Heizungs-Debakel geht weiter: Der nächste große Wärmepumpen-Hersteller meldet Kurzarbeit an

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Die Heizungsbranche durchlebt gerade schwierige Zeiten. © Wolfgang Maria Weber/Imago

Die Verunsicherung der Verbraucher und Verbraucherinnen schlägt sich massiv auf die Heizungsbranche nieder. Der große Heizungsbauer Viessmann meldet Kurzarbeit an.

Allendorf – Obwohl sie als zentraler Baustein für die Wärmewende gilt, kommt die Wärmepumpenbranche einfach nicht in Schwung. Von den erhofften 500.000 Wärmepumpen pro Jahr, die die Bundesregierung als Ziel für die Branche herausgegeben hatte, bleiben nach aktuellen Schätzungen wohl gerade mal 200.000 übrig – wenn es hochkommt. Zurückzuführen ist der Nachfrageeinbruch mutmaßlich auf die Debatten um das Heizungsgesetz (Gebäudeenergiegesetz, GEG) aus dem vergangenen Jahr.

Viessmann meldet Kurzarbeit an: Verbraucher sind sich bei Wärmepumpen nicht sicher

Verbraucher und Verbraucherinnen sind durch die Heizungsdebatten verunsichert. Und verunsicherte Menschen kaufen keine teuren Heizungsanlagen. Vor allem tun sie das nicht, wenn das Fördergeld vom Staat dafür nicht vor September 2024 ausgezahlt wird. Warum jetzt kaufen, wenn man bis in den Herbst hinein das Geld vorstrecken muss? Für viele Menschen ist das zu viel Geld, weshalb sie jetzt warten.

Das ist für die Branche toxisch. Denn wer nicht genug Wärmepumpen verkauft, spürt das früher oder später in der Bilanz – und muss anfangen zu sparen. Genau so geht es gerade einigen Firmen. Neu dazugekommen ist jetzt Viessmann in Allendorf. Wie die HNA unter Berufung auf das Unternehmen berichtet, hat Viessmann für einen Teil ihrer Beschäftigten ab 1. Juli 2024 Kurzarbeit angemeldet. In Allendorf arbeiten 4000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Es würden aber „bei Weitem nicht alle“ in Kurzarbeit geschickt.

Kurzarbeit bei Wärmepumpen-Hersteller Viessmann: Andere Heizungs-Firmen gingen schon diesen Schritt

Vanessa Ante, die Leiterin der Kommunikation bei Viessmann, sagte der HNA von IPPEN.MEDIA am Freitag, 28. Juni, dass die Kurzarbeit die Produktionsgesellschaft Viessmann Werke Allendorf GmbH am Standort Allendorf betreffe – „sowohl im direkten als auch im indirekten (Verwaltungs-)Bereich“. Die Kurzarbeit sei für die Monate Juli und August geplant.

„Weitere Entscheidungen über die Inanspruchnahme von Kurzarbeit werden in Abhängigkeit von der Marktsituation getroffen. Die abgeschlossene Betriebsvereinbarung bietet Planungssicherheit für einen Zeitraum von einem Jahr“, sagte Ante.

Auf die Frage nach den Gründen für die Kurzarbeit heißt es vom Unternehmen lediglich: „Kurzfristig gibt es in Europa etwas Gegenwind, aber Viessmann Climate Solutions ist vollends überzeugt, dass der langfristige Trend zur Elektrifizierung und Nachhaltigkeit eine noch nie dagewesene Chance bietet und dass wir für dieses Wachstum bestens aufgestellt sind.“

Neben Viessmann haben auch die großen Konkurrenten Vaillant und Stiebel Eltron bereits Kurzarbeit anmelden müssen.

Wärmepumpen-Branche hofft auf Trendwende

Viessmann ist im Zuge der Heizungsdebatte 2023 zeitweise zum Symbol des Streits geworden, als das Familienunternehmen ankündigte, das Heizungsgeschäft an Carrier Global aus den USA zu verkaufen. Der Deal ging dann für zwölf Milliarden Euro durch; zum Bereich Climate Solutions gehören unter anderem Heizkessel für Gas und Öl, Wärmepumpen, Festbrennstoffkessel und Solarthermie, aber auch stromerzeugende Heizungen, Warmwassersysteme und Wohnungslüftungssysteme.

Die Hoffnung von Viessmann – und auch allen anderen Herstellern für Wärmepumpen – war wohl, dass sich durch die neuen politischen Vorgaben ein Boom bei der Nachfrage nach Wärmepumpen ergeben würde. Um die Produktion hochzuskalieren, wurde entsprechend überall viel investiert – was auch einer der Gründe der Viessmanns war, das Klimageschäft zu verkaufen. Carrier Global habe schon viel Erfahrung in der Produktion von hohen Stückzahlen, so das Argument. Andere Hersteller, wie Vaillant, haben im Ausland große neue Produktionsstätten aufgebaut.

Nachfrage bei Wärmepumpen bricht ein – „Mythen, Polarisierung und Populismus“

Und nun das: Die Nachfrage kommt ins Stocken. Die Heizungsbauer haben in den ersten drei Monaten 2024 in Deutschland fast ein Drittel weniger Anlagen verkauft als noch vor einem Jahr. Der Absatz sei um 29 Prozent auf 217.500 Anlagen zurückgegangen, teilte der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) mit. Der Absatz von Wärmepumpen ging um 52 Prozent zurück, der von Biomasse-Anlagen um 81 Prozent. Bei den Gasheizungen lag das Minus bei 17 Prozent. Allein Ölheizungen legten zu – um 27 Prozent auf 27.500 Anlagen. Ein Debakel für die Industrie, die im politischen Berlin die Verantwortlichen sitzen sieht – aber auch bei den Medien.

Der Wirtschaftswoche sagte Max Viessmann dazu vor wenigen Wochen: „Was rund um die Wärmepumpe passiert ist, ist an Dramatik nicht zu überbieten. [...] Eine Technologie, die nachweislich effizienter ist und Vorteile hat, wurde kaputt geredet. Was an Mythen verbreitet wurde, an Polarisierung und Populismus stattgefunden hat, hat mich fassungslos gemacht.“ Angesichts der angemeldeten Kurzarbeit bei Viessmann dürfte seine Fassungslosigkeit nicht weniger geworden sein.

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