Neue Studie: Trifft die Inflation Deutschlands Rentner wirklich härter als andere?

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Rentner sind nicht stärker von der Inflation getroffen als andere Haushalte, so eine neue Studie des Institutes der Deutschen Wirtschaft. Sozialverbände sehen die Aussagen kritisch.

Frankfurt – 7,5 Millionen, also über 40 Prozent aller deutschen Rentnerinnen und Rentner hat weniger als 1250 Euro zum Leben im Monat, ermittelte jüngst das Statistische Bundesamtes auf Nachfrage der Bundestagsfraktion der Linken. Man sollte vermuten, dass diese Menschen besonders hart von der Inflation getroffen wurden und Rentner die Verlierer der Teuerung des Lebens sind. Doch eine neue Studie des Institutes der Wirtschaft hat nun ergeben, dass Rentner nicht stärker von der Teuerung betroffen sind als andere Haushalte.

Rentner sind nicht stärker von der Inflation getroffen als andere Haushalte, so eine neue Studie des Institutes der Deutschen Wirtschaft.
Rentner sind nicht stärker von der Inflation getroffen als andere Haushalte, so eine neue Studie des Institutes der Deutschen Wirtschaft. (Symbolbild) © Ralf Hirschberger/dpa

Kaufkraftverlust und Teuerung: So stark hat die Inflation Deutschlands Rentner wirklich getroffen

„Es gibt keine großen Unterschiede in den Verlusten der Kaufkraft und der Inflationsrate von Rentnern der gesetzlichen Rentenversicherung in den vergangenen Jahren im Vergleich zu anderen Haushalten“, erklärt Studienautor Dr. Martin Beznoska gegenüber IPPEN.MEDIA. Während die Coronapandemie Rentner nicht so stark getroffen hat, führten die Preissteigerungen spätestens seit 2022 zu erheblichen Belastungen für alle Haushalte, wie das Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt.

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„Wohlstandverlust bei allen Geringverdienern“ – besondere Belastungen durch Lebensmittelpresie

„Der Wohlstandsverlust ist bei allen Geringverdienern ähnlich hoch – das gilt für alle Haushalte in der Bevölkerung“, so der IW-Ökonom Beznoska. Es seien insbesondere die einkommensschwachen Haushalte, wozu auch ein Teil der Rentnerhaushalte gehört, die durch die hohen Lebensmittelpreise im letzten Jahr besonders belastet wurden – und „Entlastungen für einkommensschwacher Haushalte durch die Wohngeld-Plus-Reform 2023 waren daher richtig und wichtig.“ Weil die Inflation seit einigen Monaten wieder sinke, seien vorerst keine weiteren Entlastungen notwendig.

Inflation von 8,1 und 5,8 Prozent: Rentner nicht stärker betroffen als andere Haushalte

Zwischen den Beziehenden einer gesetzlichen Rente und den Nichtrentner-Haushalten zeige sich so gut wie kein Unterschied: In beiden Gruppen ist für das Jahr 2022 eine Inflationsrate von 8,1 Prozent berechnet, 2023 belief sich mit 5,8 Prozent für die gesetzlichen Rentner nur um einen Zehntelpunkt höher als bei den sonstigen Haushalten mit 5,7 Prozent.

„Es ist richtig, dass die Inflation auf dem Rückzug ist und dass die Rentnerinnen und Rentner ab Juli eine Rentenerhöhung in Höhe von 4,57 Prozent bekommen, die die Inflation in diesem Jahr nach drei Kaufkraftverlustjahren wieder ausgleicht“, erklärt der Sozialverband VdK Deutschland dazu gegenüber IPPEN.MEDIA. „Aber es bleibt dabei: Nach den Angaben des Mikrozensus lebten im Jahr 2022 18,1 Prozent aller Rentnerinnen und Rentner unterhalb der Armutsgrenze und haben deshalb die Kaufkraftverluste besonders zu spüren bekommen.“

Graifk: Zwischen GRV-Rentnern und Nichtrentner-Haushalten wurde für 2022 eine Inflationsrate von 8,1 Prozent berechnet, 2023 war sie mit 5,8 Prozent für die gesetzlichen Rentner nur  einen Zehntelpunkt höher als bei den sonstigen Haushalten.
Zwischen GRV-Rentnern und Nichtrentner-Haushalten wurde für 2022 eine Inflationsrate von 8,1 Prozent berechnet, 2023 war sie mit 5,8 Prozent für die gesetzlichen Rentner nur einen Zehntelpunkt höher als bei den sonstigen Haushalten. © IW/Screenshot

Ökonom schränkt ein: „Rentnerhaushalte mit deutlich geringeren Haushaltseinkommen“

Wirtschaftsexperte Beznoska bestätigt: „Allerdings gilt einschränkend, dass die GRV-Rentnerhaushalte durchschnittlich deutlich geringere Haushaltseinkommen zur Verfügung haben als die sonstigen Haushalte“. Somit seien bereits geringe Kaufkraftverluste schwieriger zu bewältigen, „da beispielsweise ein Rückgriff auf noch günstigere Produkte oder eine Veränderung ihres Arbeitsangebots nicht mehr oder nur unter großer Anstrengung möglich sind“.

In allen Haushalten seien die anteiligen Kosten für Energie und Nahrungsmittel deutlich gestiegen – am höchsten jedoch bei den gesetzlichen Rentnerinnen und Rentnern: Bei ihnen erhöhten sie sich von 21 Prozent im Jahr 2018 auf 25 Prozent im vergangenen Jahr. „Darum muss beobachtet werden, wie sich die Kaufkraftverluste entwickeln und gegebenenfalls beim Wohngeld eine Inflationsanpassung stattfinden“, so Beznoska.

Rentner ohne Inflationsausgleichsprämie: Sozialverband fordert Rentenerhöhung

Dem Sozialverband VdK reicht das nicht aus. Im Unterschied zur Mehrheit der Tarifbeschäftigten, den Beamtinnen und Beamten sowie den Pensionären sei den Rentnerinnen und Rentnern keine Inflationsausgleichsprämie gewährt worden: „Deshalb fordert der VdK in der Diskussion um das Rentenpaket II eine Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent. Das würde einer 10-prozentigen Rentenerhöhung entsprechen und die aufgelaufenen Kaufkraftverluste ausgleichen. Was in der Schweiz und Österreich möglich ist, muss auch bei uns möglich sein“.

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