„Gibt keinen Planeten B“: Oberbayerischer Astrophysiker beschäftigt sich jetzt mit Klimawandel
Einst drückte er im Penzberger Gymnasium die Schulbank. Heute ist Leonard Burtscher ein renommierter Astrophysiker. Kürzlich kehrte er für einen Vortrag an seine alte Schule zurück. Im Gepäck: Eine Mission für die Erde.
Ein Habacher, der auszog, um das Weltall zu erforschen und auf der Erde landete. Dieser Satz passt perfekt zu Leonard Burtscher, den die Liebe zu den unendlichen Weiten des Universums schon früh in seinem Leben packte. Mittlerweile ist der gebürtige Habacher, der das Gymnasium in Penzberg besuchte, ein renommierter Astrophysiker. Für seinen Vortrag mit dem Titel „Gibt es einen Planeten B?“ kehrte er kürzlich an seine ehemalige Schule zurück, an der er 2001 Abitur gemacht hatte.
Sternenhimmel in Habach besonders gut zu sehen
Dass er Astrophysiker wurde, daran haben der nächtliche Sternenhimmel über dem Habach seiner Kindheit ebenso Anteil wie die Sternwarte, die während seiner Schulzeit am Gymnasium errichtet wurde. Als er Kind gewesen sei, habe es in Habach nur wenige Straßenlaternen gegeben. Umso besser habe er deshalb des Nachts die Sterne sehen können, erzählt er im Gespräch mit der Heimatzeitung. Gerne habe er schon damals hochgeschaut in den Himmel und sich bald sein erstes Teleskop gewünscht. Als das Gymnasium dann die Sternwarte bekam, war Burtscher einer der ersten Schüler, die bei der „AG Astronomie“ mitmachte. Und im „Sternwarte Penzberg“-Verein ist er bis heute Mitglied.

Nach dem Abitur studierte Burtscher – der übrigens bei aller Liebe zu Sternen und Sternbildern nicht an Horoskope glaubt – Physik in Würzburg und im schottischen Edinburgh. Anschließend promovierte er am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg über aktive Galaxien und Interferometrie und arbeitete dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München.
Zwischen 2016 und 2020 sei er dann vier Jahre an der Universität Leiden in den Niederlanden tätig gewesen, wo „die älteste Sternwarte der Welt“ stehe. Weil seine Frau und die drei Kinder (heute acht, zwölf und 16 Jahre alt) aber gerne zurück nach Deutschland wollten, kehrte die Familie nach Garching zurück. Bis heute sei er aber weiterhin „als Gast“ an der Universität Leiden tätig.
Fokus verlagerte sich auf Klimawandel
Doch in den Jahren, die auf diese Auslandszeit folgten, drängte der Fortschritt des Klimawandels Leonard Burtschers Leidenschaft fürs Weltall immer weiter in den Hintergrund, und ließ ihn mittlerweile sogar seine berufliche Richtung ändern. Denn der Klimawandel sei einfach „immer deutlicher geworden“. Und die Astrophysik habe als sehr energie-intensive Forschung, mit all ihren Hochleistungscomputern, dazu ihren Beitrag geleistet. „Sie ist mitverantwortlich, dass die Klimakrise eskaliert.“ Um etwas gegen den Klimawandel zu tun, arbeitet Burtscher mittlerweile hauptberuflich am Umweltinstitut München, einer sogenannten Nicht-Regierungsorganisation, mit dem Ziel der „Erforschung und Verminderung der Umweltbelastung“. Das Umweltinstitut positioniert sich unter anderem gegen Kernkraft, für die Energiewende, für ökologischen Landbau und den Verbraucherschutz. Hier sei er im Bereich Klima- und Energiepolitik tätig, so Burtscher. Seine Aufgabe sei es beispielsweise, Vorschläge für künftige Klimagesetze der Bundesregierung zu erarbeiten, weshalb er viel in Berlin sei, um hier unter anderem mit Abgeordneten des Bundestages zu sprechen. Außerdem engagiere er sich im Verein „Astronomers for Planet Earth“. In seiner Freizeit besucht er gerne Konzerte, radelt und liest Bücher; aktuell etwa die „Mars Trilogie“ von Kim Stanley Robinson.
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Über Vorträge wie den am Penzberger Gymnasium erzähle er seinen Zuhörern davon, was Beobachtungen im Weltall für das Leben auf der Erde bedeuten, um so mehr Bewusstsein für den einmaligen Wert der Erde zu schaffen. Beispielsweise die Beobachtung, dass es zwar weit, weit weg „höchstwahrscheinlich“ einen ähnlichen Planeten gebe. Dieser sei aber schlichtweg unerreichbar für die Menschheit, als dass sie sich dorthin flüchten könnte, sollte sie eines Tages die Erde wirklich zerstört haben. „Es gibt keinen Planeten B“, betont Burtscher. Diese Tatsache untermale er gerne mit Fotos, in denen man aus dem Weltall auf den blauen Planeten blickt und realisiert: „Die Erde ist eine grüne Oase. Und drumherum ist nur gähnende Leere und eine lebensfeindliche Umgebung. Wir müssen diese grüne Oase schützen. Wir haben nur diese eine.“
Derzeit arbeite er an einem Projekt im Bereich der Energie-Effizienz. Auch beim sogenannten Energie-Effizienzgesetz habe er mitgearbeitet und sei auch als Sachverständiger im Bundestag gehört worden. Dieses Gesetz verpflichtet Behörden, Unternehmen und Rechenzentren entsprechend der EU-Vorgaben ab 2024 Maßnahmen zur Einsparung von Energie zu ergreifen.
Arbeit mit Bundesregierung soll fortgesetzt werden
Seine Arbeit werde er auch unter der neuen Bundesregierung fortsetzen, so Burtscher. „Die Klimawende braucht mehr Aufmerksamkeit“, wünscht er sich. Dazu möchte er auch weiterhin beitragen – ob als Sachverständiger am Umweltinstitut oder als Astrophysiker, weiß er noch nicht so genau. Nur eines weiß er sicher: Auch, wenn er jetzt mehr für den Erhalt der Erde kämpft als für die Erforschung des Weltalls: „Meine Faszination für Astronomie werde ich mir immer behalten.“
Der Vortrag an seiner ehemaligen Schule in Penzberg habe ihm „viel Spaß“ gemacht. Eine weitere Veranstaltung sei „in nicht allzu fernen Zeit“ angedacht.