Ständige Einsätze an tief verschneiten Zugspitze-Klettersteig: Retter bitten Bergtouristen, im Tal zu bleiben
Viele Touristen gehen schlecht vorbereitet in einen verschneiten Klettersteig und geraten in Not. Die Bergretter in Tirol appellieren an ihre Gäste, unten zu bleiben.
Ehrwald – Die Tage werden immer kürzer, oberhalb von 2000 Metern liegt in den Alpen Schnee, viel Schnee sogar. Dennoch versuchen viele Bergtouristen den beliebten Stopselziehersteig auf der Westseite der Zugspitze zu erklimmen. Viele gehen zu spät los, manche haben keinen Helm oder keine Klettersteigausrüstung dabei. Die Folge: Bergretter im Dauereinsatz.
„An alle Bergsteiger, welche vorhaben, über die Wiener Neustädter Hütte und dem Stopselzieher auf die Zugspitze zu steigen: Wir haben aktuell fast jeden Tag abends und nachts Einsätze“, schreibt die Bergrettung Ehrwald auf der Tiroler Seite auf Facebook. Die Gründe: „Weil, die Zeit nicht ausreicht, um auf den Gipfel zu kommen und es früh dunkel wird und die Bergsteiger vom Steig abkommen. Falsche Spuren im Schnee zeigen den falschen Weg an“.
Bergtouristen versinken bis zu den Hüften im Schnee und finden die Sicherungsseile nicht
Die eindringliche Warnung: „Bitte bleibt im Tal, wenn ihr nicht 100-prozentig sicher seid. Wir gehen ein nicht zu unterschätzendes Risiko für euch ein und so eine Bergung kann schnell recht teuer werden.“ Was ist da los? „Wir hatten in den vergangenen zwei Wochen zehn Personen vom Stopselziehersteig geholt“, berichtet Robin Lutnig von der Bergrettung Ehrwald.

Dabei handelt es sich um einen Klettersteig, der von der Wiener Neustädter Hütte auf 2209 Metern Höhe zum Gipfelkreuz der Zugspitze auf 2962 Meter Höhe führt. „Der Steig ist eigentlich nicht schwer“, berichtet Lutnig weiter. „Ab 2000 Metern liegt aber jetzt Schnee, der sich in Rinnen ansammelt, ab 2500 Metern Höhe herrscht eine geschlossene Schneedecke.“
Das Problem dabei: „Man sinkt hüfthoch in den sehr weichen nassen Schnee ein, was die Tour sehr anstrengend macht.“ Teile des Klettersteigs sind normales Gehgelände, Teile sind Kletterpassagen mit fest montierten Seilen. „Diese Seile sind derzeit teilweise unter Schnee begraben und darum schwer zu finden“, berichtet der Bergretter weiter.
Bergtouristen unterschätzen aufs gröbste die Schneesituation im Hochgebirge
Diese Schwierigkeiten kalkulieren viele Klettersteiggeher aber offenbar nicht ein. „Sie unterschätzen den Schnee und es wird früh dunkel.“ Oft bekämen die Bergtouristen Panik. „Manche haben dann auch die falsche Ausrüstung dabei. Manche machen sich zu spät Gedanken, wie es wieder heruntergeht. Die Seilbahn vom Gipfel nach unten fährt nur bis 17 Uhr. Wenn sie in Verzug sind, denken sie viel zu spät ans umdrehen.“
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Wenn dann die Bergrettung gerufen wird, sind im Schnitt fünf Einsatzkräfte vier Stunden lang unterwegs, neben den Ehrwalder Bergrettern sind auch oft die Kameraden aus Lermoos oder dem bayerischen Grainau dabei. Meist läuft der Einsatz laut Lutnig so ab: „Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Tiroler Zugspitzbahn, die uns dann nach oben fährt. Wir gehen dann von oben nach unten zum Einsatzort und schauen erst mal, ob es medizinische Probleme gibt.“
Die Einsätze der Tiroler Bergretter werden für die Touristen richtig teuer
In den beiden Wochen seien die Kletterer weitgehend unverletzt geblieben, sodass sie zu Fuß weiter gehen konnten. Lutnig: „Wir geben ihnen dann Helme und Stirnlampen, so weit sie nicht vorhanden sind und begleiten sie an unserem Seil gesichert nach unten.“

Dass um diese Jahreszeit so viel Schnee an der Zugspitze liegt, ist Lutnig zufolge nichts Besonderes. „Der Schnee fällt oft schon Ende August.“ Was das Alter der Geretteten betrifft, sagt er: „Quer durch die Bank.“ Eines haben sie aber gemeinsam, sie müssen den Einsatz zahlen. Lutnig: „Wir stellen das in Rechnung, das kostet etwa 1500 bis 2000 Euro.“ Wer keine Versicherung hat oder Mitglied beim Alpenverein ist, müsse den Einsatz aus der eignen Tasche bezahlen.
Schon vor einem Monat war die Schneelage an der Zugspitze enorm. Ein Bergführer drohte mit einer „Watschn“, falls Bergsteiger durch das Höllental auf der bayerischen Seite auf die Zugspitze gehen wollten. An der verschneiten Hohen Munde in Tirol verunglückte kürzlich ein junger Deutscher tödlich. Schon im September waren die Bergretter im Dauereinsatz. Bei Berchtesgaden (Bayern) donnerte nahe der österreichischen Grenze sogar eine Lawine durch das Küchenfenster einer Berghütte. Im Tiroler Karwendel kam ein Bergwanderer in einer Lawine ums Leben.