„Muss es erst Tote geben?“: Grüne wollen Verkehrsberuhigung in Starnberger-See-Gemeinde
Es geht ihnen um sichere Schulwege und die Verkehrswende. Münsings Grüne suchen nach einer Lösung in der leidigen Verkehrsdebatte.
„Muss es in Münsing erst Tote geben, bevor sich etwas ändert?“ Diese Frage wurde am Dienstagabend mehrfach gestellt. „Sichere Schulwege und Verkehrswende in Münsing“ – zu diesem Thema hatten Münsings Grünen mit Gemeinde- und Kreisrätin Christine Mair als Moderatorin ins Alte Schulhaus in Holzhausen eingeladen. Gäste und Experten zum Thema Verkehrswende waren Bernadette Felsch, Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Bayern, und Dr. Markus Büchler, Landtagsabgeordneter und Sprecher für Mobilität für Bündnis90/Die Grünen. Büchler war per Videoschaltung dabei.
„Verkehrsberuhigung ist eines meiner Lieblingsthemen“, meinte er, „weil es ein Thema ist, mit dem man sich vor Ort beschäftigen kann. Und es ist ein Thema, mit dem man relativ schnell Verbesserungen vor Ort erreichen kann.“ In Münsing gebe es viele kritische Stellen, die bislang nicht geändert werden konnten, da nach der alten Straßenverkehrsordnung (STVO) die Kommunen keine Möglichkeit hatten, Änderungen zu beantragen. Mit dem neuen Straßenverkehrsgesetz, das voraussichtlich dieses Jahr noch in Kraft treten wird, hätten die Kommunen deutlich bessere Möglichkeiten, die Verkehrssituation zu verändern, auch wenn es sich um Kreis- und Staatsstraßen handelt, die nicht in ihrer direkten Verantwortung liegen. Gemeinden haben jetzt erstmals das Recht, selbstständig Anträge mit neuen Begründungen einzureichen, die die Landratsämter nur schwer ablehnen können.
Kommunen dürfen feste Blitzer aufstellen - „Autos fahren 70 oder 80“ statt 50
Dringenden Handlungsbedarf sehen mehrere Zuhörer für die Ortsdurchfahrten von Münsing und Holzhausen. In Holzhausen „wurde nichts verbessert, es ist sogar schlimmer geworden. Viele Autos fahren statt des vorgeschriebenen Tempos 50 auch 70 oder 80 Kilometer in der Stunde“, berichtete ein Anwohner. „Sogar dreistellige Werte wurden schon gemessen.“ Markus Büchler merkte dazu an, dass Gemeinden stationäre Blitzer aufstellen dürften, dies „aber nur die wenigsten Kommunen wissen“. Außerdem seien diese Blitzer sehr teuer. Eine gute und unkomplizierte Maßnahme seien dagegen Tempoanzeiger, da „die wenigsten Leute absichtlich zu schnell fahren und bei einem roten Smiley sofort vom Gas gehen“, so Büchler.
Radler am See „donnern mit riesiger Geschwindigkeit“
Ein weiteres großes Problem seien „die Radfahrer auf der Seeuferstraße in Ambach, die mit riesiger Geschwindigkeit durchdonnern“, schilderten Anwohner die Lage. Hier komme es immer wieder zu gefährlichen Situationen, weil sich viele Verkehrsteilnehmer auf engem Raum bewegen. „Es liegt nicht am Verkehrsmittel, sondern am Menschen, der darin oder darauf sitzt“, erklärte Bernadette Felsch mit einem Augenzwinkern. Ihr Vorschlag: Man könnte dreidimensionale Zebrastreifen auf die Straße malen, die für die Verkehrsteilnehmer so aussehen, als ob die Streifen über der Straße schweben. „Das ist legal und man geht sofort vom Gas“. Außerdem könnten Geschwindigkeitsbeschränkungen „mit Piktogrammen auf dem Boden deutlich hervorgehoben oder in rustikaler Form durch Aufpflasterungen erzwungen werden“, ergänzte Markus Büchler.
Von der Einrichtung von „Begegnungszonen“ oder auch „shared spaces“, wie es sie in Österreich und der Schweiz bereits gebe, seien man in Deutschland noch ein ganzes Stück entfernt. Diese Bereiche sehen aus wie Fußgängerzonen, die Fahrbahn ist für die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen und Fußgängern bestimmt, der Verkehr fließt langsamer und gleichmäßiger. In Deutschland fehlen hierfür entsprechende Verkehrszeichen.
Simone Wittig