Weilheim stellt „Erinnerungszeichen“ für NS-Opfer auf

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Weilheim
  4. Weilheim

Kommentare

Erinnerungszeichen wie hier in München sollen nun auch in Weilheim installiert werden – als Wandtafel oder Stele. © Tom Hauzenberger

Die Initiative „Gegen das Vergessen“ will mit Tafeln vor Häusern an jüdische Familien und andere Verfolgte des Nationalsozialismus in Weilheim erinnern. Die Stadtspitze ist angetan von dem Vorhaben.

Es gab schon einige Vorstöße, im öffentlichen Raum der Weilheimer Opfer des NS-Regimes zu gedenken. Seit 2010 erinnert ein Mahnmal am Friedhof an die jüdischen Weilheimer, die unter der Naziherrschaft „gequält und verfolgt, vertrieben und beraubt, verschleppt und ermordet wurden“. Auch hat die Stadt die Windgasse in der Altstadt in Buxbaumgasse umbenannt, in Erinnerung an die Kaufmannsfamilie Buxbaum, die einst ein Bekleidungsgeschäft am Marienplatz hatte – ehe die Familienmitglieder von den Nazis ermordet wurden.

Der Antrag, „Stolpersteine“ zu verlegen, war im Sande verlaufen

Im Sande verlaufen ist indes der zuletzt 2020 diskutierte Antrag, „Stolpersteine“ zu verlegen, wo jüdische Familien und andere Verfolgte des Nationalsozialismus wohnten. Während viele Städte diese Form der Erinnerung wählten, konnte sich Weilheims Stadtrat nicht darauf einigen – auch weil Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, die „Stolpersteine“ als wenig ehrenvolle Zeichen sehe, wie es hieß.

Nun aber scheint das passende Zeichen gefunden: Für den neuen Vorschlag einer privaten Initiative gab es jetzt viel Lob im Rathaus. Die Weilheimer Initiativgruppe „Gegen das Vergessen – Geschichte weitergeben“ um Leiterin Hildegard Seel (wir berichteten) will mit Stelen oder Wandtafeln in Form der unter anderem in München installierten „Erinnerungszeichen“ an hiesige Todesopfer des Nationalsozialismus erinnern – direkt an deren einstigen Wohn- und Wirkungsstätten. Darauf sollen sich Lebensdaten, Informationen zum Schicksal und, falls vorhanden, auch ein Bild der jeweiligen Person finden.

Lesen Sie auch: Spektakuläre Lichtkunst-Abende in Weilheim geplant

Die Initiative sorgt selbst für die Anbringung und Finanzierung der Erinnerungszeichen

„Bis 1933 lebten einige jüdische Familien, die Teil des gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens in Weilheim waren, mitten unter uns“, heißt es im Antrag der Initiative: „Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden sie alle entrechtet, verfolgt und deportiert. Sieben Personen sind nach jetzigen Recherchen (und es gibt sicher noch mehr!) in Konzentrationslagern ermordet worden. Geistig kranke, behinderte Personen und Minderheiten wie Sinti und Roma wurden interniert und umgebracht.“ Die bisher recherchierten Opfer in Weilheim seien Emil, Hedwig, Johanna und Ernst Buxbaum (einst wohnhaft am Marienplatz), Richard Grunwald, der im Trifthof 21 wohnte und dort eine Holzbaufirma hatte, Sabina, Bernhard und Johanna Schmidt (Herrnfeldstraße 9) sowie ein Opfer der sogenannten NS-„Euthanasie“.

„Ein Erinnerungszeichen ist keine Wiedergutmachung“, betonen die Initiatoren, „aber ein Zeichen einer veränderten Haltung für alle Generationen, der Versuch eines persönlichen Gedenkens an diese Personen und ein Einstehen für das, was war.“ Die Initiative übernehme selbst die Anbringung und (über private Paten) Finanzierung der Zeichen sowie den Kontakt zu Angehörigen und jetzigen Hauseigentümern, hieß es jetzt im Bauausschuss des Stadtrates. Dort gab es quer durch die Fraktionen Lob und Dank für die „gute Lösung“, die Vorbereitung und das Vorgehen der Initiativgruppe. „Das ist eine ganz tolle Geschichte“, sagte Bürgermeister Markus Loth. Die Stadt profitiere hier von Engagement, ohne selbst Kosten tragen zu müssen. Der Bauausschuss, in diesem Fall beschließend zuständig, stimmte einhellig der Aufstellung der Erinnerungszeichen zu. Die konkreten Anbringungsorte würden auf dem Verwaltungsweg besprochen, so wurde ergänzt.