Städte in Deutschland unter Druck: Steigende Gebühren zwingen Kommunen zu harten Maßnahmen

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Neue Kosten belasten Haushalte – ein 13-Milliarden-Euro-Defizit zwingt zu drastischen Maßnahmen. Einheimische müssen mit Kürzungen und Preisanpassungen rechnen.

Frankfurt – Die finanzielle Lage der deutschen Kommunen verschlechtert sich dramatisch. Für das Jahr 2024 wird ein Rekorddefizit von 13,2 Milliarden Euro erwartet, das sich auch in den Folgejahren fortsetzen könnte. Die Ursachen dafür sind, laut dem Deutschen Landkreistag, vielfältig: steigende Sozialausgaben, unzureichende Finanzierung durch Bund und Länder, hohe Tarifabschlüsse und die anhaltende Inflation belasten die Haushalte schwer.

Angespannte Finanzlage in etlichen deutschen Kommunen

Investitionen, etwa in den Klimaschutz oder die Infrastruktur, geraten zunehmend in Gefahr, was langfristig die Zukunftsfähigkeit Deutschlands bedroht. Kommunale Spitzenverbände mahnen daher eine grundlegende Neujustierung der Finanzpolitik an. Sie fordern höhere Anteile an Gemeinschaftssteuern sowie eine auskömmliche Finanzierung der von Bund und Ländern übertragenen Aufgaben. Andernfalls drohen strukturelle Unterfinanzierung, Nothaushalte und ein wachsender Investitionsrückstand.

Die angespannte Finanzlage führt in vielen Städten zu einer deutlichen Anhebung von Gebühren und Abgaben. Besonders die Bereiche Müllentsorgung und Straßenreinigung stehen dabei im Fokus. Städte wie München, Berlin, Düsseldorf, Köln und Dortmund haben entsprechende Anpassungen angekündigt.

In den Kommunen steigen in vielen Bereichen die Kosten, zu Lasten der Verbraucher. Vor allem die Müllentsorgung ist aufgrund neuer CO2-Emissionsvorgaben betroffen. © IMAGO / Kirchner-Media

Müllgebühren steigen bundesweit

München, Berlin und Düsseldorf stehen exemplarisch für die finanzielle Notlage vieler Städte. In München wird die Müllgebühr ab 2025 um durchschnittlich 12 bis 15 Prozent angehoben. Der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) begründet dies in einer Pressemitteilung mit gestiegenen Personalkosten, den neuen Vorgaben des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG), auch „Gesetz zum nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen“ genannt und rückläufigen Erlösen aus Wertstoffverkäufen. Für einen 80-Liter-Restmüllbehälter steigt die Gebühr von 159,12 Euro auf 177,84 Euro pro Jahr, was monatlich etwa 1,56 Euro mehr bedeutet.

Die jährlichen Gebühren einer 1100-Liter-Tonne, die oft von Mehrfamilienhäusern (etwa 30 bis 35 Personen) genutzt wird, erhöhen sich um rund 151 Euro (aktuell 2324,40 Euro jährlich bei 14-tägiger Leerung). Die Stadt belegt damit, nach eigenen Angaben, bei Abfallgebühren den dritten Platz der günstigsten Anbieter im Umland und bietet weiterhin umfangreiche Leistungen wie Wertstoffhöfe, Biotonnen und mobile Abfallberatung.

Berlin muss massiv sparen und beschließt umfangreiche Spar-Liste

Berlin folgt mit einer ähnlichen Entwicklung. Die landeseigene Berliner Stadtreinigung (BSR) erhöht nach eigenen Angaben die Gebühren ebenfalls ab 2025. Ein durchschnittlicher Haushalt zahlt etwa zwei Euro mehr im Monat. Die Gebührensteigerungen liegen im Schnitt bei 4,9 Prozent. Dabei bleiben die Preise für Bio- und Laubtonnen stabil, während die Grundgebühr pro Haushalt um 41 Cent je Quartal steigt. Wie der Tagesspiegel berichtete, unterstreicht die BSR, dass die Anpassungen „deutlich unter dem Niveau für die Periode 2023 und 2024 liege“. Dennoch werden die Mehrkosten an Mieterinnen und Mieter weitergegeben, da Hauseigentümerinnen und -eigentümer sie in der Regel über die Nebenkostenabrechnung umlegen.

Die schwarz-rote Koalition in Berlin hat massive Sparmaßnahmen im Haushalt 2025 beschlossen, um rund drei Milliarden Euro einzusparen. Betroffen sind viele Bereiche, darunter Verkehr, Kultur und Tourismus. Hauptpunkte der Sparmaßnahmen sind:

  • Das 29-Euro-Ticket wird abgeschafft.
  • Kürzungen bei Theatern, Museen und Opernhäusern, z. B. Verschiebung der Sanierung der Komischen Oper und Reduzierung der Förderung der Berlinale von zwei auf eine Million Euro.
  • Erhöhung der Übernachtungssteuer.

