Studie weckt Hoffnung: Neues Bluttest-Verfahren erkennt Demenz bis zu 15 Jahren früher

  1. Startseite
  2. Welt

KommentareDrucken

Eine neue Studie macht Hoffnung auf Erkennung und Prävention neurodegenerativer Erkrankungen wie Demenz. Eine frühzeitige Erkennung mit Hilfe von Blutttests.

Shanghai – Neue Hoffnung im Kampf gegen Demenz und Alzheimer. In einer Studie haben Forscher aus China ein Bluttest-Screening entwickelt, das die Krankheiten offenbar 15 Jahre vor Auftreten der ersten Symptome erkennen kann.

Sie identifizierten vier Proteinen, die das Auftreten von Demenz im Allgemeinen sowie von Alzheimer und vaskulärer Demenz spezifisch im höheren Alter vorhersagten, wie aus der in Nature Aging veröffentlichen Studie hervorgeht. In Kombination mit konventionelleren Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Bildung und genetischer Anfälligkeit ermöglichten die Proteinprofile es den Forschern, Demenz mit einer geschätzten Genauigkeit von etwa 90 Prozent fast 15 Jahre bevor die Menschen eine klinische Bestätigung der Krankheit erhielten, vorherzusagen.

Sind Demenz und Alzheimer bald Geschichte? Ein neues Bluttest-Verfahren gibt Hoffnung © Imago

Alzheimer und Demenz: Erkrankungen nehmen laut WHO weltweit zu

Laut World Health Organisation (WHO) leiden mehr als 55 Millionen Menschen weltweit an Demenz, eine Zahl, die bis 2030 voraussichtlich auf 78 Millionen steigen wird. Etwa 70 Prozent aller Demenzerkrankungen werden durch die Alzheimer-Krankheit verursacht, wobei die vaskuläre Demenz, verursacht durch Schäden an den Blutgefäßen, 20 Prozent der Fälle ausmacht.

„Wir hoffen, dies als Screening-Kit zu entwickeln, das im NHS (d.R.: National Health Service, das staatliche Gesundheitssystem im Vereinigten Königreich) verwendet werden kann“, erklärte Prof. Jianfeng Feng, der an der University of Warwick und der Fudan University in Shanghai tätig ist, der Financial Times. Eine frühzeitige Bestätigung der Krankheit ist entscheidend, damit Patienten von zwei neuen Alzheimer-Medikamenten, Lecanemab und Donanemab, profitieren können, die derzeit für die Zulassung geprüft werden.

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat laut Berichten der Alzheimer Forschung Initiative Lecanemab bereits zugelassen und wird voraussichtlich bald über Donanemab entscheiden. Europäische Regulierungsbehörden prüfen beide Medikamente noch.

Demenz in Deutschland weit verbreitet

Zum Jahresende 2021 verzeichnete Deutschland, laut Deutsche Alzheimer Gesellschaft, fast 1,8 Millionen Menschen, die an Demenz litten, wobei Alzheimer die führende Ursache darstellt. Im selben Jahr erkrankten etwa 440.000 Menschen im Alter von 65 Jahren und älter neu an Demenz. Aufgrund des demografischen Wandels wird erwartet, dass die Anzahl der Betroffenen weiter steigen wird.

Alzheimer-Medikament Lecanemab in den USA bereits zugelassen

Um Lecanemab oder Donanemab zu erhalten, müssten die Patienten die Alzheimer-Erkrankung früh erkennen und eine Lumbalpunktion oder einen PET-Scan durchführen, um das Vorhandensein des Amyloidproteins im Gehirn zu bestätigen. Toxische Klumpen von Amyloid sind eines der Kennzeichen der Alzheimer-Krankheit. Aber die Wohltätigkeitsorganisation Alzheimer‘s Research UK schätzt, dass nur zwei Prozent der geeigneten Patienten solche Tests erhalten.

Es wird daran gearbeitet, einfache Bluttests zur Diagnose von Alzheimer zu entwickeln und einzuführen, aber selbst bei schneller Diagnose bleiben Herausforderungen bestehen. Patienten müssen die neuen Medikamente0 alle zwei Wochen per Infusion bekommen und aufgrund der potenziell tödlichen Nebenwirkungen benötigen sie regelmäßige MRT-Scans, um auf Hirnschwellungen oder -blutungen zu überprüfen.

Künstliche Intelligenz und Medizin: Wie neue KI-Verfahren der Forschung dienen

Für die neueste Studie wurden Blutproben von 52.645 britischen Erwachsenen ohne Demenz zwischen 2006 und 2010 gesammelt, eingefroren und zehn bis 15 Jahre später analysiert. Mehr als 1400 Teilnehmer entwickelten Demenz.

Die Forscher suchten mithilfe maschineller Lernverfahren nach Verbindungen zwischen fast 1500 Blutproteinen und der Entwicklung von Demenz in den folgenden Jahren. In Nature Aging beschreiben sie, wie vier Proteine, Gfap, Nefl, Gdf15 und Ltbp2, bei denen, die allgemeine Demenz, Alzheimer-Krankheit oder vaskuläre Demenz entwickelten, in ungewöhnlichen Mengen vorhanden waren.

Höhere Proteinspiegel waren Warnsignale für die Krankheit. Entzündungen im Gehirn können Zellen namens Astrozyten veranlassen, Gfap, einen bekannten Biomarker für Alzheimer, übermäßig zu produzieren. Personen mit erhöhtem Gfap hatten mehr als doppelt so häufig Demenz wie diejenigen mit niedrigeren Werten.

Bluttestverfahren aufgrund von hohen Kosten noch nicht serienreif

Ein weiteres Blutprotein, Nefl, ist mit Nervenfaserschäden verbunden, während ein höherer als normaler Gdf15 nach Schäden an den Blutgefäßen des Gehirns auftreten kann. Steigende Werte von Gfap und Ltbp2 waren eindeutig für Demenz und nicht für andere Gehirnerkrankungen, fanden die Wissenschaftler heraus, wobei Veränderungen mindestens zehn Jahre vor der Demenzdiagnose auftraten.

Die Forscher arbeiteten gemeinsam mit Unternehmen, um den Test zu entwickeln. Aber die Kosten, die derzeit bei mehreren hundert Euro liegen, müssten gesenkt werden, um den Test rentabel zu machen.

Dr. Sheona Scales, die Forschungsdirektorin von Alzheimer‘s Research UK, erklärte: „Diese neue Studie trägt dazu bei, dass sich die Beweislage verdichtet, dass die Untersuchung von bestimmten Proteinen im Blut gesunder Menschen Demenz genau vorhersagen kann, bevor Symptome auftreten.“

Bluttest-Screening für Demenzprävention noch nicht behördlich zugelassen

Weitere Studien sind erforderlich, um zu verstehen, wie gut solche Tests in diverseren Bevölkerungsgruppen funktionieren. Scales fügte hinzu: „Auch wenn Tests in Studien wie dieser vielversprechend sind, müssen sie dennoch eine behördliche Zulassung durchlaufen, bevor sie in einem Gesundheitswesen eingesetzt werden können.“

„Bluttests zeigen große Erfolge, aber bisher wurde keiner für den Gebrauch im Vereinigten Königreich validiert. In Zusammenarbeit mit der Alzheimer‘s Society, NIHR und mit großzügiger Finanzierung durch die Spieler der People‘s Postcode Lottery finanzieren wir Forschungen, um die Beweise zu liefern, die der NHS benötigen würde, um mit Bluttests zur Diagnose der Alzheimer-Krankheit voranzukommen.“ (ls)

Auch interessant

Kommentare