Kemptener Kommission für Erinnerungskultur: Im Oktober werden zwei Studien zu Otto Merkt präsentiert

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Im November 2022 hat der Kemptener Stadtrat die Knussertstraße in Franz-Sperr-Straße umbenannt. © Lüderitz

Wie bereits im Januar gab Kulturamtsleiter Martin Fink den Mitgliedern des Kemptener Ausschusses für Kultur und Stadttheater einen Einblick in die Arbeit der Kommission für Erinnerungskultur.

Die Kommission trifft sich seit 2021 viermal im Jahr und beschäftigt sich derzeit mit Straßennamen. Sie gibt Empfehlungen heraus zum Umgang mit jenen Straßen, deren Namensgeber zwischen 1933 und 45 „handlungsfähig“ waren, wie Fink sagte. Entweder rät die Kommission zur Umbenennung, oder zur Kontextualisierung oder beurteilt die Biographie als unbedenklich.

Untersucht, diskutiert und als unbedenklich eingestuft wurden bereits 14 Straßennamen, wie zum Beispiel der Adenauerring, der Carl-Rabus-Weg oder der Heussring. Bundeskanzler Adenauer war Regimegegner und saß teilweise in Haft. Diskutiert sei worden, dass Hans Globke, im Nationalsozialismus im Reichsinnenministerium tätig, in der Regierung Adenauer Mitglied war.

Ebenfalls in Augenschein genommen hat die Kommission eine Reihe von Künstlerpersönlichkeiten: „Die Künstler zeigen exemplarisch sehr, sehr viel“, sagte Fink. Sie bildeten die ganze Bandbreite ab, die es in der NS-Gesellschaft ab – vom Widerständler wie Carl Rabus, über den eher unpolitischen Bergmaler Emil Marent, überzeugte Nationalsozialisten wie Gottlob Schüßel, der im System gerne weiter aufgestiegen wäre, bis hin zu Künstlern mit Kontakten in die höchsten Kreise hinauf wie Josef Henge, dessen Werke u. a. von Hitler und Rudolf Ley gekauft wurden.

Unter Franz Xaver Untersehers Kunstwerken gebe es sowohl im NS-Regime erwünschte als auch unerwünschte, wie ein vom Haus der Deutschen Kunst als entartet abgelehntes Gemälde mit dem Titel „So ist der Krieg“, was mit einem uniformierten Skelett eine deutliche Kriegsgegnerschaft zeigt.

Überzeugter Nationalsozialist oder unpolitischer Künstler?

„Mit Franz Weiß müssen wir uns noch einmal beschäftigen, weil er nach 1945 Kempten stark geprägt hat“, erklärte Fink. Es sei überzeugter Nationalsozialist gewesen mit guten Kontakten in die höchsten Kreise, Hitler kaufte seine Werke. Weiß hatte Aufträge für NS-Bauten wie zum Beispiel die Ordensburg in Sonthofen. „Noch heute sind seine Werke gut gehandelt in Neonazi-Kreisen“, so der Kulturamtsleiter, „am Obersalzberg gibt es eine ganze Sammlung von Franz Weiß“.

Bei den Künstlerpersönlichkeiten steht noch Entscheidung über deren Einstufung aus.

Bewegter Donnerstag zu Alt-Oberbürgermeister Merkt

Zu Alt-Oberbürgermeister Dr. Otto Merkt ist ein Gutachten in Arbeit. Bevor die Kommission eine Empfehlung zu ihm ausspreche, warte sie auch die ebenfalls in Auftrag gegebene Studie zur NS-Zeit in Kempten ab, die dafür unabdingbar sei. Fink prognostizierte eine „spannende Diskussion“. Beide Untersuchungen werden am 24. Oktober 2024 beim „Bewegten Donnerstag“ vorgestellt. Die Arbeiten wird es auch in Schriftform geben.

Als nächstes stehen für die Kommission die Diskussion und die Bewertung der bereits beauftragten Biografien an. Für noch ausstehende weitere 30 Kurzbiographien sind 30.000 bis 35.000 Euro eingeplant. 10.000 bis 15.000 Euro sollen der tieferen Betrachtung einiger Persönlichkeiten dienen.

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