Trotz Krise über 10.000 unbesetzte Stellen: Autobranche sucht weiter Fachkräfte
Während die Misere der Autoindustrie anhält, suchen Arbeitgeber weiter händeringend nach Beschäftigten. Tausende Stellen blieben unbesetzt, es fehlt vor allem an Fachpersonal.
Kassel – Absatzmangel und Rückrufe, Personalabbau und Werksschließungen: 2024 ist ein Krisenjahr für die deutsche Automobilbranche, die wegen Chinas Vorreiterrolle auf dem Elektroauto-Markt und drohenden US-Strafzöllen unter der künftigen Präsidentschaft Donald Trumps weiter unter Druck gerät. In einer Situation wie dieser sind deutsche Autobauer mehr denn je auf Fachkräfte angewiesen. Eine neue Erhebung jedoch zeigt, dass in den vergangenen anderthalb Jahren Tausende Stellen bei Automobilunternehmen unbesetzt geblieben sind. Vor allem auf der Suche nach hoch qualifizierten Arbeitskräften seien Arbeitgeber in vielen Fällen nicht fündig geworden.
„Die Branche braucht dringend qualifiziertes Personal für die digitale und ökologische Transformation“
Wie das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in einer aktuellen Studie herausfand, blieben zwischen Juli 2023 und Juni 2024 rund 10.300 Stellen in der deutschen Automobilindustrie unbesetzt. Und das, obwohl der Fachkräftebedarf wegen des Mobilitätswandels und der Einführung neuer Techniken nach wie vor hoch ist, wie Studienautor Jurek Tiedemann der Deutschen Presse-Agentur (dpa) verriet.

„Die Branche braucht dringend qualifiziertes Personal für die digitale und ökologische Transformation“, betonte er. Das gelte auch in wirtschaftlich unruhigen Zeiten wie den gegenwärtigen. Im laufenden Jahr werden in regelmäßigen Abständen neue Negativschlagzeilen und Krisenmeldungen deutscher und europäischer Automobilbauer und -zulieferer publik.
So vermeldete der Autozulieferer Continental aus Hannover zuletzt, im dritten Quartal des Jahres weniger Umsatz erzielt zu habe als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Und auch Audi könnte in den kommenden Jahren rund 4500 Stellen in Deutschland abbauen, wie jüngst bekannt wurde. Zusätzliche Unsicherheit zu der aktuell ohnehin schwierigen Situation deutscher Autobauer hatte zuletzt der US-Wahlsieg des Republikaners Trump gegeben, der die deutsche und europäische Wirtschaft mit Strafzöllen künftig hart treffen könnte.
Betriebswirte, Informatiker und Ingenieure sind bei Autobauern besonders gefragt
Gegenüber dem Vorjahr hätten sich Fachkräftelücken in der Branche zwar spürbar verkleinert und seien um fast ein Drittel geschrumpft, so die Forscher. Bei Facharbeitern mit abgeschlossener Berufsausbildung sei die Zahl der unbesetzt gebliebenen Stellen aber sogar um 7 Prozent auf insgesamt gut 3400 angestiegen.
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Bei Experten mit Hochschul-Diplom oder Master-Abschluss sei die Zahl dagegen um 43 Prozent gefallen, wobei sie mit mehr als 6300 unbesetzten Stellen aber weiterhin auf einem vergleichsweise hohen Niveau liegt. Bei deutschen Autobauern besonders gefragt seien aktuell vor allem Betriebswirte, Informatiker und Ingenieure. Wie aus der Studie weiter hervorging, fehlt es der deutschen Automobilindustrie außerdem an mehr als 500 Spezialisten, wie etwa Meistern oder Fachwirten.
Rückläufige Autoproduktion wirkt sich kaum auf die Beschäftigungslage aus
Zu Beginn des Vormonats (4. Oktober) veröffentlichte der Verband Deutscher Automobilbauer (VDA) neue Zahlen zur Autoproduktion, die in den ersten drei Quartalen des anhaltenden Jahres rund ein Prozent unter dem Vorjahresniveau lag. Auf die Beschäftigung allerdings hab die rückläufige Autoproduktion bisher nur kaum Auswirkungen gehabt, wie das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung in seiner jüngsten Studie zur Beschäftigungssituation in der deutschen Automobilindustrie schreibt,
Obwohl 2023 in Deutschland fast 27 Prozent weniger Autos gebaut wurden als 2014, sei die Anzahl an Beschäftigten innerhalb der Branche größtenteils stabil geblieben. 2023 lag sie mit 767.000 sogar sieben Prozent höher als 2014. Seit dem Höchststand 2019 habe es hier nur einen minimalen Rückgang gegeben.
Deutschlands führender Autobauer Volkswagen hatte jüngst erklärt, wegen der schwachen Auslastung und hoher Kosten betriebsbedingte Kündigungen und sogar Werksschließungen nicht länger auszuschließen. Der Betriebsrat sprach von zehntausenden Jobs, die bei der Kernmarke VW mit ihren bisher rund 120.000 Mitarbeitern bedroht sind. Auch mehrere Zulieferer wie Continental und ZF haben angekündigt, Stellen abzubauen.