„F-16 werden brennen“: Mit Wunderwaffe will Putin Jagd auf Kampfjet-Flugplätze machen

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Bote massiver Zerstörung: Mit der Tupolev Tu-95MC trägt Russland die Kh-101-Marschflugkörper in die Nähe möglicher Basen der in die Ukraine verlegten F-16 aus dem Westen. Die Marschflugkörper tragen teilweise Streumunition, um die Infrastruktur zu zerstören. © imago stock&people / ITAR-TASS

Die neue Wunderwaffe der Ukraine ist extrem gefährdet. Vor ihrem ersten Einsatz schießen sich Putins Bomber schon auf die F-16-Kampfjets ein.

Kiew – „Den Ukrainern F-16 zu geben, wird die Moral stärken und eine begrenzte Kampffähigkeit hinzufügen – das ist alles“, zitiert der US-Sender CNN die Aussage eines F-16-Piloten, der anonym bleiben will. Allerdings verspricht sich die Ukraine mehr davon – eine Verstärkung seiner Armee am Himmel, wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj immer wieder betont, was der Tagesspiegel zuletzt berichtet hatte. Auch Wladimir Putin scheint von der Wirkung der westlichen Kampfflugzeuge überzeugt zu sein. Immerhin bereite sich seine Luftwaffe darauf vor, die möglichen Start- und Landebahnen der Flieger zu zerstören, beziehungsweise Vorbereitung zu treffen deren Hangars zu bombardieren. Er will für Schutt und Asche sorgen.

Das Magazin Defense Express berichtet davon, dass Russland aktuell zehn Marschflugkörper vom Typ Kh-101 beziehungsweise Kh-555 abgefeuert hätte; sieben seien der ukrainischen Luftabwehr ins Netz gegangen, und eine davon bedeutete eine neue Bedrohungslage – die sich auch auf die F-16 auswirken wird, wie Defense Express vermutet. Eine der abgeschossenen Raketen soll einen Streusprengkopf getragen haben – laut Defense Express trägt sie ein Herstellungsdatum aus dem zweiten Quartal dieses Jahres, ist demnach also ein deutliches Zeichen dafür, dass Russland innovative Waffen gegen die F-16 an die Front führt. „Diese Rakete wurde von den Russen zum Angriff auf Flugplätze eingesetzt“, schreibt Defense Express.

„Wenn nur wenige Flugplätze geeignet und an bekannten Standorten liegen, könnten gezielte russische Angriffe ukrainische F-16-Kampfflugzeuge am Fliegen hindern.“

Die Wirkung der Streumunition ergibt sich aus den im Sprengkopf enthaltenen 60 Kugeln mit je vier Kilo Gewicht. Im Mai hatte The War Zone vom vermehrten Einsatz modifizierter KH-101-Marschflugkörper berichtet: „Eine Splitterladung würde die Waffe gegen Personen und weichere Ziele wirksamer machen und ihren tödlichen Radius und Explosionsschaden erhöhen. Sie könnte auch nützlich sein, wenn die Genauigkeit eingeschränkt ist“, schreibt The War Zone. Russland will also massiven Schaden anrichten, und den westlichen Kampfjets bereits am Boden die größtmöglichen Schwierigkeiten bereiten. „Wie versteckt man F-16?“, hat CNN deshalb richtig gefragt.

F-16-Kampfjet im Ukraine-Krieg: Die Diva auf dem Flugfeld – ohne makellose Piste geht wenig

Der Nachteil der multifunktionalen Wunderwaffe liegt in deren hohem Anspruch an die Bodenbeschaffenheit – diese Schwäche wird Wladimir Putin nutzen wollen. „Einige westliche Kampfflugzeuge, wie die weit verbreiteten F-16, kommen am besten auf langen, makellosen Landebahnen zurecht. Auf den holprigeren ehemaligen sowjetischen Pisten, die über die ganze Ukraine verstreut sind, könnten sie jedoch Schwierigkeiten haben“, schreiben John Hoehn und William Courtney. Die Analysten des kalifornischen Thinktanks RAND sehen darin die aktuelle Herausforderung der Ukraine.

Den amerikanischen Analysten zufolge müsste die Ukraine möglicherweise eine Reihe von Start- und Landebahnen neu asphaltieren beziehungsweise möglicherweise verlängern, um westliche Flugzeuge ins Land zu holen, wie sie schreiben. Und darauf wird der russische Diktator spekulieren. „Wenn nur wenige Flugplätze geeignet und an bekannten Standorten liegen, könnten gezielte russische Angriffe ukrainische F-16-Kampfflugzeuge am Fliegen hindern“, schreiben Hoehn und Courtney. Das hat Putin bereits klargestellt. Während des Internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg hatte Putin dem Westen schon „drastisch gedroht“, wie Euronews berichteten. „F-16 werden auch brennen, kein Zweifel“, zitiert ihn das Medium.

Angriffskrieg von Russland: Putin droht mit Vernichtung der F-16 durch Kh-101-Sprengkopf

Darüber hinaus hatte der russische Diktator angekündigt, „Moskau würde verschiedene Optionen zur Zerstörung haben, selbst wenn die Kampfjets außerhalb der Ukraine stationiert sein sollten“, wie t-online seine Drohung wiedergibt. Ihm zufolge würde Russland auch reagieren, wenn sich die Flieger auf Basen außerhalb der Ukraine befänden und von dort aus Kampfeinsätze gegen russische Truppen flögen, wie t-online unter Bezug auf die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti berichtet hat. Allerdings hatte Putins Sprecher Dmitri Peskow diese Aussage später wieder relativiert und eine Zerstörung der Kampfflugzeuge lediglich auf ukrainisches Staatsgebiet beschränkt.

