„Schluss mit dem Nettoklau“: Arbeitgeber fordern Deckelung der Sozialabgaben bei 40 Prozent

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Die Sozialabgaben in Deutschland sind im Vergleich zum Vorjahr wieder angestiegen. In Reaktion darauf fordert der Arbeitgeberverband von der kommenden Bundesregierung ein klares Signal.

Frankfurt – Deutschland gehört heute zu den Ländern mit den höchsten Sozialabgaben weltweit. Dabei steht das Land erst am Anfang der Herausforderungen, die der demografische Wandel mit sich bringen wird. Angesichts dieser Entwicklungen fordern die Arbeitgeber eine umfassende Reform, um die Belastung durch Sozialbeiträge zu begrenzen.

Sozialabgaben bei 40 Prozent: Forderung nach einer Reform

Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), fordert die nächste Bundesregierung auf, die Sozialabgaben unter die Marke von 40 Prozent zu senken. „Die nächste Bundesregierung muss endlich Schluss machen mit dem Nettoklau“, sagte Kampeter der Bild. „Den Beschäftigten bleibt immer weniger von ihrem Gehalt, das sie ehrlich erarbeitet haben.“

Für Kampeter ist eine „tiefgreifende Reform“ des Gesundheitswesens unverzichtbar. Das System sei ineffizient und viel zu teuer. „Es brauche mehr Wettbewerb. Die 40-Prozent-Grenze bei den Lohnzusatzkosten muss wieder eingehalten werden. Sonst wird Arbeit immer unattraktiver“, betonte er.

Einheitliche Beitragsbemessungsgrenze ab 2025: Belastung für Mittelschicht

Ab Januar 2025 wird es in der Rentenversicherung erstmals eine einheitliche Beitragsbemessungsgrenze und Bezugsgröße für ganz Deutschland geben. Die bisherige Unterscheidung zwischen alten und neuen Bundesländern entfällt. Gleichzeitig steigen die Werte deutlich an. Die Beitragsbemessungsgrenze erhöht sich 2025 auf monatlich 8.050 Euro, berichtet die Deutsche Rentenversicherung. Zum Vergleich: 2024 lag sie in den alten Bundesländern noch bei 7.550 Euro und in den neuen Bundesländern bei 7.450 Euro.

Die Beitragsbemessungsgrenze definiert, bis zu welchem Einkommen Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden. Einkommen, das darüber liegt, bleibt beitragsfrei. Das bedeutet: Eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze führt dazu, dass Arbeitnehmer mit mittleren und höheren Einkommen unterhalb der neuen Grenze stärker belastet werden. Sie müssen mehr Sozialabgaben zahlen, während Spitzenverdiener oberhalb der Grenze von zusätzlichen Beiträgen verschont bleiben. Für viele Beitragszahler bedeutet dies eine höhere Nettobelastung.

Einkommen
Arbeitgeber warnen: Steigende Sozialabgaben verringern das Nettogehalt der Arbeitnehmer. (Symbolbild) © Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Auch die Bezugsgröße, die unter anderem für die Beitragsberechnung von versicherungspflichtigen Selbstständigen wichtig ist, steigt 2025 an. Sie beträgt künftig 3.745 Euro monatlich, nachdem sie 2024 in den alten Bundesländern bei 3.535 Euro und in den neuen Bundesländern bei 3.465 Euro gelegen hatte. Diese Anpassungen führen für viele Beitragszahler zu zusätzlichen Kosten und zeigen die finanziellen Auswirkungen der neuen Regelungen.

Steigende Arbeitskosten belasten Unternehmen

Nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber spüren die Folgen der steigenden Beitragssätze. „Unmittelbar steigen dadurch die Arbeitskosten in den Unternehmen“, erklärt Jochen Pimpertz, Sozialversicherungsexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Zwar bleiben die Bruttolöhne kurzfristig fix, doch da Arbeitgeber die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge übernehmen, erhöhen steigende Beitragssätze automatisch die Arbeitskosten, sagt er im Gespräch mit dem Verband der Privaten Krankenkasse (PKV).

Hinzu kommt, dass der Arbeitsmarkt durch den demografischen Wandel immer angespannter wird. Hoch qualifizierte und gut organisierte Arbeitnehmer könnten in künftigen Tarifverhandlungen versuchen, ihre Nettolöhne abzusichern. „Damit wird der Faktor Arbeit in Deutschland perspektivisch stärker belastet“, warnt Pimpertz.

Prognosen zeigen alarmierende Entwicklungen

Bereits im Sommer 2024 hatte das IGES-Institut im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit prognostiziert, dass die Sozialabgabenquote bis 2035 auf bis zu 49,7 Prozent steigen könnte, wenn keine Reformen erfolgen. Die Abgabenquote umfasst Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Was nun zum Jahreswechsel geschieht, könnte laut Pimpertz der Beginn einer „längeren und durchaus dramatisch zu nennenden Entwicklung“ sein. Mit Material der AFP.

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