Ampel-Krach um Rente mit 63: „Die Party ist vorbei“

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Die FDP verlangt Änderungen beim Bürgergeld und der Rente mit 63. SPD und Grüne reagieren zornig. Könnte der Streit das Ampel-Ende sein?

Berlin – Auf dem Steuerberaterkongress in Berlin findet der Minister ernüchternde Worte. „Die Party ist vorbei“, sagt Gastredner Christian Lindner am Montag in seiner Rede. „Wir zahlen wieder Zinsen.“ Es ist ein Aufruf des Finanzministers zum Maßhalten, zu einem sparsamen Umgang mit Steuergeld und gegen neue Schulden. Oder ist Lindners Ansage zum Party-Ende auch eine Botschaft an die Ampel? Das war’s bald, gute Nacht?

Die FDP hält jedenfalls den verbalen Druck auf ihre Ampel-Partner hoch und verlangt eine schnelle Umsetzung ihrer Forderungen für eine Haushalts- und Wirtschaftswende. Das FDP-Präsidium beschloss dazu am Montag ein Fünf-Punkte-Papier für eine „generationengerechte Haushaltspolitik“. Dieses knüpft an ein Zwölf-Punkte-Papier zur Wirtschaftswende von Ende April an. Die Partei habe „die klare Erwartungshaltung“, dass diese Beschlüsse auch so umgesetzt würden, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Bundeskanzler Olaf Scholz (r, SPD), Robert Habeck (M, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen,  im Bundestag.
Die SPD kritisiert den Fünf-Punkte-Plan der FDP, Habeck (Grünen) will den Fokus wieder auf den Koalitionsvertrag lenken. © picture alliance/dpa | Michael Kappeler

FDP will Schuldenbremse behalten – auf Kosten von Rente und Bürgergeld?

Im Detail heißt das: Die FDP verlangt das Einhalten der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse und die Abschaffung der sogenannten Rente mit 63. Sie verlangt Korrekturen am System der gesetzlichen Altersvorsorge und macht sich stark für eine „echte Aktienrente“.

Erneuert wird auch die Forderung nach einer Reform des Bürgergeldes, weil es derzeit Fehlanreize setze. Es gehe um „Respekt gegenüber den Beitrags- und Steuerzahlern“. Und die Liberalen machen deutlich, dass nur ein wirtschaftlich wieder erstarktes Deutschland so wie bisher in der Welt helfen könne.

Schock und Ärger bei SPD – Grünen-Politiker Robert Habeck interveniert

Die Reaktionen der Ampel sind erkennbar verärgert, teils schockiert – vor allem bei der Rente mit 63, wo für die SPD parteipolitisch kaum Raum für Kompromisse liegt. So etwas sei „meilenweit außerhalb“ des Koalitionsvertrags, klagt SPD-Chefin Saskia Esken.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagt: „Wir reden hier über Menschen, die früh angefangen haben zu arbeiten, mit 16, 17 Jahren. Wir reden über Lagerarbeiter, wir reden über Schichtarbeiter, Verkäufer, Handwerker. Und die haben sich das auch verdient.“ Generalsekretär Kevin Kühnert ergänzt, die geltenden Regeln des Rentenrechts abzuschaffen, „wäre für Millionen Beschäftigte eine Rentenkürzung“.

Auch die Grünen sind unglücklich. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) fordert ein Ende des Streits über die Rentenpolitik. „Wir haben ein Rentenpaket, das haben sich SPD und FDP im Kern ausgedacht. Beide haben ihre Wünsche bekommen.“ Er finde, „wir sollten den Streit schnell sein lassen“.

Zeitplan für geplante Renten-Reform wackelt – FDP stellt sich quer für den Haushalt

Wie es nun weitergeht, ist offen. Die für Juli geplante Rentenerhöhung um 4,57 Prozent hat mit dem aktuellen Streit nicht direkt zu tun, sie ist bereits beschlossen. Was aber wackelt, ist die geplante Rentenreform, jedenfalls ihr Zeitplan. Laut Lindner wird sie auch diese Woche noch nicht auf den Weg gebracht. Mit der Reform wollen Hubertus Heil und Lindner das Rentenniveau stabilisieren und den erwarteten Anstieg der Rentenbeiträge abbremsen.

Die Rente mit 63

Insgesamt zahlt die Rentenversicherung 25,87 Millionen Renten. Unter die „Rente mit 63“ (offiziell: Altersrenten für besonders langjährig Versicherte, die abschlagsfrei nach 45 Beitragsjahren bezogen werden kann) fallen 2,15 Millionen. Hier kamen laut den letzten Daten 262 434 Altersrenten 2022 hinzu. Über die Gesamthöhe gab es zuletzt im März 2024 eine Monats-Summe: 4,3 Milliarden Euro. Eingeführt wurde die Rente mit 63 im Juli 2014.

Womöglich geht es der FDP auch gar nicht so sehr um die Rente – zumindest, falls die Ampel-Partner Bewegung beim Bürgergeld zeigen. Hier liegen auch für den Haushalt größere Potenziale. Parallel dazu reden die Minister mit Lindner (bisher vertraulich) über den neuen Bundeshaushalt. Auch das könnte sich noch als Klippe für die Koalition erweisen. SPD und Grüne dringen hier auf neue Schulden, verpackt ist das in die Formel, man müsse die Schuldenbremse „reformieren“.

Die FDP droht derweil damit, weitere Positionspapiere nachzuschießen, die sich mit Ampel-Inhalten kritisch auseinandersetzen. Generalsekretär Djir-Sarai deutet in Berlin an, dass das Fünf-Punkte-Papier noch nicht der letzte Forderungskatalog der FDP gewesen sein könnte – wobei die Zahl der Punkte variabel sei: „Vermutlich kommt demnächst auch ein Papier von mir, wo neun Punkte draufstehen.“

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