Neues Hallenbad am Tegernsee: Kein Geld für große Wünsche
In Bad Wiessee könnte ein neues Hallenbad entstehen. Dieses soll von den Kommunen des Tegernseer Tals finanziert werden. Geld für große Wünsche fehlt aber.
Rottach-Egern – Wunsch und Wirklichkeit driften oft auseinander. Das trifft auch auf die Vorstellungen für ein neues Hallenbad im Tegernseer Tal zu. Während sich viele Bürger ein bisschen Spaß und Wellness wünschen, fällt die realistische Betrachtung nüchterner aus.
Neues Schwimmbad im Tegernseer Tal: kompakte Variante kommt
Für ein ganzjähriges Schwimm- und Badeangebot als interkommunales Projekt wird sich wohl nur ein kleines Sport- und Familienbad am Standort Bad Wiessee umsetzen lassen. Der Arbeitskreis Kommunales Schwimmen, der seit einem Jahr tagt, favorisiert jedenfalls eine kompakte Variante. Zu diesem Schluss kommt auch die Machbarkeitsstudie, die Montagabend (26. Februar) im Seeforum vorgestellt wurde.
Ein Jahr lang hat die 16-köpfige Arbeitsgruppe aus Bürgermeistern und Stellvertretern getagt und Vorschläge für das besondere, interkommunale Projekt erarbeitet. Die Analyse präsentierte Klaus Batz, geschäftsführender Gesellschafter der con.pro Kommunalberatung aus Nürnberg, der den AK begleitete und seinerzeit auch die Machbarkeit der Seesauna in Tegernsee überprüft hatte. „Wir wünschen uns weiterhin einen guten gemeinsamen Weg zu einem Ziel: einem gemeinsamen Hallenbad“, sagte Rottach-Egerns Bürgermeister Christian Köck zum Auftakt der öffentlichen Gemeinderatssitzung.
Standort für neues Hallenbad steht fest
Teilgenommen haben alle fünf Tal-Kommunen samt Waakirchen. Für das gemeinsame Ziel der sechs Kommunen ist die erste Hürde quasi schon genommen: Der Standort. Der Kurort Bad Wiessee würde das Grundstück des ehemaligen Badeparks sogar kostenlos verpachten. Die zweite Herausforderung ist laut Bäderexperte Batz, die zu erwartende Investitions- und Betriebslast fair zu schultern und zu verteilen.
Immer wieder an diesem Abend fiel der Begriff kommunale Daseinsvorsorge – eine vordringliche Aufgabe der Kommunen, auf der auch der Fokus der Studie lag. Der Bedarf seitens der Schulen, Vereine und Organisationen sowie für die Öffentlichkeit zieht sich durch das ganze Tal samt Umfeld und ist in allen Kommunen hoch, betonte Batz in seinen Ausführungen. Aber natürlich sind nicht alle Kommunen finanziell gleich aufgestellt. Eine Lösung, welche die unterschiedlichen Möglichkeiten der Gemeinden berücksichtigt, dazu präsentierte Michael Bourjau, zweiter Bürgermeister Stadt Tegernsee, anschließend ein Finanzierungsmodell.
Mögliches Finanzierungsmodell:
Pro Jahr rechnet die Analyse für das kompakte Hallenbad mit bis zu 70.000 Individual-Besuchern (ohne Schulen und Vereine) aus dem regionalen Einzugsgebiet. Als Investitionsvolumen werden im „worst case“ rund 21 Millionen Euro netto veranschlagt.
Abgeschöpfte Fördermittel und Baukostensteigerungen sind hier bereits berücksichtigt, inklusive Parkplatz, den jedoch Bad Wiessee selbst finanzieren und bewirtschaften würde. Nach Abzug der Umsatzerlöse, die sich ungefähr mit den Personalkosten decken, steht im ersten Betriebsjahr ein Defizit von rund 500.000 Euro im Raum.
