50.000 Euro Fördergelder an Unternehmer: Hat das Land Sachsen-Anhalt einen Elektro-Porsche mitfinanziert?
Ein Unternehmer aus Sachsen-Anhalt ließ sich seinen 150.000 Euro teuren Elektro-Porsche offenbar mit Fördergeldern finanzieren. Die verantwortlichen Behörden verteidigen das Vorgehen.
Magdeburg – „Ökologisch handeln, Energieeffizienz als Wettbewerbsfaktor nutzen, die Energiewende meistern“ – mit diesem Leitmotiv unterstützt die sachsen-anhaltische Landesregierung mit ihrem Förderprogramm „Sachsen-Anhalt Energie“ Unternehmen dabei, ihre Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren. Über die Investitionsbank (IB) des Bundeslandes werden Projekte wie energetische Gebäudesanierungen, Photovoltaikanlagen oder neue, energieeffizientere Maschinen gefördert. Doch ein Fall aus dem Landkreis Harz sorgt derzeit für heftige Kritik: Laut der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) erhielt ein Unternehmer im Jahr 2020 offenbar 50.000 Euro für die Anschaffung eines Porsche Taycan 4S – einem Luxusauto im Gesamtwert von 150.000 Euro mit 571 PS sowie einer Beschleunigung von null auf 100 km/h in vier Sekunden.
Steuergelder für Luxusauto: Hat das Land Sachsen-Anhalt 50.000 Euro Subventionen für E-Porsche gezahlt?
Der Fall schlägt medial hohe Wellen – schließlich wird das Programm aus Steuergeldern finanziert. Christian Kunz, Landesgeschäftsführer des Umweltverbands Bund Sachsen-Anhalt, bezeichnet den Vorgang als „skandalös“ und spricht von einem „Versagen von Politik und Verwaltung“. Die Investitionsbank (IB) äußerte sich gegenüber dem Spiegel dagegen zurückhaltend und erklärte, den Fahrzeugtyp nicht bestätigen zu können. Diese Aussage steht jedoch im Widerspruch zu den Angaben des Unternehmers in der MZ: Er erklärte, die IB sei aktiv auf ihn zugegangen, um dafür zu werben, alte Maschinen mit Fördergeldern gegen effizientere auszutauschen.
In seinem Fall habe das bedeutet, seinen alten Porsche mit Verbrennungsmotor durch den elektrischen Taycan zu ersetzen. „Ja, ich fahre ein luxuriöses Auto, weil das mein Arbeitsplatz ist. Und ja, ich habe eine staatliche Förderung in Anspruch genommen, die einen luxuriösen Arbeitsplatz gegen einen luxuriösen Arbeitsplatz ersetzt“, sagte der Unternehmer. Die IB äußert kein direktes Dementi: „Korrekt ist, dass die Investitionsbank Sachsen-Anhalt allgemein über Förderungen informiert“, heißt es in einer schriftlichen Erklärung. „kleine und mittlere Unternehmen (KMU)“ über Fördermöglichkeiten zu informieren, sei auch „der Auftrag des Landes an die IB“, heißt es weiter.

Förderung von E-Autos seit März 2019 nur in Kombination mit weiteren Energieeffizienzmaßnahmen möglich
Doch wie konnte ein derart hochpreisiges Fahrzeug gefördert werden? Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA teilte die IB mit, dass dem Unternehmer „ein Zuschuss in Höhe von insgesamt 97.805 Euro gewährt“ worden sei. Angaben zur Verteilung der Gelder machte sie allerdings nicht – doch sie versicherte: Der Betrag halte sich an den in der Richtlinie vereinbarten Fördersatz von bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben für kleine Unternehmen. Konkret ging es innerhalb der Richtlinie damals um zwei Verordnungen: Die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) und die De-Minimis-Verordnung. Im Gegensatz zur AGVO schließt die De-Minimis-Verordnung nur Fahrzeuge mit konventionellem Benzin- oder Dieselantrieb von der Förderung aus. Elektrofahrzeuge konnten also unter De-Minimis gefördert werden.
Die Zuständigkeit für die Richtlinien reicht dabei bis in das Jahr 2016 zurück – und lag damals im von den Grünen geführten Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie. Die damalige Ministerin Claudia Dalbert hatte das Förderprogramm von der Vorgängerregierung geerbt, konkreter von Hartmut Möllring (CDU), Minister für Wirtschaft und Wissenschaft. Dalbert überarbeitete die Förderrichtlinie: „Hintergrund dafür war die Notwendigkeit einer klaren Trennung der durch EU-Mittel finanzierten Förderungen nach ihren beihilferechtlichen Grundlagen“, antwortet das heute von Armin Willingmann (SPD) geführte Ministerium schriftlich auf eine Anfrage von IPPEN.MEDIA.
Galten die Subventionen nur dem E-Porsche? IB weist Vorwürfe zurück und verweist auf Richtlinie
Auch aus den Verwaltungsvorgängen von damals sei hervorgegangen, dass die „Förderung von Elektrofahrzeugen durchaus gewollt war“, wie das Ministerium weiter erklärt – allerdings seit März 2019 nur in Kombination mit weiteren Energieeffizienzmaßnahmen im antragstellenden Unternehmen.
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Die Investitionssumme für die Energieeffizienzmaßnahmen im Unternehmen musste sogar höher ausfallen als jene für das E-Auto, erklärt das Ministerium weiter. So sei auch die Fahrzeugbestellung des Unternehmers „mit weiteren Fördergegenständen“ gekoppelt gewesen. Für die Höhe der Subventionen gelte das anscheinend nicht – vorausgesetzt die Angaben des Unternehmers stimmen: Abzüglich der 50.000 Euro für den Taycan entfielen offenbar 47.805 Euro auf andere Energieeffizienzmaßnahmen. Für die IB stellt diese Verteilung allerdings keinen Verstoß dar: „Alle relevanten Vorgaben wurden eingehalten bzw. alle Voraussetzungen erfüllt.“ Überhaupt hätten damals keine Preisvorgaben bei der Anschaffung von Elektroautos existiert.
Unternehmer kauft „nicht förderfähiger“ Sonderausstattungen für E-Porsche – IB klagt erfolgreich
Gleichzeitig erklärte die Bank, dass eine Verwendungsnachweisprüfung ergab, dass der Unternehmer Teile der Förderung für „nicht förderfähige Sonderausstattungen“ des Fahrzeugs genutzt habe. Diese Mittel seien widerrufen worden, und ein Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg bestätigte die Entscheidung.
Derartige Förderungen waren damals aber wohl keine Einzelfälle. Allerdings habe die IB „nur einzelfallbezogen die Möglichkeit, eine Auswertung bezüglich einzelner Wirtschaftsgüter vorzunehmen“. Das Kapitel ist aber ohnehin längst geschlossen: Am 12. Juli 2021 ist die Förderung von Elektro-Fahrzeugen im Rahmen des Programms „Sachsen-Anhalt ENERGIE“ ausgelaufen. Dieser Ausschluss ist laut Ministerium und IB auch bis heute noch aktuell.