Wie die Berliner Morgenpost berichtet, zielt die Strategie vor allem auf eine langfristige Stabilisierung des Haushalts. Doch dieser Ansatz hat Konsequenzen: Bürgerinnen und Bürger müssen vielerorts mit höheren Belastungen rechnen – ein umstrittener Trend in Zeiten von Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit. Die zuvor wenig bekannte Sparliste ist inzwischen öffentlich zugänglich und nach Ressorts geordnet. Sie enthält mehr als 470 Einzelpläne, die die Ausgaben der verschiedenen Senatsbereiche detailliert aufschlüsseln.

Rheinmetropolen erheben Gebühren: Warum in Düsseldorf und Köln die Preise steigen

In Düsseldorf zeigt sich ein gemischtes Bild. Während die Gebühren für kleinere Mülltonnen im Vollservice Berichten der Rheinischen Post zufolge leicht sinken, steigen die Preise für größere Behälter und den Teilservice deutlich an. Für eine 120-Liter-Tonne im Teilservice erhöht sich die Jahresgebühr um knapp 14 Prozent auf 522,27 Euro. Das liege vor allem daran, dass die lokale Entsorgungsfirma Awista „über die Jahre hinweg den Vollservice optimieren konnte“, so die Rheinische Post.

Auch in Köln steigen die Abfall- und Straßenreinigungsgebühren 2025 deutlich an. Die Abfallgebühren erhöhen sich laut Pressemitteilung der Stadt Köln durchschnittlich um 9,27 Prozent, wobei die Kostensteigerung je nach Behältergröße und Serviceumfang variiert. Hauptursachen sind gestiegene Logistikkosten, die um 7,74 Prozent zugenommen haben, sowie um 35 Prozent höhere Entsorgungskosten für Restmüll. Gebührenmindernde Faktoren, wie höhere Verwertungserlöse und geringere Verwaltungskosten, können diese Entwicklungen nur teilweise abfedern. So kostet eine 120-Liter-Restmülltonne im Vollservice künftig 659,52 Euro, was einem Anstieg von 53,63 Euro entspricht. Ein Beispiel: Eine vierköpfige Familie in einem Einfamilienhaus zahlt für Abfallentsorgung und Straßenreinigung im Teilservice künftig 608,86 Euro (+49,51 Euro) und im Vollservice 689,02 Euro (+55,45 Euro).

Eine 60-Liter-Tonne im Vollservice kostet künftig 451,19 Euro pro Jahr – ein Plus von 35,39 Euro. Die Stadt investiert einen Teil der Mehreinnahmen in nachhaltige Projekte wie den „Masterplan Sauberkeit“ und das „Zero-Waste-Konzept“, das die Müllvermeidung fördern soll. Auch umweltfreundlichere Logistiklösungen tragen zu den steigenden Betriebskosten bei. Aber davon noch nicht genug: Auch die Straßenreinigungsgebühren steigen um durchschnittlich neun Prozent, abhängig von der Straßenkategorie. So erhöht sich der Preis pro Frontmeter für Hauptstraßen mit niveaugleichem Gehwegausbau auf 11,88 Euro, was einen Anstieg von 1,03 Euro bedeutet.

Neues Modernisierungskonzept in Dortmund: Attraktivitätssteigerung durch Investitionen

Dortmund erhöht ebenfalls die Gebühren ab Januar 2025, insbesondere in den Bereichen Freizeit und Sport. Eintrittspreise für den Zoo, den Westfalenpark und städtische Bäder werden angepasst, basierend auf einer Lebenshaltungsindex-Klausel aus dem Jahr 2010. Gleichzeitig setzt die Stadt auf umfangreiche Investitionen:

  • Zoo Dortmund: Mitte 2025 eröffnet die neue Robbenanlage, das bisher aufwändigste Projekt des Zoo-Zukunftskonzepts.
  • Westfalenpark und Rombergpark: Eine Forscherstation, neue Pflanzenschauhäuser und ein modernisierter Eingangsbereich Ruhrallee stehen im Fokus.
  • Sportstätten: Geplante Projekte umfassen die Sanierung des Freibades Stockheide, ein neues Kletterzentrum und die Modernisierung des Sportparks Scharnhorst.

Der Wirtschaftsplan der Sport- und Freizeitbetriebe Dortmund rechnet mit jährlichen Gesamterlösen von rund 60 Millionen Euro, wovon etwa 25 Millionen Euro aus städtischen Zuschüssen stammen. Für die Städte bleibt die Herausforderung, die finanzielle Belastung für Bürgerinnen und Bürger moderat zu halten, während sie gleichzeitig unvermeidbare Mehrausgaben decken müssen. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob dieser Balanceakt gelingt – oder ob der Gebühren-Hammer für viele zur Dauereinrichtung wird. Klar ist jedoch, dass sie vor allem den Alltag vieler Bürgerinnen und Bürger teurer machen. Dafür werden im kommenden Jahr voraussichtlich die Strompreise in vielen Haushalten sinken. (ls)

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