Neuer Bürgermeister im Kleinwalsertal: Joachim Fritz spricht über seine Pläne und sein neues Leben
Joachim Fritz ist seit Mitte April Bürgermeister im Kleinwalsertal. Er ist dort geboren, aufgewachsen und wohnt in Mittelberg. Der 50-jährige neue Bürgermeister im Mittelberger Rathaus ist geschieden und hat zwei Kinder. Was hat Joachim Fritz vor? Der Kreisbote fragte nach.
Herr Fritz, warum und wann haben Sie sich entschlossen, Bürgermeister im Walsertal zu werden?
Joachim Fritz: Das Amt des Bürgermeisters stand anfangs meiner politischen Karriere so eigentlich nicht auf meinem Plan. Durch meine bisherige Tätigkeit als Gemeindevertreter – insbesondere durch meinen Einsatz zum Thema Ärztehaus – rückte ich aber offensichtlich in den Fokus der Walser Bevölkerung, weshalb ich über Monate hinweg auf der Straße, in Geschäften, von Freunden und Verwandten darauf angesprochen wurde, ob ich nicht als Bürgermeister kandidieren wolle, zumal klar war, dass der Amtsinhaber nicht mehr antreten wird. Da ich zudem seit November 2024 als Abgeordneter im Vorarlberger Landtag tätig bin und dadurch auch viele Synergien für die Gemeinde vorhanden sind, überlegte ich mir ernsthaft eine Kandidatur für dieses Amt. Nachdem ich auch Gespräche mit meiner Familie, Vertrauten und Freunden und nicht zuletzt auch mit meinem politischen Umfeld und der Landespartei führte und diese mich alle bestärkten, entschied ich mich schließlich zu dem Schritt, zu kandidieren. Die Frage nach dem Wann kann ich so genau nicht mehr beantworten, aber es war definitiv erst gegen Spätherbst/ Jahresende 2024.
Sie sind jetzt seit kurzem als Bürgermeister im Amt. Wie hat sich Ihr Leben dadurch geändert?
Joachim Fritz: Es wäre vermutlich einfacher zu beantworten, was sich seitdem nicht verändert hat… Also, eigentlich hat sich alles geändert. Mein gesamter Tagesablauf, die Themen, die Verantwortung, das Zeitmanagement, die Vielzahl an Besprechungen und Terminen. Insbesondere die ersten drei bis vier Wochen, als alles noch komplett neu für mich war, waren eine anstrengende, aber auch spannende Zeit. Mittlerweile hat sich ein wenig Routine eingestellt und ich habe zusammen mit der Gemeindeverwaltung einige Optimierungen vorgenommen, was die Terminplanung und diverse Abläufe im Amt betrifft. Was mich wirklich überrascht hat war, dass der so oft zitierte „Welpenschutz“ in den ersten 100 Tagen – der ja beispielsweise für eine neue Bundesregierung oder Landesregierung als obligatorisch gilt – für das Bürgermeisteramt nicht besteht. So ging es bei mir wirklich ab Stunde eins los, von allen Seiten.
Sie waren Gewerkschaftschef in Vorarlberg, stellvertretender Bundesvorsitzender der Polizei und seit 2024 für die FPÖ im Vorarlberger Landtag. Mussten Sie die Ämter als Bürgermeister abgeben?
Joachim Fritz: Ja und nein, ich habe meinen ursprünglichen Beruf als Polizeibeamter (mit der Funktion als Personalvertreter und Gewerkschafter) zum 1. Mai „aufgegeben“ (ich wurde auf meinen Antrag hin außer Dienst gestellt) bleibe aber rechtlich gesehen in einer Art Dauerkarrenzierung im Beamtenverhältnis auf dem Papier. Ich muss aber keinen Dienst mehr in dieser Funktion verrichten. Meine politische Tätigkeit im Landtag habe ich jedoch nicht aufgegeben und habe somit eine Doppelfunktion. Anders als mir das von Mitbewerbern im Wahlkampf als Nachteil ausgelegt wurde, sehe ich darin eine große Chance und einen Vorteil, für unsere Gemeinde durch das Netzwerk des Landtags auch für die Gemeinde positive Ergebnisse zu erreichen. Für viele Themen brauchen wir die Unterstützung vom Land Vorarlberg, da kann es nur von Vorteil sein, wenn man gut vernetzt ist und die Erfahrungen vom Land aus erster Hand in die Gemeinde mitbringt. Übrigens gab und gibt es eine Reihe von Landtagsabgeordneten, die gleichzeitig auch Bürgermeister sind. Die Doppelfunktion ist in der Tat eine Herausforderung, die es durch gutes Zeitmanagement zu stemmen gilt, aber die Vorteile überwiegen eindeutig. Für mich persönlich ist es eine Bereicherung, auch in der Landespolitik zu arbeiten, das öffnet den Fokus für Größeres und ermöglicht andere Denkansätze.
