Kim Jong-un mit Tochter in China: Wird dieses Mädchen Nordkoreas nächste Diktatorin?
Die Tochter des Nordkorea-Diktators Kim Jong-un begleitete ihn erstmals ins Ausland. Ju-ae könnte die nächste Herrscherin werden. Experten sprechen von einem Nachfolge-Training.
Nach einer etwa 24-stündigen Zugfahrt erreichte Kim Jong-uns gepanzerter Sonderzug am Dienstagnachmittag Peking. Obwohl die Reise lang gewesen war, zeigte Kim ein strahlendes Lächeln, als er in der chinesischen Hauptstadt den Bahnsteig betrat. Nordkoreas Diktator war nach Peking gekommen, um bei der Militärparade zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs dabei zu sein. Später würde er neben Chinas Staatschef Xi Jinping und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin der Demonstration der Stärke der chinesischen Armee beiwohnen.

Noch größere Aufmerksamkeit als der Machthaber selbst erregte jedoch eine junge Frau, die direkt nach ihm den Sonderzug am Pekinger Hauptbahnhof verließ: Kims Tochter. Der Name der jungen Frau ist nicht offiziell bekannt, vermutlich heißt sie Ju-ae. Diese Information stammt von Dennis Rodman, einem früheren US-Basketballspieler und Bekannten des Machthabers, der sie nach einem Besuch in Nordkorea 2013 preisgab. Eine offizielle Bestätigung des Namens existiert nicht, ebenso wenig ist Ju-aes Alter bekannt. Südkoreas Nachrichtendienst vermutet, dass sie ungefähr 13 Jahre alt ist. Die staatlichen Medien Nordkoreas berichten zwar regelmäßig über das Mädchen, bezeichnen sie jedoch meist als „respektierte Tochter“ oder „geliebtes Kind“. Darüber hinaus herrscht Schweigen.
In Nordkorea geht die Macht vom Vater auf den Sohn über – und bald auf Kim Jong-uns Tochter?
Die vielen Vermutungen über Ju-ae entstehen durch Nordkoreas besonderes politisches System. Der isolierte Staat funktioniert seit seiner Entstehung wie eine kommunistische Erbherrschaft, bereits zweimal wechselte die Führung vom Vater zum Sohn. Könnte sie künftig auf eine Tochter übergehen – auf Ju-ae? Obwohl Nordkorea eine stark männlich geprägte Gesellschaft ist, erscheint eine Frau als Nachfolgerin nicht völlig ausgeschlossen. Weshalb würde Kim Jong-un seine Tochter sonst wiederholt öffentlich präsentieren? Außerdem bleiben Gerüchte, Kim habe neben Ju-ae zwei andere Kinder, darunter wenigstens einen Sohn, bislang unbestätigt.
Deshalb richtet sich die Aufmerksamkeit internationaler Nordkorea-Experten auf Ju-ae. Erstmals öffentlich zu sehen war sie im November 2022, als ihr Vater sie zum Abschuss einer Interkontinentalrakete mitbrachte. Dieser ungewöhnliche Ort für ein Kind ergibt aus der Perspektive der Kim-Herrschaft durchaus Sinn: Die Raketen, die mit Atomsprengköpfen ausgerüstet werden können, sichern das Überleben der Kim-Familie, die sich von Gegnern bedroht fühlt.
Seither ist sie regelmäßig bei öffentlichen Terminen ihres Vaters dabei, häufig ohne ihre Mutter, Kim Jong-uns Ehefrau Ri Sol-ju. Ihren ersten diplomatischen Auftritt hatte Ju-ae im Oktober 2024 bei einer Begegnung mit dem russischen Botschafter in Pjöngjang. In Peking befand sie sich nun auf ihrer ersten bekannten Reise außerhalb Nordkoreas. Der kurze Besuch in China sei so etwas wie „ein Praktikum für die Nachfolge auf der internationalen Bühne“, erklärte Yang Moo Jin von der University of North Korean Studies in Seoul gegenüber dem Fernsehsender CNA aus Singapur. Kim Jong-uns Schwester, die einflussreiche Propagandachefin Kim Yo-jong, blieb in Peking weitgehend im Hintergrund.
Experte: Auftritt von Kim Jong-uns Tochter in China sendet Botschaft an Donald Trump
Bei öffentlichen Auftritten zeigen sich Kim Jong-un und seine Tochter sehr vertraut, sie zeigen Zuneigung zueinander, wie man sie zwischen Nordkoreas Machthaber und seinem Vater niemals beobachten konnte. Der Nordkorea-Fachmann Lee Sung-Yoon vom Sejong Institute, einer Denkfabrik in Seoul, sieht darin eine Strategie. Durch die Darstellung als fürsorglicher Familienvater übermittle Kim eine Nachricht an die Welt: Jemand wie er werde kaum einen Atomkrieg beginnen, der gleichzeitig das Ende seiner eigenen Herrscherdynastie bedeuten würde. Möglicherweise solle sich die Welt einfach damit abfinden, dass die Kims Nuklearwaffen besitzen. „Ich glaube, diese Botschaft ist schon angekommen“, erklärte Lee gegenüber der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA. Immerhin hatte Trump Nordkorea kürzlich wiederholt als „Nuklearmacht“ bezeichnet. Kim Jong-un bezeichnete er als „schlauen Typen“.
Noch eine Nachricht würden Kim und seine Tochter mit ihren gemeinsamen Auftritten nach Washington übermitteln, meint Experte Lee: „Sie, Herr Trump, werden in vier Jahren vergessen sein. Aber meine Macht wird eines Tages an mein Kind weitergegeben werden. Wir haben alle Zeit der Welt, im Gegensatz zu unbedeutenden Politikern, die alle paar Jahre durch Wahlen kommen und gehen.“