Umfrage zeigt: Europa-Skepsis der Bayern wächst rapide – CSU baut Vorsprung auf Aiwanger aus
Der „Bayerntrend“ des BR zeigt: Die Stimmung im Freistaat ist schlecht. Doch die CSU legt zu, und die AfD profitiert auch mit Blick auf die Europawahl nicht so stark wie erwartet.
München/Banz – Vielleicht ist das in diesen aufgeregten Zeiten eine gute Idee: Die CSU holt sich jetzt Beratung von einem Psychologen. Stephan Grünewald, Bestseller-Autor und Marktforscher, spricht mit der Regierungspartei auf ihrer Banz-Klausur ausführlich über Angst. Wovor sich die Wähler fürchten? Es geht um Ohnmachtsgefühle gegenüber unsichtbaren Viren und großen Kriegen, um die Angst vor einem Substanzverlust der Republik und vor gesellschaftlicher Entzweiung. Grünewalds klarer Rat an die Politiker: Seid ehrlich! Tut nicht so, als bliebe die Welt immer so, wie sie ist!
Man sieht die Abgeordneten teils recht beseelt aus der Runde kommen. Die Resultate bestätigen eher den Kurs des neuen Fraktionschefs Klaus Holetschek, klarer über Probleme zu reden, kantiger aufzutreten, Stichworte Migration und Sicherheitspolitik. Hinzu kommt, dass auch neue Umfragewerte etwas Druck von der CSU nehmen. Von ihrem historischen Tiefststand bei der Landtagswahl im Oktober, 37 Prozent, hat sie sich erholt.
Grüne und SPD verlieren in Bayern-Umfragen – AfD und Aiwanger profitieren nicht
Auf 40 Prozent schätzt der aktuelle BR-„Bayerntrend“, der ebenfalls in die CSU-Klausur platzt, die Partei derzeit – während die Parteien der Ampel-Koalition weiter verlieren. Grüne und SPD würden mit 13 (14,4 Prozent) und 7 (8,4 Prozent) nicht an ihre Landtagswahlergebnisse heranreichen. Die FDP bleibt bei drei. Die AfD wäre mit 15 Prozent etwas stärker (14,6). Auch der Zuspruch zum Koalitionspartner Freie Wähler bröckelt (15,8 auf 13 Prozent) – im täglichen Fingerhakeln mit Hubert Aiwanger um die ländliche Bevölkerung machen die Christsozialen also weiter Boden gut.

Interessant ist die Erhebung deshalb mit Blick auf die Sonntagsfrage zur Europawahl. Die Grünen fallen deutlich zurück, auf 13 statt 19,1 Prozent bei der letzten Wahl. Die SPD verliert leicht auf acht. Die CSU dagegen käme aktuell auf 43 Prozent (2019: 40,7) und wäre damit klar stärkste Kraft.
Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil 2019 mit Manfred Weber ein Bayer sogar europaweit als Spitzenkandidat für die Europäische Volkspartei angetreten war. Die Freien Wähler könnten bei der Europawahl mit neun Prozent (5,3 Prozent) rechnen, die AfD hätte 13 Prozent (8,5) – was aber deutlich unter dem Bundesschnitt liegen dürfte. Das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht, das erstmals antreten will, käme in Bayern auf drei Prozent.
Umfrage in Bayern: 59 Prozent der Menschen sind beunruhigt
Bemerkenswert ist, dass die EU-Skepsis im Freistaat in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Sprach sich im Mai 2019 mehr als die Hälfte der Bayern (57 Prozent) für eine vertiefte Zusammenarbeit der Mitgliedsländer und die Abgabe weiterer Zuständigkeiten an Brüssel aus, vertritt das aktuell nur noch jeder Dritte (33 Prozent). Das bedeutet ein Minus von 24 Prozentpunkten! Deutlich zugenommen (+16) hat dagegen die Zahl derer, die Zuständigkeiten eher zurückholen wollen: 39 Prozent sehen die nationale Ebene im Vordergrund. Bei Anhängern der FW finden das 61 Prozent, bei der AfD sogar 75.
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Trotzdem glauben noch 70 Prozent, dass die Europäische Union eine gute Idee ist – wenn auch hier ein leichtes Minus von sechs Prozentpunkten seit 2019 verzeichnet wird. 60 Prozent meinen aber, die EU mische sich in zu viele Dinge ein. Die Zahl derer, die glaubt, die EU helfe Bayern auch wirtschaftlich, fällt um drastische 20 Punkte auf 51 Prozent.
Womit wir wieder beim Psychologen Grünewald und den Ohnmachtsgefühlen wären. Die Grundstimmung hat sich gegenüber Herbst nochmals eingetrübt. 59 Prozent der Bayern blicken eher beunruhigt auf ihre Lage. Das ist mehr als zuletzt – aber immer noch deutlich weniger als im Bund. Da waren zuletzt 83 Prozent besorgt. (cd/mik)