Nochmal zwei Jahre Rezession? Trump-Zölle haben schon jetzt „dramatische“ Auswirkungen

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Die Zollpolitik des neuen US-Präsidenten trifft die exportabhängige deutsche Wirtschaft schwer. Berlin und Brüssel versuchen nun, Trump zu besänftigen – und neue Handelswege zu erschließen.

Wiesbaden - Die negativen Auswirkungen der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump sind bei den deutschen Unternehmen angekommen. Ihre Exporte sanken nach einem Anstieg im März im April wieder - vor allem die Ausfuhren in die USA schrumpften stark. Zugleich ging die Industrieproduktion im April zurück. Das sei allerdings kein Anlass für „übertriebene Sorge“, erklärte Konjunkturexperte Sebastian Dullien von der Hans-Böckler-Stiftung.

Container stehen an einem Umschlaghafen: Die exportabhängige deutsche Wirtschaft wird von Donald Trumps harter Zollpolitik hart getroffen.
Container stehen an einem Umschlaghafen: Die exportabhängige deutsche Wirtschaft wird von Donald Trumps harter Zollpolitik hart getroffen. © IMAGO / Wolfilser

Der Wert aller deutschen Ausfuhren ging im April um 1,7 Prozent zurück auf 131,1 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im März hatten die Ausfuhren noch zugelegt, was Experten vor allem mit Vorzieheffekten vor Inkrafttreten der hohen US-Zölle erklärten.

EU als Export-Lichtblick: Ausfuhren nach Übersee brechen ein

Die meisten Waren „Made in Germany“ gingen im April nach wie vor in die USA - allerdings lag der Wert 10,5 Prozent unter dem vom März. US-Präsident Trump hatte Anfang April Zölle auf fast alle Importe in Höhe von zehn Prozent verhängt, eine Erhöhung auf 20 Prozent für Importe aus der EU ist aktuell nur ausgesetzt. Auf Autos, Stahl und Aluminium werden 25 Prozent aufgeschlagen.

Die Ausfuhren in die USA sanken auf einen Wert von 13 Milliarden Euro - das ist laut Statistikamt der niedrigste Wert seit Oktober 2024. Im Vergleich zum April 2024 schrumpften die Exporte in die Vereinigten Staaten um 6,3 Prozent. Die Ausfuhren in Drittstaaten außerhalb der EU gingen insgesamt um 4,8 Prozent zurück. Exporte in die anderen Staaten der EU dagegen legten leicht um 0,9 Prozent zu.

„Dramatische“ Lage erfordert neue Wege: Handelskammer stellt Forderungen Brüssel

Der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Volker Treier, forderte angesichts der „dramatisch“ gesunkenen Exporte in die USA ein Zugehen auf neue Handelspartner. „Mehr und nicht weniger internationale Zusammenarbeit sollte das Gebot der Stunde sein.“ Der Chef des Außenhandelsverband BGA, Dirk Jandura, forderte die EU dazu auf, „in konstruktiven Gesprächen zu Lösungen mit unserem wichtigsten Handelspartner“ zu kommen.

Auch in der Industrieproduktion in Deutschland hatte es im März mit Blick auf die US-Zölle ein kräftiges Plus gegeben - im April ging die Produktion im Produzierenden Gewerbe laut Statistikamt nun im Vergleich zum Vormonat um 1,4 Prozent zurück. Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich wuchs die Produktion von Februar bis April leicht um 0,5 Prozent.

Schnelle Erholung für die Industrie: Wirtschaftsministerium dämpft Erwartungen

„Die in einigen Wirtschaftszweigen zuletzt stark schwankende Industrieproduktion dürfte auch Ausdruck der handelspolitischen Unsicherheiten infolge der US-Zollpolitik sein“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Es erwartet, dass die Entwicklung der Industrieproduktion auch künftig von zollpolitischen Turbulenzen gekennzeichnet sein wird. Die Aussichten für eine Erholung der Industrieproduktion hätten sich dementsprechend zuletzt wieder etwas eingetrübt.

Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, betonte, Exporte und Industrieproduktion lägen trotz der Rückgänge „höher als zum Jahresbeginn“. Das deute darauf hin, „dass es der deutschen Industrie jenseits der Sondereffekte im Handel mit den USA langsam besser geht“. Zugleich warnte er vor dem Risiko einer Eskalation des Handelsstreits.

Zuversichtliche Stimme: „Deutsche Industrie bislang robust“

Auch der Leiter des Bereichs Konjunktur am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), Nils Jannsen, fand zur Industrieproduktion vergleichsweise zuversichtliche Worte. „Die deutsche Industrie zeigt sich gegenüber den Zollerhöhungen der USA bislang robust“, erklärte er. Bislang habe der Handelskonflikt noch keine tieferen Spuren in den Auftragseingängen hinterlassen. „Für eine Entwarnung ist es aber zu früh.“

Sollte der Zollkonflikt mit den USA tatsächlich eskalieren, sieht die Bundesbank das Risiko von zwei weiteren Rezessionsjahren in Deutschland. Wenn Aufschläge auf EU-Produkte in Höhe von 20 Prozent in Kraft träten und die EU Vergeltungszölle erhebe, dürfte das BIP 2025 um 0,5 Prozent und im Jahr 2026 um 0,2 Prozent sinken, erklärte Bundesbank-Chef Joachim Nagel.

Direktes Gespräch: Merz trifft Trump in Washington

Die hohen Zölle gegen EU-Produkte waren auch Teil der Gespräche zwischen dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz und US-Präsident Trump am Donnerstag im Weißen Haus. Besonders beim gemeinsamen Mittagessen hätten die beiden hierüber intensiv gesprochen, erzählte Merz anschließend im Interview. Der Besuch wurde von deutschen und internationalen Medien überwiegend positiv bewertet.

Unterstützung im Kampf gegen die Zollpolitik des Republikaners bekommt die EU derweil auch von ziemlich unerwarteter Seite: US-Milliardär Elon Musk, noch vor wenigen Monaten enger Berater und Großspender für dessen Wahlkampf, attackiert seit Tagen offen und unverhohlen den Präsidenten und seine Politik. Dabei geht es mittlerweile um weit mehr als die Zölle, die Musks Geschäften schaden - jüngst warf Musk Trump vor, in den Akten zum Horror-Sexualstraftäter Jeffrey Epstein aufzutauchen. (afp, lf)

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