Spektakuläre Wende, aber schwerer Ermittler-Fehler? Maddie-Verdächtiger rückt im Fall Inga in den Fokus
Ermittler gehen offenbar davon aus, dass Christian B. für das Verschwinden von Maddie und vielleicht auch von Inga verantwortlich sein könnte. Doch sie machten wohl einen Fehler.
Braunschweig – Maddie McCann ist der wohl bekannteste Vermisstenfall Europas. Seit mehr als 17 Jahren fehlt jede Spur von der Britin, die wenige Tage vor ihrem vierten Geburtstag während eines Portugal-Urlaubs verschwand. Seit 2015 wird auch Inga G. vermisst, damals fünf Jahre alt. Das Mädchen wurde zuletzt im Stendaler Ortsteil Wilhelmshof gesehen.
Nun kommt angesichts eines Gerichtsprozesses vor dem Landgericht Braunschweig die Frage auf, ob beide Fälle zusammenhängen könnten. Dort muss sich Christian B. verantworten, der seit einigen Jahren schon verdächtigt wird, Maddie entführt und getötet zu haben. Der Maddie-Komplex ist jedoch nicht Gegenstand der Verhandlung. Aktuell werden dem 47-jährigen Deutschen drei Vergewaltigungen und zwei Fälle von sexuellem Missbrauch zur Last gelegt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Bereits im Jahr 2020 war öffentlich darüber spekuliert worden, ob B. etwas mit Ingas Verschwinden zu tun haben könnte. Damals berichtete die Volksstimme, er habe sich zur Tatzeit ganz in der Nähe aufgehalten. Laut Petra Küllmei, Anwältin der Mutter des Mädchens, waren die möglichen Zusammenhänge bereits zu jener Zeit mehr als vier Jahre bekannt.
Fälle Maddie McCann und Inga G.: Grundstück wegen Verwesungsgeruch durchsucht
Eine Zeugenaussage könnte eine Verbindung zum Fall Inga angestoßen haben. Dabei ging es um eine Razzia auf einem alten Fabrikgelände in Neuwegersleben in Sachsen-Anhalt, wie die Mitteldeutsche Zeitung berichtet. Ein Nachbar will von seinem Hund auf ein Erdloch auf dem offenbar von B. mit Geld aus einem Einbruch erworbenen Grundstück aufmerksam gemacht worden sein. Da er einen Verwesungsgeruch wahrnahm, habe er eine Freundin informiert, die bei der Polizei arbeite.
Gefunden wurde bei der Durchsuchung vor mehr als acht Jahren ein toter Hund, womit sich offenbar der Gestank erklärte. Außerdem stellten Ermittler Tüten mit Datenträgern, Bildern und Schriftstücken sicher. Darauf fanden sich demnach unter anderem Hinweise auf Fälle von Kindesmissbrauch.

Christian B. und der Fall Inga G.: Polizistin soll Ermittler Fotos von Grundstück weitergeleitet haben
Die Verteidigung hält die Durchsuchung für rechtswidrig, weshalb schon zum Prozessauftakt der Antrag gestellt wurde, dass die gefundenen Beweise nicht verwendet werden dürfen. Die Entscheidung des Gerichts hierzu steht noch aus.
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Wie die Bild berichtet, lautet der Vorwurf, die Beamten hätten einen Notfall auf dem Gelände erfunden, weil sie keinen Durchsuchungsbeschluss bekommen hätten. Demnach hätten mehrere Polizisten vermutet, hier sei die tote Inga verscharrt worden.
Als die Polizistin im Zeugenstand auftrat, gestand sie, dass sie bereits Monate vor dem Fund auf dem Grundstück ohne richterliche Beschlüsse Fotos machte und auch weiterleitete. Offenbar stand sie unter anderem mit einem Ermittler aus dem Fall Inga in Kontakt.
In einem Aktenvermerk soll dieser nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft festgehalten haben, dass es „keine rechtliche Möglichkeit“ auf einen Durchsuchungsbeschluss gebe. Zudem sehe er keine Chance auf „Suchmaßnahmen unter dem Vorwand der Umweltkriminalität“. Sollte das Grundstück schon heimlich durchsucht worden sein, wäre das ein schwerer und womöglich teurer Ermittler-Fehler.

Hängen Fälle Maddie und Inga zusammen? Polizistin muss als Zeugin aussagen und gerät unter Druck
Der Deutschen Pressagentur (dpa) zufolge wurde die Polizistin während ihres Auftritts von der Verteidigung und auch von der Richterin mehrmals auf die Wahrheitspflicht hingewiesen und gab die Kontakte zu Ermittlern auch in Braunschweig erst auf Nachfrage zu. Die Bild erwähnt in diesem Zusammenhang sogar einen Wutausbruch der Richterin, die große Zweifel an der Aussage deutlich machte.
B.‘s Anwalt Friedrich Fülscher schimpfte derweil: „Ich glaube Ihnen kein Wort.“ Die Polizistin wurde also auf der Suche nach der Wahrheit regelrecht in die Mangel genommen. Für Aufsehen sorgte im Rahmen des Prozesses ein weiteres Detail: Ermittlern liegt ein brisantes E-Mail-Konto des Hauptverdächtigen vor. (mg)