Trotz AfD-Wahlsieg: Warum Björn Höcke vor allem bei einer Wählergruppe unbeliebt ist

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Björn Höcke verliert in seinem Wahlkreis, ein Wesenszug mache ihn bei manchen unbeliebt, sagt ein Politologe. Doch Höcke sei „ideologisch konkurrenzlos“.

Erfurt – Björn Höcke hat Triggerpotenzial. Zwar hat gut jeder dritte Thüringer die AfD gewählt, deren Landeschef er ist. Doch so richtig beliebt ist der Mann nicht unbedingt bei den Leuten. Wenn man in Greiz, seinem Wahlkreis, seinen Namen im Gespräch fallen lässt, dann winken manche ab, als hätte man ein Schimpfwort gesagt. Sogar AfD-Sympathisanten, die dann sagen: „Die AfD wähl ich, aber den Höcke nicht.“

AfD-Wahlsieg in Thüringen – aber Höcke geht im Wahlkreis als Verlierer hervor

So ging Höcke in seinem Wahlkreis als Verlierer hervor, CDU-Kandidat Christian Tischner holte dort mehr Stimmen als er. Dabei hatte der AfD-Landeschef seinen Wahlkreis vor einigen Monaten schon aus „wahltaktischen Gründen“ geändert, wie es damals hieß. Denn in seinem eigentlichen Heimatwahlkreis im Eichsfeld rechnete er sich noch weniger Chancen aus.

„Es ist nicht ungewöhnlich, dass er in der Gesamtwählerschaft nicht sehr beliebt ist. Das gilt für andere Landespolitiker der AfD genauso“, sagt Politikberater Johannes Hillje. Allerdings verstehe ein Teil der AfD-Wählerschaft sich explizit nicht als rechtsextremistisch. „Diese Leute fremdeln mit Höcke.“

Höcke inszeniert sich als Messias: „Er kommt nicht so rüber wie Tino Chrupalla“

Und wegen eines anderen Phänomens ist Höcke einem Teil selbst der AfD-Wähler unsympathisch. „Er kommt nicht so rüber wie ein Tino Chrupalla, der sich als Mann aus dem Volk inszeniert. Höcke inszeniert sich hingegen überhaupt nicht wie einer von den sogenannten kleinen Leuten. Sondern wie der Messias“, sagt Hillje.

Höcke hat in den letzten Jahren einen regelrechten Personenkult um sich herumgesponnen, gibt sich als „Retter des deutschen Volkes“. Seine Art zu sprechen wirkt bisweilen umständlich, kompliziert, verkopft. Und seine Reden triefen derart vor Pathos, das gefällt nicht jedem. „Er gibt sich elitär. Und das mögen viele Menschen, die gegenüber elitären Strukturen abgeneigt sind, nicht. Bei denen ist er unbeliebt“, erklärt Hillje.

TV-Auftritte vor Thüringen-Wahl: Höcke wirkt schwach

Indes wirkte Höcke zuletzt bei direkten Konfrontationen oft unbeholfen, vor allem bei den TV-Duellen machte er einen schwachen Eindruck. Das hat auch Johannes Hillje beobachtet: „Björn Höcke wirkte bei den TV-Duellen im Wahlkampf nervös und genervt. Die TV-Auftritte haben ihm nicht genutzt.“

Auch innerhalb der Partei kam das nicht gut an, Höckes Stern sei gar im Sinken, munkelte man zuletzt. Dass es zu einer Revolte innerhalb der Thüringer gegen Höcke kommt, daran zweifelt Politologe Hillje allerdings: „Björn Höcke hat zum ersten Mal einen AfD-Wahlsieg bei einer Landtagswahl herbeigeführt. Das dürfte seine Position stärken. Man weiß, was man ihm zu verdanken hat.“

Will Thüringens AfD-Chef Björn Höcke in den Bundestag?

Auch Gerüchte, dass Höcke zeitnah in den Bundestag wechseln will, hält er für wenig plausibel. „Davon hätte er nur etwas, wenn er gleich den Fraktionsvorsitz übernehmen könnte.“ Das Thema allerdings hat Höcke bislang immer umschifft. „Höcke plant und denkt sehr langfristig. Er ist noch nicht sehr alt für einen Politiker und hat Zeit, seine Karriere zu planen. Ich glaube, er wartet den richtigen Augenblick ab, um in die Bundespolitik zu gehen“, schätzt Hillje.

Höckes Position in Thüringen sei komfortabel, er könne von dort eine Macht ausüben, die weit über seinen Landesverband hinausreiche. Auch wenn viele vom Personenkult genervt seien. „Zum Teil ist das meines Erachtens Neid, aber auch bei manchen ein Fremdeln mit dem ungeschminkten Extremismus von Höcke“, so Hillje. Innerhalb der AfD gebe es zwar keine konkurrenzfähige Gegenströmung mehr, aber: „Nicht alle AfD-Politiker sind rechtsextremistisch. Die historischen Aufladungen und Parallelen zum NS sorgen bei manchen für Befremden.“ Björn Höcke sei „ideologisch konkurrenzlos in der AfD“, sagt Hillje.

Auch interessant

Kommentare