Heimliche Abstimmung über Fünf-Punkte-Plan? Merz will AfD-Dammbruch im Bundestag wohl verschleiern
Will die Union das öffentliche Bild der Brandmauer zur AfD aufrechterhalten? Politiker aus SPD und Grünen erheben schwere Vorwürfe.
Berlin – Die AfD hat angekündigt, den Unions-Anträgen zur Migrationspolitik im Bundestag zuzustimmen – und CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz nimmt dieses Angebot der gemeinsamen Abstimmung wohl an. Die Regierungsparteien SPD und Grüne werfen der Union nun aber vor, der Öffentlichkeit diese Zusammenarbeit verschleiern zu wollen.
Kein Bild über Zusammenarbeit – Union will Anträge mit AfD-Stimmen durchdrücken
Der Vorwurf: Die Union wolle vermeiden, dass es ein Bild über die gemeinsame Abstimmung mit der AfD im Bundestag gibt. „Sie hat für alle ihre Initiativen im Bundestag eine namentliche Abstimmung verlangt“, zitiert t-online die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, bei einer Pressekonferenz in Berlin.
Zum Hintergrund: Bei einer namentlichen Abstimmung geben die Abgeordneten eine mit ihrem Namen und der Fraktion versehene Stimmkarte in eine Urne. Im Gegensatz zu einer „normalen“ Abstimmung, bei der per Handzeichen der Zuspruch zu einem Antrag gezeigt wird, wird so nicht direkt ersichtlich, wer für oder gegen einen Antrag gestimmt hat.
„Der Oppositionsführer plant offenbar ein politisches Erdbeben, will aber nicht mit einem Foto in den Geschichtsbüchern laden“, schlussfolgert Katja Maß, parlamentarische Geschäftsführerin der SPD. „Die Union steht auch hier nicht zu ihrem Wort.“ Laut Mihalic sei dies bei den am Mittwoch (29. Januar) anstehenden Unions-Anträgen zur Migrationspolitik erst einmal nichts Ungewöhnliches. Jedoch wolle die Union am Freitag auch über ein Gesetz zur Begrenzung von Einwanderungszahlen namentlich abstimmen lassen, berichtete t-online. „Ich bin jetzt seit zwölf Jahren hier im Bundestag und ich habe mich schon mit älteren Kollegen unterhalten: Wir können uns an keinen Fall erinnern, wo das schon mal so durchgeführt worden ist“, merkte Mihalic an.
Kritik an Merz wegen Billigung von AfD-Stimmen – Bricht die Brandmauer vor der Bundestagswahl?
Dass Merz und die Union aus CDU und CSU das Bild der gemeinsamen Abstimmung mit der AfD vermeiden wollen, könnte auch mit der anstehenden Bundestagswahl zusammenhängen. Merz hatte gegenüber dem Spiegel noch im Dezember betont, dass es mit ihm „eine Brandmauer zur AfD“ gebe. Zudem kündigte er an, dass eine Zusammenarbeit mit der in Teilen rechtsextremen Partei „am nächsten Tag“ zu einem Parteiausschlussverfahren führen werde. „Wir sind nicht die XYZ-Partei, die mit jedem kann. Wir sind die CDU.“
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Diese Einstellung scheint sich – zumindest was das Durchbringen von Anträgen und Gesetzen angeht – geändert zu haben. „Jetzt ist der Punkt erreicht, wo taktische Spielchen zu Ende sind“, sagte Merz am Samstag (25. Januar) bei einer Wahlkampfveranstaltung. Es gelte nun, „mit den Mehrheiten, die der Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland entsprechen“ Entscheidungen zu treffen. Gespräche werde man aber nicht mit der AfD führen, so Merz.
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Mit seiner Ankündigung, Mehrheiten mit der AfD zu bilden, gehen die SPD und die Grünen scharf ins Gericht. „So eine Person darf dieses Land nicht führen“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast am Mittwoch in Berlin. Merz bringe weder Integrität noch Verlässlichkeit mit, die für das Amt des Bundeskanzlers aber nötig seien.
Keine Mehrheit trotz AfD-Stimmen? Merz Anträge zu Asyl und Migration stoßen auf Kritik aus der Union
Zuvor hatten die Unionsparteien Einigkeit über die Forderungen ihres Kanzlerkandidaten demonstriert. Nachdem sich nun aber abzeichnet, dass eine Umsetzung der Anträge und des „Zustrombegrenzungsgesetz“ von Stimmen der AfD abhängig zu sein scheint, äußerten manche Zweifel an dem Vorstoß. Daniel Günther, CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, hatte bereits angekündigt, zumindest das Gesetz im Bundesrat blockieren zu wollen.
Innerhalb der Union sollen neben Günther aber auch weitere Personen Zweifel an Merz‘ Plan hegen. So schrieb der stellvertretende Welt-Chefredakteur Robin Alexander in einem Beitrag auf X, dass es in der CDU weitere Abweichler geben könne – die das „Zustrombegrenzungsgesetz“ verhindern könnten. Ein Bundestagsabgeordneter der CDU habe in der Fraktionssitzung sogar von „Bauchschmerzen“ geredet. (nhi)