Malediven und Mallorca, Kreta und Kanaren können Angelika und Robert Schwertl selbst in den Sommerwochen nicht locken, denn sie haben ihr eigenes Freizeitparadies: „In zehn Minuten sind wir in unserem gemütlichen Schrebergarten“, sagt das Paar, das auf einem 11.000 Quadratmeter großen Gelände im Weilheimer Westen eine von 43 Parzellen gemietet hat. Dort sucht man den typisch deutschen Gartenzwerg vergebens; stattdessen gibt es jede Menge Blumen, Gemüse und Obst.
Weilheim - Der Kleingartenverein „Am Schwattach“ hat rund 80 Mitglieder. „Wir leben in einem Wohnblock mit Balkon und waren froh, als wir vor einigen Jahren den Zuschlag für unser eigenes kleines Reich bekommen haben“, erzählen die beiden. Sie sind berufstätig und freuen sich, wenn sie abends oder am Wochenende auf ihrem gepachteten Grundstück pflanzen, jäten, gießen und die Früchte ihrer Arbeit ernten können.
Freizeitparadies in Weilheim - Garten kostet Mühe und Zeit
„Heuer ist ein gutes Birnenjahr“, sagt Robert, „außerdem haben wir aus acht Kilo Johannisbeeren haben wir 18 Gläser Marmelade gemacht“. Äpfel, Erdbeeren, Melonen, Weintrauben und Zwetschgen, Bohnen, Gurken, Paprika und Tomaten – der Schrebergarten ist ein kleines Paradies, das im Jahr nur 350 Euro kostet, allerdings auch einige Mühe und Zeit, um das ganze Jahr über alles in Schuss zu halten.
Das deutsche Bundeskleingartengesetz definiert, was ein Kleingarten ist: Ein Garten, der dem Nutzer zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf und zur Erholung dient und in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen zusammengefasst sind. Knapp 900.000 Kleingärtner sind unter dem Dach des Bundesverbandes organisiert.
Der Schrebergarten hatte anfangs nichts mit einer Kleingartenanlage gemein: Der Name stammt von dem Arzt und Pädagogen Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808 – 1861). Er führte die gesundheitlichen Probleme von Kindern auf Bewegungsmangel zurück und plante Spiel- und Tummelplätze. Daraus entstanden dann Familienbeete und ab 1870 einzelne Parzellen. Immer mehr Menschen zog es in die Ballungszentren und die Schrebergärten boten ihnen ein Refugium, in dem sie sich vom hektischen Großstadtleben zurückziehen konnten. Zugleich lieferten die Parzellen einen wichtigen Beitrag zur Selbstversorgung mit Obst und Gemüse in Zeiten der Industrialisierung.
Auf der Gartenschau
Auf dem Grundstück der Schwertls steht die typische Holzhütte mit einer kleinen Solaranlage auf dem Dach, im Garten gibt es ein Gewächshaus und einen Starenkasten. Sichtbare Grundstücksgrenzen gibt es keine, „denn mit unseren Nachbarn kommen wir bestens aus“, sagt das Paar. Oft ist es auf Gartenmärkten unterwegs, um neue Ideen zu sammeln oder Pflanzen zu kaufen. Rund um die Hütte blühen unter anderem Astern, Dahlien, Lupinien, Rosen, Sonnenblumen – „es wird immer wieder mal etwas umgestaltet“, sagt Angelika Schwertl. Wenn die Arbeit getan ist, beobachtet sie mit ihrem Mann gern die zahlreichen Bienen, Schmetterlinge und Vögel, die sich über das reichhaltige Nahrungsangebot freuen. „Oder wir lesen gemütlich im Liegestuhl und hören Musik.“
Eingeweiht wurde die Anlage nahe dem Naturschutzgebiet Weilheimer Moos im Jahr 1990; sie hat ihre Wurzeln im Kleingartenverein Weilheim. Da es in der Vergangenheit immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen den Gögerl- und den Schwattach-Kleingärtnern gekommen war, wurde 2000 die Teilung beschlossen. Im Frühjahr 2003 wurde in Eigenregie und fast 2.000 Arbeitsstunden ein stattliches Vereinsheim mit Anbauten für Werkstatt, Garage und Toiletten errichtet.
Ein weiterer Meilenstein in der Vereinsgeschichte war 2008 der Bau der Wasserversorgung für die Gartenparzellen. Zwischen April und November erledigen Angelika und Robert Schwertl mit ihren Nachbarn mehrmals im Jahr Gemeinschaftsarbeiten in der Anlage. Aber auch gefeiert wird zusammen, zum Beispiel beim Maibaum- oder Winterfest sowie beim traditionellen Steckerlfischessen im September.
Peter Stöbich
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