Britischer Niedergang - Spanische Autorin macht nicht nur den Brexit verantwortlich

Die spanische Schriftstellerin Ana Carbajosa hat kürzlich ein neues Buch auf den Markt gebracht. Ihr Thema? Die Folgen des Brexit für Großbritannien. Laut der Nachrichtenseite „inews“ geht Carbajosa in ihrem Buch darauf ein, wie der Brexit die bestehenden Probleme in Großbritannien verschärft hat. Sie schreibt über tiefe Klassenunterschiede. Sie beschreibt die deutliche Trennung zwischen dem Norden und dem Süden des Landes. Und sie weist auf den wiedererstarkten Nationalismus hin.

Wahlmüdigkeit und Unwissenheit

Nach ihrem Umzug nach London im Jahr 2020 stellte Ana Carbajosa signifikante Unterschiede zwischen dem Norden und dem Süden Englands fest. Ein Bericht der Nachrichtenseite „inews“ beleuchtet eine bemerkenswerte Begegnung, die Carbajosa in einem Supermarkt im nördlichen England hatte. Sie unterhielt sich dort mit einer Frau, die offenbarte, dass sie seit vielen Jahren nicht mehr an Wahlen teilgenommen hatte. Es stellte sich heraus, dass diese Frau nicht einmal wusste, wer aktuell das Amt des Premierministers innehat. Diese Interaktion verdeutlichte für Carbajosa das Unwissen und die politische Gleichgültigkeit, die in einigen Teilen des Landes herrschen.

Sie sieht den Brexit als eine Lupe, die die bereits vorhandenen Spaltungen in der britischen Gesellschaft vergrößert. Im Gespräch mit „inews“ sagte sie, dass Klasse ein wichtiger Faktor wäre. Ihre Beobachtung ist, dass Eliteschulen wie Eton und Winchester oft eine Direktverbindung zur politischen Bühne haben. Premierminister Rishi Sunak ist ein gutes Beispiel, da er Winchester besucht hat, während sein Vorgänger Boris Johnson in Eton studierte. Ihrer Meinung nach führt diese Elitebildung oft dazu, dass sich viele Menschen von den Politikern nicht vertreten fühlen. Dies könnte zu der von ihr in Großbritannien bemerkten politischen Gleichgültigkeit beitragen.

Schottland und Nordirland streben nach Autonomie

Zusätzlich zu den markanten regionalen Gegensätzen in England hat Carbajosa ferner eine Wiederauflebung des Nationalismus in zwei spezifischen Regionen des Vereinigten Königreichs beobachtet - Schottland und Nordirland. Beide Länder haben historisch gesehen eine ausgeprägte nationale Identität und erfuhren durch den Brexit eine Neubelebung ihrer nationalen Bestrebungen. Es scheint, dass viele Bürger in Schottland und Nordirland das Gefühl haben, dass ihre individuellen Interessen im Zuge des Brexit-Prozesses vernachlässigt wurden, heißt es im Bericht. In der Folge hat dies eine Intensivierung des Strebens nach stärkerer nationaler Autonomie, in einigen Fällen sogar nach völliger Unabhängigkeit, zur Folge gehabt. Diese Entwicklungen haben zweifellos die innerstaatlichen Spannungen im Vereinigten Königreich verschärft und stellen eine zusätzliche Herausforderung in der Post-Brexit-Ära dar.

Aber das Buch ist nicht nur kritisch. Carbajosa, die schon in Jerusalem und Berlin für die spanische Zeitung „El País“ als Korrespondentin gearbeitet hat, lobt auch den britischen Gemeinschaftssinn und die Vielfalt. Sie findet, dass das Land trotz seiner Probleme ein gutes Beispiel für Multikulturalismus ist.