Was ist Ihnen in Ihrem neuen Amt besonders wichtig und was muss sich eventuell dringend ändern?
Joachim Fritz: Für mich war die Etablierung eines neuen politischen Stils der Transparenz und des gemeinsamen Miteinanders sehr wichtig. Ich habe deshalb auch meinen Wahlkampf in keiner Weise angriffig, sondern auf Sachthemen bezogen durchgeführt. Diesen Stil des echten und ehrlichen Miteinanders habe ich vom ersten Tag an bei den Sondierungsgesprächen mit allen Fraktionen beibehalten. Damit konnte ich Vertrauen gewinnen und den gesamten Konstituierungsprozess, beginnend vom Gemeindevorstand, bis hin zum Vizebürgermeister und den Fachgruppen und Ausschüssen einvernehmlich und einstimmig abschließen. Dabei konnten geschätzt 99 Prozent der Wünsche aller Fraktionen berücksichtigt werden, was mich auch mit Stolz erfüllt. Schließlich vertrete ich die Meinung, dass Menschen, die sich für ein bestimmtes Thema interessieren, auch dort eingesetzt werden sollten, weil nur dann auch gute Ergebnisse erzielt werden können. Darüberhinaus habe ich ein sogenanntes „Präsidium“ eingeführt, bestehend aus den jeweiligen Obmännern aller Fraktionen, dem Bürgermeister und Vizebürgermeister, um regelmäßig Themen, die anstehen, bereits vor der Gemeindevertretungssitzung transparent zu machen und sich die Fraktionen durch ihre Obleute schon im Vorfeld damit auseinandersetzen können. Das erleichtert die Arbeit in der Gemeindevertretungssitzung ungemein, weil damit viele Diskussionen, die in der Vergangenheit mangels Informationen oft emotional geladen geführt wurden, verhindert werden. So schreiten die Sitzungen schneller voran und die Beschlüsse werden mit großer Mehrheit getragen. Ich habe auf die Bildung einer Koalition mit „Klubzwang“ verzichtet. Ich bin ein Fan der echten Demokratie und somit des Spiels der „freien Kräfte“, weil ich überzeugt bin, dass gemeinschaftliche Entscheidungen, die aus persönlicher Überzeugung erfolgen, auch später jeder Kritik standhalten können.
Gibt es derzeit Projekte, an denen Sie mit der Marktgemeinde Oberstdorf und dem Landkreis Oberallgäu zusammenarbeiten?
Joachim Fritz: Ich wurde erst vor kurzem zum Vizepräsidenten der „Euregio Via Salina“ gewählt und bin nicht nur dadurch, sondern auch durch einige weitere Verbindungen in Aufsichtsräten und grenzüberschreitenden Organisationen eng mit meinen Kollegen im Oberallgäu verbunden. Da ich aber erst gut sechs Wochen im Amt bin, konnte ich (auch aufgrund des normal zu bewältigenden Tagesgeschäftes) noch nicht überall meine Antrittsbesuche absolvieren. Bei meinem Gespräch mit dem Oberstdorfer Bürgermeister, Klaus King, haben wir natürlich über viele gemeinsame Themen und auch über Touristisches gesprochen. Neue Projekte, die bereits auf meinem Tisch liegen, sind nach dieser kurzen Zeit noch nicht vorhanden, dennoch gibt es naturgemäß viele Themen, die uns im Tagesgeschäft miteinander verbinden.
Was wollen Sie in Ihrem Amt konkret bis 2026 erreicht haben?
Joachim Fritz: Ich möchte erst einmal zwei meiner Wahlversprechen umsetzen. Das sind die Wiederherstellung der ärztlichen Versorgung durch den Bau eines Ärztehauses und den befriedeten (im Einklang mit den Anrainern) Neubau des Sicherheitszentrums in Mittelberg. In diese beiden wichtigen Projekte fließt – neben vielen anderen Dingen – momentan ein Großteil meiner gesamten Energie.
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