Nach Provokationen in der Region: Wie die Ostsee-Staaten Bedrohungen durch Russland abwehren wollen

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Nach zahlreichen Provokationen Russlands wollen die Ostsee-Staaten ihr gemeinsames Vorgehen abstimmen. Außenministerin Baerbock äußert sich vorab deutlich.

Porvoo – In Finnland beraten derzeit die Außenministerinnen und Außenminister des Ostseerates über die Konsequenzen aus den jüngsten russischen Provokationen in der Region. Ziel des Treffens ist unter anderem die Stärkung der Krisenvorsorge und die Widerstandsfähigkeit gegen Putins Russland im Ostseeraum. Außerdem beraten die Teilnehmer über einen umfassenden Ansatz zur Abwehr hybrider Bedrohungen durch Russland. Dazu werden Cyberangriffe und Desinformationen als Waffen in Auseinandersetzungen gezählt.

Ende Mai hatte Russland Markierungen im Grenzfluss Narva zu Estland entfernt, der die Grenzlinie zwischen den beiden Nachbarländern und die östliche Außengrenze von EU und Nato markiert. Zudem gab es Irritationen über mögliche Pläne Russlands für eine Anpassung der Seegrenzen im Finnischen Meerbusen und an der auch an Litauen grenzenden Exklave Kaliningrad. Wegen Störungen der GPS-Satellitennavigation im Ostseeraum hatte Estland Anfang Mai den Geschäftsträger der russischen Botschaft in Tallinn einbestellt.

Ostseerat trifft sich in Finnland: Mehrere Staaten äußern Bedenken

Auch aus Schweden kamen unlängst Bedenken. Der oberste Befehlshaber des schwedischen Militärs, Micael Bydén, warnte Anfang Juni vor dem Machtstreben Putins im baltischen Binnenmeer. Putin könnte eine strategisch bedeutende Ostsee-Insel im Blick haben, sagte Bydén den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Ich bin sicher, dass Putin sogar beide Augen auf Gotland geworfen hat. Putins Ziel ist es, die Kontrolle über die Ostsee zu erlangen“, sagte der Armeechef.

Patrouillienflug mit einer P3C Orion der Bundesmarine *** NUR FUeR REDAKTIONELLE ZWECKE *** EDITORIA
Ein Bundeswehr-Soldat überwacht den See- und Luftraum über der Ostsee (Archivbild). © IMAGO/

Die 3184 Quadratkilometer große Insel Gotland liegt an einer strategisch wichtigen Stelle, zwischen dem schwedischem Festland und Lettland direkt am Zugang zum Bottnischen und zum Finnischen Meerbusen. Außerdem liegt Gotland nur 250 Kilometer nördlich von der russischen Exklave Kaliningrad. Dort liegt Russlands mächtige Ostsee-Flotte stationiert.

Außenminister-Treffen in Finnland: Baerbock kündigt gemeinsame Reaktion auf russische Provokation an

Am Donnerstag (13. Juni) kündigte Außenministerin Annalena Baerbock eine gemeinsame Reaktion der demokratischen Ostsee-Anrainerstaaten auf die russischen Provokationen in der Region an. „Wenn Russlands Nadelstiche versuchen, uns zu spalten, rücken wir enger zusammen“, erklärte die Grünen-Politikerin. Baerbock fügte mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin hinzu: „Sicherheit bedeutet heute auch im Ostseeraum Sicherheit vor und nicht mit Putins Russland.“

Auf engstem Raum durchzögen Datenkabel, Schifffahrtswege und Windkraftanlagen wie Lebensadern den Ostseeraum und würden die freien Gesellschaften verbinden, sagte Baerbock. „Wenn komplexe hybride Bedrohungen – von GPS-Störungen über Sabotage an Unterwasserkabeln bis zu Desinformationskampagnen in sozialen Medien – an der Tagesordnung sind, stellen wir uns dem als demokratische Ostseeanrainer gemeinsam entgegen“, versicherte die Bundesaußenministerin.

Baerbock bei Ostseerat: Nato stellt „Sicherheitsschirm über der Ostsee“ dar

Die Nato sei mit dem Beitritt Finnlands und Schwedens „inzwischen unser gemeinsamer Sicherheitsschirm über der Ostsee“, sagte Baerbock. „Als maritime Nachbarn rund um die Ostsee sind wir uns einig: Wir wollen gemeinsam unsere Freiheit und Sicherheit im Ostseeraum schützen – jetzt und für künftige Generationen.“

Schweden war der Nato am 7. März beigetreten und hatte vor wenigen Tagen angekündigt, sich an der Überwachung des Luftraums unter dem Kommando des Militärbündnisses zu beteiligen. Demnach sollen schwedische Kampfflugzeuge im Rahmen des „Nato Air Policing“ vor allem über dem Baltikum eingesetzt werden. Wie sein Nachbar Finnland hatte Schweden unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine nach langjähriger militärischer Bündnisfreiheit die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Finnland war im April 2023 Nato-Mitglied geworden. Inzwischen hat Russlands Präsident Wladimir Putin die Aufstellung zusätzlicher Truppen und Waffensysteme an der Grenze zu Finnland angekündigt.

Ostseerat tagt in Finnland: Russland seit 2022 nicht mehr Mitglied

Für Freitagmittag ist eine Pressekonferenz mit Baerbock, ihrer finnischen Kollegin Elina Valtonen und dem estnischen Außenminister Margus Tsahkna angesetzt. Der Ostseerat wurde 1992 auf Initiative der Außenminister Deutschlands und Dänemarks gegründet, um die politische und wirtschaftliche Transformation des Ostseeraums zu unterstützen und die Region zu stabilisieren. Mitglieder sind die acht Ostseeanrainer Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Litauen, Lettland, Polen und Schweden sowie Island, Norwegen und die EU. Als Folge des Ukraine-Kriegs wurde die russische Mitgliedschaft im März 2022 suspendiert, im Mai 2022 trat Russland aus dem Ostseerat aus. (fmü/dpa)

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