Impfung soll vor Demenz schützen – „Absolut neuer Ansatz“
Laut einer Studie kann eine Gürtelrose-Impfung das Demenz-Risiko senken. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen aber auch: Es gibt einen entscheidenden Haken.
Frankfurt – Impfungen erhalten viele Menschen von klein auf. Der kleine Piks soll helfen, Infektionserkrankungen zu verhindern. Eine Impfung gegen Gürtelrose könnte sogar das Risiko einer Demenzerkrankung verringern. Zu diesem Schluss kam die Studie eines internationalen Forschungsteams, die Ergebnisse wurden im Fachjournal Nature veröffentlicht.
Neue Studie weist Wirksamkeit von Gürtelrose-Impfung gegen Demenz-Risiko nach
Obwohl Demenz als unheilbar gilt und nicht verhindert werden kann, scheint das Risiko einer Erkrankung durch eine Impfung gesenkt werden zu können. In einer umfassenden Analyse von über 290.000 Personen aus Wales stellte das Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fest, dass eine Gürtelrose-Impfung das Demenzrisiko um ein Fünftel reduzieren kann.
Zuletzt gab es vermehrt Hinweise darauf, dass neurotrope Herpesviren bei der Entstehung von Demenz eine Rolle spielen könnten. Diese Viren lassen sich durch Impfungen bekämpfen. Impfstoffe, insbesondere Lebendimpfstoffe, lösen eine umfassende Immunreaktion aus. Das Science Media Center Germany (SMC) lobte die Ergebnisse, äußerte jedoch auch Bedenken. Auch Medikamente können indes das Risiko einer Demenz-Erkrankung verringern.
Zusammenhang zwischen Demenz und Gürtelrose-Impfung – Studie zeigte ihn auf
„Ein besonderes Studiendesign hat es nun ermöglicht, ein ‚natürliches Experiment‘ anhand von Gesundheitsdaten auszuwerten. Die Studie zeigt, dass die Einführung der Gürtelrose-Impfung bei Personen ab 80 Jahren wahrscheinlich der Grund dafür war, dass seltener Demenz diagnostiziert wurde“, erklärt das SMC auf seiner Website.
Seit dem 1. September 2013 konnten sich Menschen in Wales mit einem abgeschwächten Lebendimpfstoff gegen Gürtelrose impfen lassen, sofern sie jünger als 80 Jahre waren. Eine Gruppe, geboren zwischen 1933 und 1942, wurde geimpft, während eine andere, seit 1925 geborene Gruppe, ungeimpft blieb. In den folgenden sieben Jahren wurde beobachtet, wer aus diesen Gruppen eine Demenzdiagnose erhielt.
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Experten begrüßen Ergebnisse der Demenz-Studie – benennen aber auch entscheidenden Haken
„Mit dieser Studie gibt es einen weiteren guten Grund, die Impfung gegen Gürtelrose, wie von der Ständigen Impfkommission empfohlen, in Anspruch zu nehmen“, erklärte Prof. Dr. Klaus Überla vom Universitätsklinikum Erlangen. Die Analyse zeigte, dass die 20-prozentige relative Risikoreduktion einer Demenzerkrankung einer Reduktion der Diagnosewahrscheinlichkeit um 3,5 Prozentpunkte entspricht, wenn eine Person gegen Gürtelrose geimpft wurde. Bei Frauen betrug die Reduktion sogar 5,6 Prozentpunkte, während bei Männern statistisch keine signifikante Wirkung festgestellt wurde.
„Die aktuelle Studie bestätigt frühere Beobachtungen, dass Personen, die eine Zoster-Impfung erhalten haben, seltener eine Demenz entwickeln“, sagte Prof. Dr. Peter Berlit von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Beide Experten sind sich jedoch unsicher, „wieso dieser Effekt nur bei Frauen zu beobachten war.“ Es ist wichtig zu beachten, dass in der Studie ein Lebendimpfstoff untersucht wurde, der in Deutschland nicht mehr verwendet wird.
„Eine Aussage über den später entwickelten Totimpfstoff ist nicht möglich. Es erfolgte auch keine Differenzierung der Demenzdiagnosen, das heißt, eine Aussage dezidiert zu Alzheimer ist nicht möglich“, erklärte Berlit. Dennoch betonte Prof. Konstantin Sparrer vom Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen: „In diesem Paper wird Evidenz geschaffen, dass Impfung gegen eine Viruserkrankung (hier Herpes Zoster) gegen neurodegenerative Erkrankungen oder Demenz helfen könnte, was ein absolut neuer Prophylaxe-Ansatz wäre.“ Unterdessen stehen Antipsychotika im Verdacht, bei Demenz-Erkrankten starke Nebenwirkungen zu verursachen. (rd)