Um die Finanzierung zu stemmen, hat der Arbeitskreis ein zweiteiliges Konstrukt mit einer Besitz GmbH und einer Betriebsgesellschaft erarbeitet. Für den Bau sollen Tegernsee, Rottach-Egern, Bad Wiessee und Gmund mit jeweils 4,2 Millionen Euro aufkommen, die Gemeinden Kreuth und Waakirchen mit je 2,1 Millionen. Für den Cash-Bedarf pro Jahr im laufenden Betrieb müssten die ersten vier Kommunen mit je 220.000 rechnen, Kreuth und Waakirchen mit je 110.000 Euro. Ohne Kreditkapital allerdings. Für die Betriebsgesellschaft biete sich an, einen Zweckverband oder ein Kommunalunternehmen zu bilden. Das endgültige Investment könne bei Detailplanung ermittelt werden. Zeitlich lasse sich ein Schwimmbad innerhalb von drei Jahren realisieren.
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Finanzielle Belastung auch für künftige Generationen
Wird ein Hallenbad realisiert, steht schon jetzt fest: Die Belastung für alle beteiligten Kommunen geht über die jetzige Generation weit hinaus. „Es ist ganz wichtig, dass wir ein Konzept haben, das wirtschaftlich tragfähig ist. In dem Sinne, dass man mit dem zu erwartenden Defizit, was bei öffentlichen Bädern heute gegeben ist, auch vernünftig umgehen kann“, betonte Batz.
Zudem gebe es einerseits eine sehr hohe Kaufkraft im Tal, aber auch extreme hohe Unterschiede, was die Nettohaushaltseinkommen im Tal betrifft. „Wir müssen auch an die Familien denken, die hier leben und arbeiten.“ Sprich: Die Eintrittspreise sollen niedrig gehalten werden. Untersucht wurden auch die Alternativen Freizeitbad und Traglufthalle, werden aber nicht empfohlen und könnten auf dem Mikrostandort Bad Wiessee nicht umgesetzt werden.
Ideen für Gestaltung des Bades
Konkret schlägt Bäderexperte Batz eine Grundausstattung vor: ein Sportbecken (25 mal zehn Meter), ein seichteres Lehrschwimmbecken (12,5 mal acht Meter) und ein Planschbecken mit verschiedenen Wasserspielgeräten. Optional ergänzen könnte die Beckenlandschaft ein Ein-Meter-Sprungbrett und ein (Teil-)Hubboden für Kurse. Verzichtet werden soll, da unwirtschaftlich, auf ein Drei-Meter-Brett, Groß-Rutschen, Außenbecken, Gastronomie sowie eine Sauna. Vor allem Batz‘ Beurteilung, dass nicht mal eine kleine Funktionssauna denkbar sei, machte das Publikum im Seeforum merklich unruhig.
Obwohl es schließlich viel Lob und Applaus für die Arbeit des AK und Klaus Batz aus dem Publikum gab, wollten einige Gemeinderäte die Idee eines attraktiven Freizeitbads als Schlechtwetter-Alternative noch nicht ganz versenken. „Die Zahlen dämpfen natürlich die Euphorie. Trotzdem würde ich mir deutlich mehr wünschen“, sagte etwa Stefan Niedermaier. Seiner Meinung nach brauche es ein Schwimmbad, das mehr ist als nur ein Sportbecken – ein „Atoll“ (Achensee, Tirol) funktioniere ja auch.
Dafür erhielt der Gemeinderat aus Rottach-Egern (Blitz) großen Applaus. In dieselbe Richtung argumentierte der Hotelier und Gmunder Gemeinderat Korbinian Kohler (CSU), der vor allem eine Sauna als Besuchsgrund sah. Markus Wrba (Gemeinderat Kreuth, FWG) brachte gar nochmal die Standortfrage ins Spiel. AK-Sprecher Christian Köck plädierte jedoch dafür, vernünftig zu bleiben und verantwortungsvoll mit den öffentlichen Mitteln umzugehen. „Jetzt sollten wir uns auf die Basis konzentrieren. Unsere Bevölkerung hat das verdient.“ Alles andere sei utopisch, man rede dann über 60 bis 70 Millionen Euro. „Das können wir nicht machen, tut mir leid.“
Nun ist es an den einzelnen Gremien selbst, zeitnah zu entscheiden, ob sie das Konzept und die Finanzierung mittragen. Klar ist nach diesem Infoabend auch, dass es wohl kein großes „Wunschkonzert“ mehr geben wird. „Wenn Sie uns positiv bescheiden, werden wir uns nochmal mit der Investitionssumme und dem Thema Förderung beschäftigen“, sagte Michael Bourjau. Eine Infoveranstaltung speziell für die Bürger könnte anschließend folgen. Daniela Skodacek
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