Nach Partei-Krach: Noch-Chefin der Grünen Jugend sucht per TikTok neuen Job
Von der Grünen Jugend ins Berufsleben: Jette Nietzard sucht mit TikTok-Hilfe nach Arbeit – Hauptsache kein 40-Stunden-Bürojob.
Berlin – Nach heftigen Auseinandersetzungen mit Teilen der eigenen Partei hat Jette Nietzard, noch amtierende Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, unlängst ihren Rückzug angekündigt – und startet nun auf TikTok eine öffentliche Jobsuche. Die 26-Jährige will nach ihrem Abschied vom Amt im Oktober nicht zurück in den klassischen Büroalltag und bittet ihre Follower um kreative Vorschläge für die Zeit danach.
Nach Partei-Krach: Grüne-Jugend-Chefin sucht per TikTok neuen Job
„Leute, sagt mal, ich bin ja auf Jobsuche, ab Oktober, November, Dezember so, mal gucken. […] Ich will nicht wieder 40 Stunden im Büro sitzen“, erklärt Nietzard in einem Video. Nach eigenen Angaben kann sie sich Tätigkeiten im In- oder Ausland vorstellen, Hauptsache: „Ich muss Geld verdienen, das ist die einzige Bedingung.“
Der Schritt kommt nach Monaten innerparteilicher Spannungen. Bereits im Juli hatte Nietzard erklärt, beim Bundeskongress der Grünen Jugend Mitte Oktober in Leipzig nicht erneut für das Amt kandidieren zu wollen. In ihrer Rücktrittsankündigung, berichtete unter anderem tagesschau.de, kritisierte sie die Grünen scharf: Sie sei „in Fraktionssitzungen ausgebuht“ und von Spitzenpersonal „angeschrien“ worden, auch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann sei ihr Rücktritt gefordert worden.
Ihre Zeit an der Spitze war von Kontroversen geprägt – von einem Pullover mit „ACAB“-Aufdruck („All Cops Are Bastards“) über Äußerungen zu Gaza und Israel bis hin zu Gedankenspielen über „bewaffneten Widerstand“ gegen eine mögliche AfD-Regierung, wie sie sie im RBB-Podcast radioeins & Freitag-Salon kundtat. Immer wieder sorgten ihre Aussagen für parteiinterne Kritik.
Von der Parteispitze ins Ungewisse – Jette Nietzard und die Arbeitsvorstellungen der Generation Z
Mit ihrer unkonventionellen Jobanfrage reiht sich Nietzard, die laut verschiedenen Quellen 2022 einen Bachelor-Abschluss im Studiengang Erziehung und Bildung in der Kindheit in Berlin erlangt hat, in einen Generationen-Trend ein: Viele Angehörige der Generation Z (Personen, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden) wünschen sich laut Studien mehr Flexibilität, sinnstiftende Arbeit und eine ausgewogene Work-Life-Balance. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie arbeitsunwillig wären – im Gegenteil: Die Erwerbsquote der 20- bis 24-Jährigen ist seit 2015 deutlich gestiegen, konstatierte das Online-Magazin IAB-Forum in einer Analyse, und liegt heute auf dem höchsten Stand seit Mitte der 1990er-Jahre.
Die Jugendtrendstudie 2025 des Augsburger Instituts für Generationenforschung zeigt zudem, dass Zukunftsangst, der Wunsch nach Selbstbestimmung und Skepsis gegenüber klassischen 40-Stunden-Jobs prägend für diese Altersgruppe sind. Gleichzeitig sind viele bereit, kreative oder alternative Karrierewege zu gehen – sofern die Arbeit zu den eigenen Werten passt.

Ideen für die Zeit nach den Grünen: Nietzard zwischen Pflege, Buchladen und Seenotrettung
Die Resonanz auf Nietzards TikTok-Aufruf ist breit gefächert: von Vorschlägen wie Pflegeberufen oder handwerklichen Tätigkeiten im Ausland bis hin zu journalistischer Arbeit oder Seenotrettung. Letztere Ideen markierte sie sogar kurzerhand mit einem Like.
Ob sie damit den „geilsten Shit“ findet, den ihre Follower ihr wünschen, bleibt offen. Klar ist jedoch: Mit ihrem öffentlichen Suchaufruf hat sie nicht nur ihre Follower aktiviert, sondern auch eine Debatte darüber angestoßen, wie sich junge politische Köpfe nach einer ersten Parteikarriere neu erfinden – und wie flexibel der Arbeitsmarkt für Quereinsteigerinnen tatsächlich ist. (chnnn)