Kuriose Stellenanzeige – Bahn sucht Administrator für 30 Jahre altes Betriebssystem

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Die Bahn sucht einen Administrator für das mehr als 30 Jahre alte Betriebssystem Microsoft Windows 3.11. © Screenshot Gulp/Microsoft

Systemupdate heute leider 30 Jahre verspätet: Die Deutsche Bahn arbeitet offenbar immer noch mit Software, die auf Windows 3.11 läuft – und sucht daher nun einen Spezialisten für veraltete Betriebssysteme.

Erlangen - „Never change a running system“ ist eine der simpelsten Grundregeln von IT-Administratoren: Wenn etwas funktioniert, lässt man besser die Finger davon. Die Bahn hat dieses Prinzip offenbar auf die Spitze getrieben und arbeitet auch heute noch mit einem mehr als 30 Jahre alten Betriebssystem.

Im November 1993 veröffentlichte Microsoft mit der Version 3.11 die bis dahin beste und stabilste Iteration seines Betriebssystems. Es begann ein beispielloser Siegeszug durch Heim- und Business-Computer, der Microsoft schließlich zu einem de facto Monopolisten machte. Ende der 2000er-Jahre hatte Microsoft Windows einen weltweiten Marktanteil von rund 95 Prozent, erst in den darauffolgenden Jahren konnte Apple mit seinem MacOS wieder Boden gut machen und kommt aktuell auf rund 21 Prozent Marktanteil, während Microsofts Anteil auf 69 Prozent abgesunken ist.

Bewerber sollte sich mit veralteten Betriebssystem auskennen

All diese Entwicklungen des Marktes sind an der Deutschen Bahn offenbar spurlos vorübergegangen, wie eine aktuelle Stellenanzeige offenbart. Demnach wird ein „Windows 3.11 Administrator (m/w/d)“ gesucht, der neben „Kenntnisse in WIN 3.11“ auch „Kenntnisse zu Legacy-Betriebssystemen und zu Windows-Managern (insbesondere MD DOS und Windows for Workgroups)“ als Fähigkeiten mitbringt. Hauptaufgaben laut Stellenbeschreibung: „Treiber aktualisieren“ und „Pflege des Altsystems“.

Über „Sibas Grundkenntnisse“ beim Bewerber würde man sich zudem freuen. Damit wird der Einsatzbereich des gesuchten Administrators etwas klarer. Denn die Abkürzung „Sibas“ steht für „Siemens Bahn Automatisierungs System“, ein „Automatisierungssystem für praktisch alle Steuerungsaufgaben im Bahnumfeld“, das Siemens Mitte der 1980er Jahre entwickelte. Die aktuelle Version „Sibas 32 - Das Steuerungssystem für alle Schienenfahrzeuge“ kommt laut Handbuch nicht nur in den ICEs der DB, sondern beispielsweise auch in der Münchner U-Bahn und dem japanischen Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen zum Einsatz. „Mit Sibas 32 stellen Sie die Weichen in jedem Fall auf Erfolg“, sagt Siemens.

Das Ergebnis Ihrer Arbeit ist eine hochwertige Display-Software, deren Schnittstellen zur Fahrzeugsteuerung bzw. Fahrzeugleittechnik reibungslos funktionieren.

Offenbar ist das System so erfolgreich, dass die Weichen jedenfalls nie auf Update gestellt wurden. Screenshots aus dem Handbuch zeigen, dass das Programm tatsächlich auch heute noch unter Windows 3.11 läuft. Oder mit anderen Worten: Im alltäglichen Fahrbetrieb der Deutschen Bahn läuft das System zur Antriebs- und Leittechnik auf einem mehr als 30 Jahre alten Betriebssystem, das vom Hersteller seit 2001 nicht mehr unterstützt wird.

Ob Bewerber nach Flexpreis bezahlt werden, geht aus der Stellenanzeige nicht hervor, aber immerhin besteht offenbar keine Arbeitsplatzbindung, da der Job remote ausgeschrieben ist. Mittlerweile wurde die Stellenanzeige auch wieder offline genommen. Ob es sich dabei um eine Störung im Betriebsablauf handelt, oder ob bereits ein neuer Administrator am Standort Erlangen eingefahren ist, ist derzeit nicht bekannt.

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