„In eine Sackgasse manövriert“: Putin kann sich keinen Frieden in der Ukraine leisten

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Russlands Wirtschaft hat sich auf den Krieg in der Ukraine eingestellt. Ein Waffenstillstand ist nicht in Sicht. Denn das Ende des Angriffs könnte Putin in Bedrängnis bringen.

Istanbul/München – Die aktuellsten Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland scheiterten. Nur ein Gefangenenaustausch kam zustande. Ein Waffenstillstand ist nicht in Sicht. Das liegt vielleicht auch daran, dass Russland wirtschaftlich kaum unter Druck steht. Die Kriegswirtschaft läuft auf Hochtouren.

Russische Wirtschaft: Rüstungsausgaben liegen bei 6,7 Prozent des BIP

Russischer Präsident Wladimir Putin: Die russische Wirtschaft ist vom Krieg abhängig. © IMAGO/Alexander Kazakov

Die russischen Militärausgaben sind 2024 massiv gestiegen. Russland gab 41,9 Prozent mehr und damit geschätzt 145,9 Milliarden US-Dollar für die Rüstung aus, geht aus einer Studie der Denkfabrik „International Institute for Strategic Studies“ (IISS) hervor. Das entspricht etwa 6,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das BIP des Landes ist 2024 um rund vier Prozent gewachsen.

„Der Krieg ist eigentlich für die Wirtschaft erstmal nicht schlecht, denn er bedeutet, dass der Staat sehr viel Geld ausgibt“, sagt Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik zu ntv.de. „Die Ausgaben für Waffen und Soldaten wirken wie ein riesiges Konjunkturpaket.“

Russlands Wirtschaft: Abhängig von der Waffenproduktion

Die enormen Militärausgaben treiben Beschäftigung und Wachstum künstlich in die Höhe, analysieren Marc DeVore und Alexander Mertens in der Fachzeitschrift Foreign Policy (FP). DeVore ist Dozent an der Fakultät für internationale Beziehungen der Universität St. Andrews, Mertens ist Professor für Finanzen an der Nationalen Universität Kiew-Mohyla. Doch die Höhe der Militärausgaben seien nicht langfristig tragbar.

Das bestätigt auch der russische Politikwissenschaftler Pavel Luzin: „Die russische Führung hat sich mit einem hohen und steigenden Militäretat in eine Sackgasse manövriert, der sie zwingt, eine aggressive Außenpolitik fortzusetzen“, wird der Experte von ntv.de zitiert. „Sie kann das Militärbudget nicht einfach kürzen.“

Rezession: Ende des Kriegs könnte russische Wirtschaft hart treffen

Sollte Russland den Angriff auf die Ukraine stoppen, würde „eine große Zahl traumatisierter Veteranen und gut bezahlter Angestellter des Verteidigungssektors arbeitslos werden“, schreiben DeVore und Mertens weiter in FP. Die Erfahrung aus Europa nach dem Ersten Weltkrieg und der Sowjetunion nach Ende des Kalten Kriegs zeigen: Eine hohe Zahl von „demobilisierten Soldaten und arbeitslosen Verteidigungsarbeitern“ sei „ein Rezept für politische Instabilität.“

Die Rezession nach dem Ende des Ukraine-Kriegs würde durch einen weiteren Faktor verstärkt: Aufgrund der aktuell guten Auftragslage in der Verteidigungsindustrie locken die Unternehmen Arbeitskräfte mit hohen Gehältern. Arbeitskräfte aus Unternehmen außerhalb des Verteidigungssektors werden abgeworben. Das heißt, dass die russische Zivilwirtschaft - insbesondere kleine und mittlere Unternehmen - infolge des Krieges geschrumpft ist, schreiben DeVore und Mertens.

„Paradoxerweise bedeuten dieselben Faktoren, die Russlands Fähigkeit, Krieg zu führen, einschränken, auch, dass es nicht ohne weiteres Frieden schließen kann“, fassen die beiden Wissenschaftler Russlands aktuelle geopolitische Lage zusammen. (mit Material der dpa)

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