„Sie haben verloren“: Putin-Scherge teilt im Staats-TV mit bizarrer These zum Kalten Krieg aus
Ein Putin-Freund bezeichnet die Sicht des Westens auf den Ukraine-Krieg als „verrückt“ – und deutet das Ende vom Kalten Krieg um. Dabei sagt der Kreml was anderes.
Moskau – In einer TV-Diskussion zur „militärischen Sonderoperation“ im russischen Staatsfernsehen hat sich eine Person besonders gegen den Westen gerichtet: der Putin-Freund und Mosfilm-Generaldirektor Karen Schachnasarow. Der Westen sei demnach „verrückt“. In der Diskussion um den Ukraine-Krieg wird auch der Kalte Krieg diskutiert – ein weiteres Zeichen für die Wahrnehmung als einen neuen Kalten Krieg?
Schachnasarow kritisierte den finnischen Präsidenten Alexander Stubb laut Newsweek im staatlichen Fernsehsender Rossija 1 TV für seine Aussage, dass der „einzige Weg“ zum Frieden zwischen Russland und der Ukraine „auf dem Schlachtfeld“ sei. „Es ist einfach erstaunlich. Diejenigen, deren Existenz dank Russland bewahrt wurde und die dann ihre Staatlichkeit erhalten haben, gehören zu den ersten, die quasseln“, so der Moderator Wladimir Solowjow.

Russlands Präsident Wladimir Putin würde laut Solowjow seine Operation „trotz des schmutzigen Lärms aus dem Westen“ weiterführen. Der Moderator verlangte an anderer Stelle bereits das Territorium der Sowjetunion zurück. Das russische Staatsfernsehen ist bekannt dafür, Drohungen und extreme Thesen zum Ukraine-Krieg zu zeigen.
USA ohne „Grundlage in der Realität“? Putin-Freund sieht Sowjetunion als Sieger des Kalten Krieges
Schachnasarow spannte dies weiter und behauptete, die USA hätte mit „psychologischen Aussagen“ zum Sieg im Kalten Krieg mit Russland gelogen. „Sie glauben aufrichtig, dass sie den Kalten Krieg gewonnen haben“, sagte der Filmemacher über die USA. „Sie glauben, sie hätten tatsächlich gewonnen! Das ist die Psychologie des Siegers, und so verhalten sie sich auch.“
„Meiner Meinung nach entbehrt sie jeglicher Grundlage in der Realität. Die wahren Gründe für die Auflösung der UdSSR waren ganz andere, sie waren intern“, argumentierte Schachnasarow. „Wenn wir in die Zeit des Kalten Krieges in der UdSSR zurückgehen, warum hat man damals anders mit der UdSSR gesprochen? Weil in ihren Augen die Sowjetunion der Gewinner und sie die Verlierer waren. In Wirklichkeit hat der Westen verloren!“
„Auch wenn sich Amerika und England formell an der Anti-Hitler-Koalition beteiligten, so hatte der Westen insgesamt doch verloren“, sagte der Generaldirektor weiter. „Wir haben nichts verloren.“ Wladimir Putin würde vermutlich zumindest den zweiten Punkt anders betrachten. Laut Newsweek bezeichnete Putin den Zerfall der Sowjetunion im russischen Staatsfernsehen 2021 als „die größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts“. Damals sagte er: „Wir haben uns in ein völlig anderes Land verwandelt. Und was in 1.000 Jahren aufgebaut worden war, ging weitgehend verloren.“
Meine news
Kalter Krieg „nie wirklich zu Ende“ in postsowjetischen Staaten – einige sehen neuen Kalten Krieg
Die Mehrheit der Stimmen sieht den Zerfall der Sowjetunion als Ende des Kalten Krieges, auch wenn das genaue Datum unterschiedlich gesetzt wird. „An verschiedenen Orten endete er zu verschiedenen Zeiten. Im postsowjetischen Raum ging er nie wirklich zu Ende“, erklärte der ukrainisch-amerikanische Historiker Serhii Plokhy laut dem „Institut für die Wissenschaften von Menschen“ in Wien zum Kalten Krieg. Man habe sich nach dem Kalten Krieg weiter auf eine bipolare Weltordnung geeinigt und es sei ein „Sicherheitsvakuum“ entstanden, weil postsowjetische Länder auf ihre geerbten Atomwaffen verzichten mussten.
Der Regierungschef von Nordkorea, Kim Jong Un, nannte laut Medienberichten Ende 2023 die Situation einen „neuen Kalten Krieg“. Bereits 2021, also noch vor dem Ukraine-Krieg sprach er laut einem Beitrag von Chenjun Wang im Online-Journal „E-International Relations“ jedoch von einem „Übergang zu einer neuen Struktur des Kalten Krieges“.
Der „Henry Kissinger Distinguished“-Professor Hal Brands von der Johns Hopkins Universität nannte in einer Bloomberg-Kolumne den Ukraine-Krieg eine Art „expandierten“ Stellvertreterkrieg, der „von beiden Seiten vollständig übernommen wurde“. Während in der Ukraine viele der Nato-Länder unterstützen, suchte auch Putin vermehrt nach Verbündeten.
Experte mehr besorgt um Atomkraftwerke als um Atomwaffen – Institut warnt vor fehlender Kommunikation
Auf die Frage nach Parallelen des Kalten Krieges durch Putins „Atomwaffenkarte“ antwortete Plokhy: „Die Parallelen zwischen der aktuellen Situation und der Kubakrise wurden schon vor dem Krieg gezogen.“ Für ihn sei die Parallele erst aktuell, wenn Nato-Raketen in der Ukraine stationiert würden. Auch könne man nicht die ganze Welt bedrohen, „wenn man kein Monopol auf Atomwaffen hat“. Stattdessen müsse man sich Gedanken über einen Krieg „in einer Welt mit mehr als 400 Atomreaktoren“ machen.
Laut dem „Royal United Services Institute for Defence and Security“ in Großbritannien sei ein neuer Kalter Krieg, potenziell um die Ukraine, gefährlicher als der alte, weil die institutionalisierten Kommunikationsmechanismen und Zwänge so nicht mehr existieren würden. Rationalität bei nuklearem Krieg sei nicht genug, so das Institut im Mai 2022. (lismah)
Auch interessant
Kommentare
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir erweitern den Kommentarbereich um viele neue Funktionen. Während des Umbaus ist der Kommentarbereich leider vorübergehend geschlossen. Aber keine Sorge: In Kürze geht es wieder los – mit mehr Komfort und spannenden Diskussionen. Sie können sich aber jetzt schon auf unserer Seite mit unserem Login-Service USER.ID kostenlos registrieren, um demnächst die neue Kommentarfunktion zu nutzen.
Bis dahin bitten wir um etwas Geduld.
Danke für Ihr Verständnis!