Ukraine: Deshalb desertieren russische Soldaten in Massen
Russische Soldaten sollen nach ukrainischen Angaben wegen ihrer Kommandanten überlaufen. Erneut gab es Beschwerden von Rekruten.
Russische Soldaten sollen zunehmend desertieren oder sich ergeben, weil ihre Kommandanten sie schlecht behandeln. Olexander Schtupun, Sprecher der ukrainischen "Tavria"-Einheit, sagte nach Angaben der "Kyivpost" im lokalen Fernsehen, dass "ganze Gruppen von Soldaten massenweise" überliefen, weil sie nach seiner Einschätzung "von ihrer Führung unmenschlich behandelt" würden. Konkrete Zahlen nannte er nicht, er legte auch keine Beweise für seine Einschätzung vor.
"Wenn Soldaten sich weigern, unsinnige Marschbefehle zu befolgen oder andere Vergehen beginnen, müssen sie nackt in Kuhlen ausharren, werden geschlagen und mit Erschießung bedroht", sagte Schtupun. Von Seiten der Ukraine gibt es immer wieder Berichte über übergelaufene Soldaten, allerdings sind keine genauen Zahlen bekannt und die Angaben können auch unabhängig nicht überprüft werden. Im März hatte die ukrainische Regierung mitgeteilt, dass sich fast 10.000 Russen bei einer Hotline gemeldet hätten, die für Überläufer eingerichtet wurde. Unter den Anrufern waren auch Familienangehörige von Soldaten.
Nach einem Bericht der amerikanischen Nachrichtenagentur AP hatte sich im Herbst ein russischer Offizier ergeben. Er soll wichtige Informationen geliefert haben, die den ukrainischen Spezialkräften geholfen haben, ihre Positionen am Dnipro-Fluss zu sichern.
Beschwerden über Verhältnisse an der Front
Immer wieder sind in der Vergangenheit Berichte von Soldaten aufgetaucht, die sich vor allem über die direkte Militärführung und die Bedingungen an der Front beschweren. Im November war ein Video verbreitet worden, das zeigte, wie russische Soldaten geschlagen wurden und in ein Loch graben mussten, in dem sie mehrere Stunden stehen mussten. In dem Video, das von der Anti-Korruptions-Gruppe Gulagu.net verbreitet wurde, war auch ein Soldat zu sehen, der ein Gewehr neben den Köpfen von Soldaten abfeuert.
An Heiligabend wurde von dem ukrainischen Berater Anton Gerashchenko ein weiteres Video verbreitet, auf dem russische Rekruten wütend reagieren, als sie erfahren, dass sie keine Verteidigungstruppen sind, sondern an die Front zum Angriff geschickt werden – ohne dafür ausgebildet worden zu sein.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Soldaten flehten Verteidigungsminister Schoigu an
Im November gab es ukrainische Geheimdienstberichte, nach denen russische Soldaten ihren Kommandeur erschlagen haben und dann desertiert sein sollten. Demnach hätten die Soldaten ihren Vorgesetzten so sehr verprügelt, dass er an seinen Verletzungen später im Krankenhaus gestorben sei. Sie hätten dann ihre Uniformen ausgezogen, zivile Kleidung angezogen und ihre Basis verlassen.
Russische Kriegsblogger berichteten Anfang November, dass Berichte von der Front offenbar geschönt seien, damit die Militärführung in Russland gut dastehe. Einige Karten vom Frontverlauf seien geschönt, berichtete das amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW). In einer Reportage des "Wall Street Journals" vom Oktober wurde beschrieben, wie russische Soldaten nahe des Dorfes Andrijiwka bei Bachmut sich ergeben hatten. Ihr Kommandeur wurde in seinem Unterstand tot aufgefunden, die Todesursache war unklar.
Eine weitere Gruppe russischer Soldaten hatte sich direkt an Verteidigungsminister Sergej Schoigu gewandt und um Heimaturlaub gebeten. Sie seien seit ihrer Einberufung an der Front im Einsatz, sagten sie in einem auf Telegram verbreiteten Video.