Und das verfolgt er anscheinend schon mit aller Verbissenheit. Defense Express berichtet von einem Angriff Russlands auf den Flugplatz der Stadt Starokostjantyniw im Verwaltungsbezirk Chmelnyzkyj in der ersten Juni-Woche. Das Magazin spricht vom ersten russischen Angriff mit einer Kh-101 mit Streusprengkopf. War Zone berichtet davon, dass Russland offenbar seit März mit diesen Waffen experimentiert und das auch mehr oder weniger improvisiert, wie das Magazin durchblicken lässt. Demnach soll die Erhöhung der Waffenlast durch eine Modifikation des Sprengkopfes zu Lasten des Treibstoffes gehen; der Innenraum des Marschflugkörpers wird neu aufgeteilt. Weniger Treibstoff wiederum verkürzt die Reichweite.

Gerüchten zufolge fliegen die F-16-Kampfflugzeuge von Rumänien aus an die Ukraine-Front

Das britische Verteidigungsministerium soll berechnet haben, dass die Reichweite dadurch an der Ukraine-Front bis auf 1500 Kilometer sinken könnte. Das wäre weniger als die Hälfte der Basis-Reichweite der Kh-101. Aber selbst das würde Russland reichen, um aus dem eigenen Luftraum heraus unbehelligt alle gewünschten Ziele in der Ukraine zu erreichen. Für die angekündigten F-16-Kampfjets und die damit verbundenen Hoffnungen der Verteidiger eine katastrophale Bedrohung. Das Magazin Armyrecognition hat kürzlich berichtet, laut Aussagen des Chefs der ukrainischen Luftwaffe würden die der Ukraine gelieferten F-16-Kampfjets nicht in der Ukraine stationiert, sondern auf polnischen und rumänischen Stützpunkten, um vor russischen Angriffen geschützt zu sein. Ein Angriff darauf würde den Beistandspakt der Nato nach sich ziehen.

Armyrecognition nennt als „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ anzunehmende Basis der F-16 die in Rumänien liegenden Flugplätze Fetesti und Campia Turzii; von dort könnten sie Angriffe starten mit Zwischenlandungen auf Flugplätzen im westlichen Teil der Ukraine oder in der Region Odessa. Den Start aus der Slowakei heraus, brächte laut Armyrecognition kaum Vorteile, weil die ukrainischen Stützpunkte in Uschgorod und Iwano-Frankiwsk günstig lägen. Eine polnische Beteiligung sei aufgrund der Lage der Flugplätze Rzeszów und Minsk Mazowiecki ebenso möglich – vor allem, weil Polen aufgrund eigener F-16 auch Wartungskapazitäten bieten könnte. Je nach Missionsprofil schafft die F-16 eine Reichweite zwischen 500 und 1.600 Kilometern; der Verbrauch ergibt sich im Luft-Boden-Kampf aufgrund der Distanz, die die Maschine bis zum Ziel extrem hoch fliegt.

F-16: Starts möglicherweise von aufgemotzten Autobahnen in der Ukraine aus

Armyrecognition hält diese Überlegungen aber für ein Vabanquespiel, da das Magazin eine gewaltsame Reaktion darauf durch Russland als völkerrechtlich legitim erachtet. The Aviationist rechnet damit, dass die Ukraine die Strategie verfolge, die westlichen Flieger erstens auf mehrere Start- und Landebahnen zu verteilen und in unterirdischen Bunkern zu verstecken. Das Magazin hält die Bedrohung vor allem durch die Kh-101-Marschflugkörper für ernst und hofft insofern auf ein verwertbares Erbe des Kalten Krieges: Westliche Luftwaffenstützpunkte sollen über netzwerkartige Parkflächen für Jets und verstärkte Hangars verfügen; The Aviationist rechnet mit ebensolchen Bunkern auch in der Ukraine – wenn schon nicht unterirdisch, dann wenigstens inzwischen überirdisch.

Was aber wiederum Russlands Aufklärung inzwischen hätte auffallen müssen. Aviationist-Autor David Cenciotti spekuliert mit dem Einsatz der F-16 von aufgemotzten Autobahnen aus. Die ukrainische Luftwaffe führe ihre Operationen schon länger von Autobahnraststätten und improvisierten Flugplätzen aus durch, schreibt er. „Dies ist Teil ihrer Strategie zur Steigerung der operativen Flexibilität und Widerstandsfähigkeit“. Die Herausforderungen liegen dafür schon in der zur Fahrbahn umfunktionierten Piste: Sie müsste das Gewicht des voll betankten und aufmunitionierten Fliegers tragen; und auch die Oberfläche müsste porentief rein sein, da die Maschine aufgrund der Konstruktion ihres Lufteinlasses anfällig für Fremdkörperverschmutzung sei, schreibt Cenciotti.

Die Kh-101 könnte insofern alle Bemühungen der Verteidiger im Keim ersticken. Defense Express sieht deshalb die Luftabwehr der Ukraine in der Verantwortung: „Angesichts der Ankunft der F-16-Flugzeuge in der Ukraine in diesem Jahr ist es daher äußerst wichtig, solche Raketen im Voraus abzuschießen.“ (KaHin)

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