. Zudem nimmt China Öl aus dem Iran ab und ist Teherans wichtigster Handelspartner. Aus dem Oman wird zudem viel LNG nach China transportiert.

Iranische Truppen bei einer Militärübung in der Straße von Hormus, 2022 (Archiv)
Iranische Truppen bei einer Militärübung in der Straße von Hormus, 2022 (Archiv) © IMAGO/Iranian Army Office

China hat sich bisher nicht dazu geäußert, wie es auf eine Blockade der Straße von Hormus reagieren würde. Eine Verteuerung der Ölpreise könnte Peking aber dazu veranlassen, noch mehr Öl aus Russland zu kaufen. Ohnehin könnte Kremlchef Wladimir Putin einer der Gewinner der Iran-Israel-Krise sein: Höhere Ölpreise auf dem Weltmarkt bedeuten höhere Einnahmen und damit mehr Geld für seinen Krieg in der Ukraine. Auch Indien bezieht viel Öl aus dieser Region – und könnte sich mehr gen Russland wenden.

Russland als Gewinner des Kriegs zwischen Iran und Israel? Ein Alarmsignal für Europa

Aus Sicht der Europäer wäre diese Entwicklung extrem problematisch; gerade versuchen die Europäer zusammen mit den USA weitere Sanktionen gegen russisches Öl zu verhängen. Im Gespräch ist auch ein 500-Prozent-Zoll auf Länder, die mit Russland handeln. Steht der Ölmarkt unter Druck, wird es unwahrscheinlich, dass die USA solche Sanktionen noch verhängen. Auch könnte der Druck auf Europa steigen, wieder mehr Öl und Gas aus Russland zu importieren, wenn eine neue Energiepreiskrise bevorstünde.

Deutschland hat außerdem vor, ab 2026 LNG aus Katar zu beziehen. Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat Ende 2022 nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine einen 15-Jahres-Vertrag mit dem Golfstaat vereinbart. Bisher sind Norwegen und die USA die größten Lieferanten von LNG für Deutschland.

Golfstaaten und China könnten gegen den Iran einschreiten

Die verschiedenen Dominoeffekte, die eine Blockade der Straße von Hormus zur Folge hätten, sind schwer vorhersehbar. Da vor allem die benachbarten Golfstaaten aber wenig Interesse an einer solchen Blockade hätten, ist es gut möglich, dass sie einschreiten, wenn der Iran zu weit geht.

Auch China wird die Sperrung verhindern wollen – und gleichzeitig ihre Abhängigkeiten von Energieimporten verringern wollen. Vor über zehn Jahren hat Präsident Xi Jinping das Land zu einer „Energierevolution“ aufgerufen und den Ausbau Erneuerbarer Energien sowie Atomkraft massiv vorangetrieben. Dabei geht es ihr vor allem darum, von anderen Ländern unabhängig zu werden. Zwar ist die Kohle noch immer der wichtigste Energieträger in China, doch kein anderes Land der Welt investiert so viel in die Erneuerbaren. Die aktuellen Spannungen am Weltmarkt werden Peking weiter darin bestätigen, diesen Kurs zu fahren.

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